Top-Liga4 Gravelbikes der Oberklasse im Test

Julian Schultz

, Stefan Loibl

 · 31.05.2022

Top-Liga: 4 Gravelbikes der Oberklasse im TestFoto: Greber/Skyshot

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Ab 4500 Euro steht bei Gravelbikes die Welt der E-Schaltungen, Carbonfelgen und Aero-Rahmen offen. Wir haben vier teure Top-Räder mit weitem Einsatzspektrum getestet: vom gefederten BMC Urs LT bis zu den sportlichen Gelände-Flitzern von Storck und Ridley.

Ab einem Preis von etwa 4500 Euro steht auch bei Gravelbikes die Welt der E-Schaltungen, Carbonfelgen und Aero-Rahmen offen. Shimano-­Komponenten treffen hier auf die Konkurrenz der leichten Funkschaltungen von SRAM und auf Campagnolos wartungsarme Ekar-Gruppe mit maßgeschneiderten Übersetzungsoptionen. Zudem lassen die Laufräder der vier getesteten Gravelbikes von BMC, Giant, Ridley und Storck kaum Wünsche übrig. Speziell die sehr leichten Varianten am Giant Revolt und Storck Grix.2 überzeugen.

12 Gravelbikes von günstig bis teuer im Test

Was teure Gravelbikes auszeichnet

Doch braucht man das alles wirklich? Das muss jeder selbst entscheiden. Denn auch günstigere Gravelbikes können Fahrspaß-Garanten und der richtige Untersatz für Bikepacking-Touren sein. Doch weil die Kaufentscheidung für ein Sportgerät nicht nur rational, sondern auch emotional getrieben ist, finden natürlich auch exklusive und avantgardistische Details, wie sie diese teuren High-End-Gravelbikes bieten, ihre Liebhaber. Interessenten sollten sich deshalb gut über die einzelnen Modelle informieren und überlegen, ob sie zum eigenen Anspruch passen.

BMC Urs LT One

BMC Urs LT One / 7999 Euro / 9,4 kgFoto: Greber/Skyshot
BMC Urs LT One / 7999 Euro / 9,4 kg

Infos und Ausstattung zum BMC Urs LT One

  • Preis 7999 Euro >> hier erhältlich*
  • Gewicht Komplettrad 9,4 Kilo
  • Antrieb SRAM Force (1x12; 38, 10-52 Z.)
  • Schaltung SRAM X01 Eagle
  • Bremsen SRAM Force (180/160 mm)
  • Laufräder/Reifen (Gewichte) BMC CRD-400/WTB Raddler 40 mm (v./h. 1477/2055 g)
BMC Urs LT One
Foto: Markus Greber

Mit dem Urs LT One gelingt es BMC, das ohnehin schon auffällige Urs One (TOUR 5/2021) nochmals zu übertreffen. Denn neben dem kantigen Rahmendesign und Elastomer-Federelement zwischen Sitzrohr und Sitzstreben besitzt das LT-Modell („Long Travel“) zusätzlich eine Federgabel von HiRide. Das komplette System ist in den Gabelschaft integriert und bietet am Gabelkopf etwa 20 Millimeter Federweg. Ein Drehverschluss blockiert den Mechanismus bei Bedarf. In der Praxis und im TOUR-Testlabor absorbiert die Gabel vor allem kleinere ­Vibrationen spür- und messbar. In Kombination mit der Dämpfung am Hinterbau, den voluminösen Reifen und dem langen Radstand bügelt das BMC wie kein zweites Gravelbike über Schotter und kleine Bodenwellen. Die Gabel kommt aber schnell an ihre Grenzen und schlägt bei mittelgroßen Schlaglöchern hörbar an. Für ein härteres Ansprechverhalten müsste man die Feder wechseln. Auch die Blockierfunktion hakte an unserem Testrad. Wem die Gabel zu sensibel ist, der sollte das Urs One im Betracht ziehen, das auch mit Starrgabel exzellent federt und ab 2.999 Euro erhältlich ist.

Positiv: exzellenter Komfort, extreme Laufruhe
Negativ: Federgabel bedingt funktionsfähig, nur vier Größen

Giant Revolt Advanced Pro 1

Giant Revolt Advanced Pro 1 / 4699 Euro / 8,2 kgFoto: Greber/Skyshot
Giant Revolt Advanced Pro 1 / 4699 Euro / 8,2 kg

Infos und Ausstattung zum Giant Revolt Advanced Pro 1

  • Preis 4699 Euro
  • Gewicht Komplettrad 8,2 Kilo
  • Antrieb SRAM Rival (2x12; 43/30, 10-36 Z.)
  • Schaltung SRAM Rival eTap AXS
  • Bremsen SRAM Rival (160/160 mm)
  • Laufräder/Reifen (Gewichte) Giant CXR 1/Maxxis Receptor 40 mm (v./h. 1321/1807 g)
Giant Revolt Advanced Pro 1
Foto: Markus Greber

Das neue Giant Revolt Advanced Pro 1 kommt vergleichsweise unscheinbar daher. Weder Ausstattung noch Optik sind besonders auffällig. Doch auf dem TOUR-Steifigkeitsprüfstand und im Gelände fährt es seine Krallen aus – oder besser gesagt seine sanften Pfoten. Denn neben der abgeflachten Sattelstütze mit Keilklemmung und dem Lenker bietet der gesamte Rahmen derart viel Flex, dass man in unwegsamem Gelände fast das Gefühl hat, auf einem Mountainbike zu sitzen. Die ab Werk montierten Tubeless-Reifen mit 40 Millimetern Breite unterstützen den Komfort zusätzlich, bieten wegen des feinen Profils jedoch wenig Trak­tion. Trotz der relativ geringen Steifigkeiten geht das sehr leichte Giant gut vorwärts und eignet sich auch für eine sportliche Gangart. Der Radstand lässt sich am Hinterbau um 10 Millimeter verstellen und damit das gewünschte Fahrverhalten und die Reifenbreite anpassen. Outdoor-Abenteurer werden die sechs Befestigungs­punkte für Flaschen und Werkzeug schätzen. SRAMs Zweifach-Antrieb bietet in jeder Fahrsituation genügend Reserven. Die Revolt-Gravelbike-Familie von Giant umfasst sechs Carbon- und drei Alu-Modelle.

