Rennrad-Bekleidung – von Kopf bis FußKühlend, schützend und gut aussehend!

Matthias Borchers

 · 26.06.2021

Rennrad-Bekleidung – von Kopf bis Fuß: kühlend, schützend und gut aussehend!Foto: Kerstin Leicht

Was Sie immer schon über Rennrad-Bekleidung wissen wollten: Die wichtigsten Tipps von Kopf bis Fuß – für Rennrad-Einsteiger und Radsport-Enthusiasten. Plus: Tipps zu bewährten Produkten.

Kopf

Rennradhelm, Helmmütze oder Rennkappe und Brille nutzen viele als modisches Statement, aber der wichtigste Job dieser Teile auf dem Rad ist, Kopf beziehungsweise Augen zu schützen.

Rennradhelme bestehen aus einem geschäumten, von Belüftungsschlitzen durchzogenen Styroporkörper, umschlossen von einer Kunststoffschale. Über ein Gurtsystem mit in der Weite einstellbarem Kopfring und längenverstellbaren Riemen lassen sie sich an den Kopf anpassen. Leichte Modelle wiegen 200 Gramm, schwere knapp doppelt so viel; bei Markenherstellern kosten Helme etwa 80 bis 300 Euro.

Entscheidend für die richtige Größe ist der Kopfumfang. Bei den meisten Erwachsenen liegt er zwischen 55 und 58 Zentimetern, das entspricht in der Regel Größe M. Mit unterschiedlich dicken Klettpolstern kann der Helm zusätzlich individuell angepasst werden. Helmriemen werden vom Schweiß schnell speckig – da ist es hilfreich, wenn sie zum Waschen herauszunehmen sind. Der Riemenverschluss sollte sich ohne Blick in den Spiegel bedienen lassen.

Aerodynamisch optimierte Helme sparen aufgrund ihrer stärker geschlossenen Schale ein paar Watt Tretleistung, sind aber meist ein wenig schwerer und lassen durch die kleinen Öffnungen weniger Luft an den Kopf. Im Sommer kann das lästig sein, in Herbst und Winter schätzen manche die bessere Isolation. In der Schutzwirkung unterscheiden sich Aero- und normale Helme kaum.

Was Radbrillen ausmacht

Die Radbrille prägt maßgeblich den Style beim Radeln, muss aber auch funktionieren. Dazu gehört, dass sie Zugluft und Insekten fernhält und die Augen vor UV-Strahlen und Blendung schützt. Die Tönung von Sonnenbrillen wird in fünf Klassen von 0 bis 4 eingeteilt; Kategorie 2 bedeutet normalen Blendschutz für Sommertage in Mitteleuropa und ist zum Radfahren gut geeignet. Bei schwierigen Lichtverhältnissen in Herbst und Winter verstärken gelb oder orange getönte Scheiben die Kontraste. Von Vorteil sind anpassbare und im Idealfall austauschbare Nasenstege und Bügel. Damit lässt sich nicht nur die Passform individuell korrigieren; Schweiß macht gummierte Teile recht schnell unansehnlich oder zersetzt sie sogar. Dann ist es gut, wenn man sie ersetzen kann. Schließlich kosten Radbrillen zwischen 40 bis weit über 200 Euro.

Basiswissen: Helm und Brille bei der Anprobe

Der Helm passt und sitzt richtig, wenn Sie sich vornüberbeugen und er trotz geöffneter Riemen auf dem Kopf bleibt. Achten Sie auch darauf, dass für die Verstellung der Kopfweite Spielraum bleibt, um eine Unterziehmütze ausgleichen zu können. Probieren Sie eine neue Brille zusammen mit Ihrem Helm auf. Die Rahmen großer Brillen können an den Helm stoßen, das drückt dann auf der Nase. Brillenbügel können mit dem Verstellsystem des Helms kollidieren.

Insiderwissen: Helme fürs Rennradfahren

In Europa müssen alle Fahrradhelme die Prüfnorm EN 1078 erfüllen, wonach ein Helm – unter anderem – bei einem definierten Aufprall eine Beschleunigung von 250 g (Erdbeschleunigung) nicht überschreiten darf. Die etablierte Norm erfasst aber nicht die Funktionsweise der neuartigen MIPS-Helme (Multi-Directional Impact Protection System). Dabei soll eine zusätzliche Gleitschicht zwischen Kopf und Helmschale gefährliche Rotationskräfte beim Schrägaufprall mindern. Im jüngsten TOUR-Helmtest konnten wir nachweisen, dass die Technik funktioniert. MIPS-Helme sind etwas schwerer, schneiden bei Stoßdämpfung und Rotationsbelastung aber besser ab.

Oberkörper

Unterhemd, Trikot, Weste, Jacke – und dazu Armlinge: Mehr braucht’s nicht als Basis-Garderobe zum Rennradfahren. Vorausgesetzt, man findet die richtigen Produkte.

