Thomas Goldmann
· 17.04.2023
In Österreich und Norditalien messen sich vom 17. bis zum 21. April einige Stars des Profi-Radsports bei der Tour of the Alps 2023. Die wichtigsten Informationen im Überblick.
Rund zweieinhalb Wochen vor dem Start des Giro d’Italia ist die Tour of the Alps 2023 eines der wichtigsten Vorbereitungsrennen für die am 6. Mai beginnende Italien-Rundfahrt. Die Tour of the Alps entstand aus dem Giro del Trentino, der 1962 erstmals stattfand. In den ersten beiden Jahren war der Giro del Trentino ein Eintagesrennen, nach einer Pause wechselte das Format ab 1979 hin zu einem Etappenrennen, mit Ausnahme des Jahres 1986 - damals ein Teamwettbewerb. Seit 2017 heißt das Rennen Tour of the Alps. Es gehört zur UCI Pro Series, die unterhalb der World Tour angesiedelt ist.
Das Etappenrennen, das von der Europaregion Tirol, Südtirol und Trentino geprägt wird, erfreut sich bei vielen Fahrern großer Beliebtheit, die sich hier auf den meist sehr bergigen Abschnitten den letzten Formfeinschliff für den Giro d’Italia holen wollen. Zwar fehlen mit Remco Evenepoel (Soudal - Quick Step) und Primoz Roglic (Jumbo-Visma) die beiden Top-Favoriten auf den Giro-Sieg, doch mit Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) und Aleksandr Vlasov (Bora-Hansgrohe) sind zwei Kandidaten am Start, die bei der Italien-Rundfahrt auch ganz vorne landen könnten. Vor allem das Aufgebot von Ineos kann sich sehen lassen. Neben Thomas haben sich auch Thymen Arensman, Ex-Giro-Sieger Tao Geoghegan Hart und Pavel Sivakov eingeschrieben.
Das deutsche Team Bora-Hansgrohe bringt neben Vlasov auch Lennard Kämna mit zur Tour of the Alps 2023. Für den deutschen Radprofi ist das Etappenrennen der letzte Härtetest vor dem Giro, bei dem er an der Seite von Vlasov erstmals eine dreiwöchige Landesrundfahrt auf Gesamtwertung fahren möchte. Matteo Fabbro, Florian Lipowitz, Patrick Konrad, Cian Uijtdebroeks und Maximilian Schachmann komplettieren das Bora-Aufgebot.
Aus österreichischer Sicht ruhen die Hoffnung auf eine gute Platzierung im Gesamtklassement vor allem auf den Schultern von Felix Gall. Der 25-Jährige von AG2R-Citroën wurde zuletzt Zehnter bei der Baskenland-Rundfahrt und geht somit mit Rückenwind an den Start.
Gleich zum Auftakt der Tour of the Alps 2023 geht es mit fast 2500 Höhenmetern ordentlich zur Sache. Vor allem der zweite Teil der Etappe hat es mit drei Anstiegen in sich. Zunächst geht es nach Brandenberg mit vier knackigen Steigungskilometern, dann wartet mit dem Kerschbaumer Sattel der anspruchsvollste Berg des Tages: 5,2 Kilometer bei 10,1 Prozent mittlerer Steigung. Hier lohnt es sich bereits, die eigene Mannschaft einzuspannen und der Konkurrenz auf den Zahn zu fühlen. Der Schlussaufstieg nach Alpbach dürfte nicht schwer genug sein, um große Zeitabstände herauszufahren. Allerdings sollte die 13-Prozent-Rampe auf dem letzten Kilometer nicht unterschätzt werden.
Auch der zweite Tagesabschnitt bietet viele Möglichkeiten. Die ersten rund 30 Kilometer sind fast flach, dann geht es an Innsbruck vorbei über die alte Brennerstraße zu selbigem Pass. Vom Brenner führt die Strecke das Fahrerfeld hinunter nach Brixen, wo die Steigung nach Feldthurns das Finale mit dem Anstieg nach Barbian und dem Mittelberg einläutet, dessen Gipfel rund vier Kilometer vor dem Ziel erreicht wird. Die Favoriten dürfen sich hier zwar kein Schwäche erlauben, werden aber wohl eher abwartend agieren, denn es wartet am nächsten Tag eine noch schwierigere und die vielleicht entscheidende Etappe der Rundfahrt.
Der dritte Abschnitt ist die Etappe mit dem anspruchsvollsten Finale der Tour of the Alps 2023. Zunächst verlässt das Peloton Ritten und gelangt dann über eine rasende Abfahrt nach Bozen. Nach rund 60 fast flachen Kilometern wird Trient erreicht. Es dauert weitere rund 15 Kilometer bis zum ersten nennenswerten Anstieg des Tages hinauf zum Cei-See. Nach der Abfahrt bleibt ein Flachstück von 25 Kilometern bis nach Avio. Von dort geht es nur noch bergauf ins Ziel nach San Valentino di Brentonico. 15,5 Kilometer mit 7,5 Prozent mittlerer Steigung. Wer die Beine hat, kann hier “à la pédale”, wie es im Fachjargon heißt - also über die schiere Kraft - eine Vorentscheidung in der Gesamtwertung herbeiführen.
Auf dem Papier ist die 4. Etappe mit mehr als 3500 Höhenmetern der härteste Abschnitt der Tour of the Alps 2023. Es gibt kaum einen flachen Meter auf den 152,9 Kilometern zwischen Rovereto und Predazzo. Kurz nach dem Start geht es bereits für fast 16 Kilometer bergan zum Passo Sommo, gefolgt vom Anstieg zum St.-Colomba-See und einem langen Abschnitt durchs Fleimstal, der sehr wellig ist. Der Passo Pramadiccio ist dann das letzte Hindernis des Tages. 9,7 Kilometer mit 6,1 Prozent taugen nicht, um einen Großangriff in der Gesamtwertung zu starten. Zumal es vom Gipfel noch rund 15 Kilometer ins Ziel sind. Entweder kommt auf dieser Etappe eine Fluchtgruppe mit starken Kletterern durch oder es gibt einen Sprint einer ausgedünnten Favoritengruppe in Predazzo.
Das große Finale der Tour of the Alps 2023. Viele Fahrer werden sich vor dem Start auf der Rolle warmfahren, denn es geht direkt fast zehn Kilometer bergauf zum Passo Lavaze - mit 1808 Metern der höchste Punkt der Rundfahrt. Es dauert bis 37 Kilometer vor dem Ziel, ehe das zweite Hindernis des Tages erreicht wird: der Anstieg nach Mühlbach. 7,8 Kilometer mit 8,2 Prozent. Wer in der Gesamtwertung noch etwas bewegen will, muss auf den ersten sechs Kilometern des Berges angreifen, wo die Steigung zumeist zweistellig ist. Nach rund dreieinhalb Kilometern gibt es sogar eine Rampe von 18 Prozent. Über eine Art Hochplateau und eine mitunter technisch anspruchsvolle Abfahrt geht es nach der Abnahme des Bergpreises bei Kilometer 125,1 ins Ziel der Tour of the Alps 2023 nach Bruneck.
Die Tour of the Alps 2023 wird im Fernsehen bei Eurosport übertragen. Alle fünf Etappen sind bei Eurosport 1 zu sehen. Wer nach einem Live-Stream sucht, wird bei Discovery+ und GCN+ (beides über Bezahl-Abo) fündig.