Positiv: sehr hoher Federkomfort, geringes Gesamtgewicht
Negativ: schmale Reifen mit wenig Traktion

Ridley Kanzo Fast

Ridley Kanzo Fast Ekar / 5499 Euro / 8,7 kgFoto: Markus Greber
Ridley Kanzo Fast Ekar / 5499 Euro / 8,7 kg

Infos und Ausstattung zum Ridley Kanzo Fast

  • Preis 5499 Euro
  • Gewicht Komplettrad 8,7 Kilo
  • Antrieb Campagnolo Ekar (1x13; 40/9-42 Z.)
  • Schaltung Campagnolo Ekar
  • Bremsen Campagnolo Ekar (160/160 mm)
  • Laufräder/Reifen (Gewichte) Campagnolo Shamal/Vittoria Terreno Dry Graphene 2.0 38 mm (v./h. 1559/2092 g)
Ridley Kanzo Fast
Foto: Markus Greber

Beim Ridley Kanzo Fast ist der Name Programm: Der aggressiv designte Gravelbike-Bolide bringt das Feeling eines Aero-Straßenrennrads ins Gelände. Die Sitzposition ist durch den nach unten weisende Lenkereinheit sportlicher, als es die Geometriedaten vermuten lassen. Das Lenkverhalten ist nahe am Straßenrad. Die Bereifung fällt recht schmal aus und begrenzt den Einsatz auf eher feste Wege, maximal 42 Millimeter lässt der Rahmen zu. Im Baukasten lassen sich Einfach-Gruppen von SRAM, Shimano und Campagnolo auswählen, ein vorderer Umwerfer ist nicht vorge­sehen. Wer mehr Bandbreite wünscht, sollte sich die Kanzo-Fast-Variante mit Shimanos GRX Di2 in Kombination mit der Classified-Nabe anschauen, welche die elf Gänge verdoppelt. Die gezeigte 1x13-Gravel-Schalt-/Bremsgruppe von Campagnolo passt zwar ideal zum sportlichen Anspruch des Rades. Leider lässt sie sich nur mit 24 Millimeter flachen Ful­crum-Laufrädern kombinieren, die in dem flächigen Aero-Rahmen etwas verloren wirken. Die abgebildeten Shamal-Felgen von Campagnolo sind ein Tribut ­an aktuelle Lieferprobleme. Andere Schaltungen lassen auch stattliche Aero-­Felgen zu, die besser zur Optik des Ridley passen.

Positiv: leicht und schnell, viele Ausstattungsoptionen und Lackierungen
Negativ: eingeschränkte Reifenfreiheit, mäßiger Komfort

Storck Grix.2 Pro Force XPLR

Storck Grix.2 Pro Force XPLR / 5799 Euro / 8,0 kgFoto: Markus Greber
Storck Grix.2 Pro Force XPLR / 5799 Euro / 8,0 kg

Infos und Ausstattung zum Storck Grix.2 Pro

  • Preis 5799 Euro
  • Gewicht Komplettrad 8,0 Kilo
  • Antrieb SRAM Force XPLR (1x12; 40, 10-44Z.)
  • Schaltung SRAM Force eTap AXS
  • Bremsen SRAM Force (160/160 mm)
  • Laufräder/Reifen (Gewichte) Storck Zeitjäger Platinum/Schwalbe G-One Bite 40 mm (v./h. 1406/1950 g)
Storck Grix.2 Pro Force XPLR
Foto: Markus Greber

Statt mit 27,5-Zoll-Laufrädern und 2,0 Zoll breiten Reifen (Test in TOUR 1/2022) schickt Storck sein wandelbares Grix.2-Gravelbike diesmal mit den eigenen Zeitjäger-Carbon-Laufrädern mit Keramiklagern und klassischer 40-Millimeter-Bereifung in den Test. Zusammen mit dem 1100-Gramm-Rahmen entsteht ein leichtes, antrittsstarkes Bike, das auf der Straße Rennrad-Feeling aufkommen lässt. Dazu passt die sportliche Sitzposition mit tiefer Front, die allerdings durch die kompakte Lenkereinheit nicht zu gestreckt ausfällt. Die im TOUR-Labor relativ mau ausfallende Seitensteifigkeit der Gabel macht sich im Gelände nicht negativ bemerkbar. Mit schwer bepackten Taschen an der Gabel könnte das anders aussehen. Das Handling bleibt durch den im Vergleich eher kurzen Radstand und das kurze Steuerrohr sehr agil und direkt, in Sachen Beschleunigung führt das Grix.2 das Testfeld an. Auch wenn es möglich ist, das Rad durch die vielen Ösen für Flaschenhalter, Taschen und Schutzbleche zum Bikepacking-Untersatz umzuwandeln, kann es seine sportlichen Gene nie ganz ablegen. Unser leichter Highend-Aufbau giert eher nach Geschwindigkeit und zügig abgespulten Kilometern auf Schotterpisten anstatt auf Erkundungstouren in schwerem Gelände.

Positiv: guter Sitzkomfort, Platz für breite Reifen, geringes Gesamtgewicht
Negativ: keine kleinen Größen