Schichtdienst bringt im Radsport nur Vorteile: in Form von klug kombinierten Schichten moderner Funktionsbekleidung. Damit ist man für jedes Wetter gewappnet, von der hochsommerlichen Hitzeschlacht im Rennen bis zum winterlichen Grundlagentraining. Die Basis ist ein gutes Unterhemd, das ein wahres Funktionswunder ist: Es bildet gegen Kälte ein wärmendes Luftpolster und kühlt bei Hitze, weil es den Schweiß schnell aufnimmt und an die darüberliegende Schicht abgibt, wo er verdunsten kann. Unter sehr dünnen, hellen Sommertrikots schützt es auch vor neugierigen Blicken. Und weil Kunstfaser schnell müffeln kann, setzen immer mehr Hersteller Merinowolle ein, entweder beigemischt oder in Reinform.

Eigenschaften eines guten Rennrad-Trikots

Das Trikot muss nicht im Stehen gut sitzen, sondern auf dem Rad. Das bedeutet: Es ist am Rücken länger geschnitten als auf der Vorderseite und schmiegt sich in Rennradhaltung faltenfrei an den Körper, ohne einzuengen. Die Rückentaschen sollten gut zugänglich sein. Ist der Stoff zu elastisch, ziehen vollgepackte Taschen das Trikot unschön nach unten, und der Trikotbund steht ab. Noch ein Detail, das schnell nerven kann, ist der Reißverschluss; im Idealfall läuft er in beiden Richtungen leicht und lässt sich mit einer Hand bedienen. Moderne, eher rennorientierte Trikots haben oftmals keinen Stehkragen mehr. Das nackte Gefühl am Hals mag nicht jeder; außerdem müssen Unterhemden dann größer ausgeschnitten sein, sonst lugen sie unterm Rand hervor. Weste oder Regenjacke aus wind- und wasserabweisendem oder -dichtem Material ergänzen das Outfit für den Oberkörper. Deren beinahe wichtigste Eigenschaft: Sie müssen klein zusammengefaltet in die Trikottasche passen. Ebenfalls wichtig: kräftige Farben oder zumindest reichlich Reflexmaterial, um gut gesehen zu werden.

Basiswissen: Armlinge

Die unscheinbaren Ärmelstücke sind ein geniales Detail fürs Rennrad-Outfit. Es gibt sie aus dünnem und dickerem Stoff und auch mit Windstopper-Membran, was sie winddicht und wasserabweisend macht. Sind sie auf die angewinkelte Armhaltung geschnitten, reduziert das die Faltenbildung an Ellbogen und -beuge. In passender Länge reichen sie über den Knöchel und bis unter die Achsel. Silikonprints an den Rädern verhindern lästiges Rutschen. Pro-Tipp: Am besten über den Trikotärmeln tragen, damit man Sie für den Fall des Runterrutschens leicht wieder hochziehen kann.

Insiderwissen: Aerodynamik

Radklamotten haben erheblichen Einfluss auf die Aerodynamik des Rennradlers. Bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h lassen sich unter optimalen und gleichbleibenden Bedingungen mit einem aerodynamisch optimierten Einteiler gegenüber einer herkömmlichen, enganliegenden Kombi aus Hose und Trikot gut 20 Watt Leistung einsparen – zum Mehrpreis von gut 100 Euro. Zum Vergleich: Ein sehr gutes Aerorennrad verlangt für die gleiche Geschwindigkeit rund 35 Watt weniger vom Fahrer als ein konventionelles Rennrad, kostet aber in der Regel ein Vielfaches.

Po & Beine

Beim Rennradfahren ist die Radhose das wichtigste Kleidungsstück – und gleichzeitig eine komplexe Konstruktion, bei der Schnitt, Material, Ausstattung und Polster zusammenpassen müssen.

Radhosen gibt es als Bundhosen und mit integrierten Trägern. Letztere sind die deutlich weiter verbreitete Variante; manche Radler und vor allem manche Frauen tragen dennoch lieber Bundhosen: Sie mögen es nicht, wenn die Träger über der Brust verlaufen und scheuern und sie fühlen sich unwohl, sich beim Toilettengang beinahe ganz ausziehen zu müssen. Inzwischen gibt es konstruktive Ansätze, die Nachteile der Trägerhose für Frauen zu beseitigen – beispielsweise Monoträger, die zwischen den Brüsten verlaufen und Hosen, die sich hinten mit diskret angebrachten Vorrichtungen öffnen lassen.

Das zeigt: Die Radhose ist ein ausgesprochen technisches Produkt. Die Träger beispielsweise sind viel breiter geschnitten als früher und bestehen fast durchweg aus dünnem, luftdurchlässigem Material, das flach aufliegt und nicht einschnürt. Auch die Beinabschlüsse sind breit, elastisch und nahtfrei. Wichtig ist, dass der Stoff an der Gesäßpartie straff genug ist, um das Sitzpolster in Position zu halten.

Polsterlehre

Für den Polstereinsatz gilt Ähnliches wie für den Sattel: Dick und weich fühlt sich unterm Fingerdruck gut an, erzeugt beim Radeln aber ein schwammiges, windelartiges Gefühl. Dünnere und kompakte Polster sind auf Dauer angenehmer und schützen erfahrungsgemäß besser vor Druck- und Scheuerstellen. Schwarze Hosen mögen langweilig aussehen, sind aber unempfindlich gegen Flecken. Helle oder gar weiße Hosen bekommen vom Straßenschmutz bei Regenfahrten einen Grauschleier, der nicht mehr rausgeht.

Basiswissen: Das richtige Sitzpolster

Manche Hersteller bieten ihre Hosen mit unterschiedlich breiten Sitzpolstern an. Wie beim Sattel hilft auch hierbei die Sitzknochenbreite bei der Wahl der passenden Breite; zwei Zentimeter mehr beim Polster sind okay. Typische Werte für den Sitzknochenabstand liegen zwischen 10 und 15 Zentimetern. Die Messung ist einfach: Man setzt sich auf ein Stück Wellpappe auf eine harte Unterlage. Die Sitzknochen zeichnen sich darauf als kleine Mulden ab, deren Abstand von Mittelpunkt zu Mittelpunkt man misst.

Insiderwissen: Sitzcreme

Die Radhose wird direkt auf der Haut getragen. Trotz komplex konstruierter, anatomisch geformter Polster ist die Verwendung von Sitzcreme durchaus empfehlenswert, vor allem, wenn man nach längerer Zeit wieder aufs Rad steigt oder auch während einer mehrtägigen Radtour, bei der man ungewohnt lange und jeden Tag im Sattel sitzt. Wer sich überhaupt nicht damit anfreunden kann, blank in die Buxe zu steigen: Es gibt auch spezielle, gepolsterte Radunterhosen, die man dann am besten mit einer ungepolsterten Short kombiniert.

Hände & Füße

Die Hände steuern das Rennrad, die Füße übertragen die Beinkraft auf die Pedale. Bei Handschuhen zählen deshalb Griffigkeit und Dämpfung, beim Rennrad-Schuh komfortabler Sitz und effiziente Kraftübertragung.

Es soll ja Rennradler geben, die nie ohne Handschuhe auf ihr Rad steigen. Wahrscheinlich sind das die aus Schaden klug Gewordenen, die bei einem Sturz mal mit ungeschützten Händen über den Asphalt gerutscht sind. Kurzfingerhandschuhe sind deshalb ein echtes „Essential“, deren Polsterung der Innenhand nicht nur Vibrationen dämpfen, sondern auch möglichst abriebfest sein sollte. Nicht selten haben Radsportler auch Probleme mit einschlafenden Händen bzw. Druckschmerz am Karpaltunnel; auch davor können Handschuhe bewahren. Schutz vor Kälte und Nässe ist das andere große Handschuh-Thema – dann für die Abteilung Langfinger. Während kühler Morgen- und Abendrunden oder Passabfahrten sind dünne Langfingerhandschuhe, etwa aus dampfdurchlässiger Merino-Wolle, eine gute Wahl. Die Füße lassen sich mit minimalistischen Zehenkappen erstaunlich wirkungsvoll vor Auskühlen schützen.

Problemfall Fuss

Der Radschuh zeigt seine wahren Qualitäten – anders als Hose oder Trikot – oft erst nach vielen Stunden auf dem Rad. Was sich auf der Feierabendrunde noch komfortabel anfühlt, kann am Ende eines langen Radtages die Füße wie ein Schraubstock malträtieren; brennende Fußsohlen, Druck und Scheuerstellen sind das Resultat. Das liegt daran, dass der Fuß, gefesselt im Schuh und am Pedal, kaum Spielraum für Ausgleichsbewegungen hat und im Laufe des Tages auch noch dicker wird. Anpassbare Einlegesohlen können Abhilfe schaffen.

Basiswissen: Anprobe Rennrad-Schuhe

Wie bei jedem Schuh empfiehlt sich auch bei Radschuhen eine Anprobe erst am späten Nachmittag oder Abend, da sich die Füße im Laufe des Tages ausdehnen, ähnlich wie beim Pedalieren auf dem Renner. Bei einer Anprobe am Morgen lässt sich der Effekt mit dicken Socken simulieren.

Insiderwissen: Sohlenmaterial

Die Sohlenhärte hat Einfluss auf die Kraftübertragung und auch auf die Lebensdauer des Schuhs. Unsere Erfahrungen zeigen: Je steifer die Sohle, umso effizienter ist der Tritt und desto haltbarer die Schuhkonstruktion. Glasfaserverstärkte Nylonsohlen, wie sie meist bei günstigeren Radschuhen verwendet werden, biegen sich etwas mehr durch als echte Carbonsohlen, die zudem noch leichter sind. Die Bandbreite, gemessen unter einer Testlast von 20 Kilogramm, reicht von einem Zehntelmillimeter bei Carbon- und mehreren Millimetern bei Kunststoffsohlen. Auf biegsamen Sohlen ermüden die Füße schneller und im Laufe der Zeit werden die Sohlen schief.

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