Spektakuläres KonzeptBaldiso präsentiert Rennrad ohne Sitzrohr

Julian Schultz

 · 27.10.2023

Spektakuläres Konzept: Baldiso präsentiert Rennrad ohne SitzrohrFoto: Baldiso
Das Baldiso One bricht mit den Konventionen des Weltradsportverbands UCI und kommt ohne Sitzrohr. Wie der Allgäuer Hersteller mitteilt, ist die Neuheit nur auf Vorbestellung erhältlich.
Zurück in die Zukunft: Baldiso präsentiert mit dem One ein spektakuläres Rennrad-Konzept. Der Allgäuer Fahrradbauer bricht mit den UCI-Konventionen und verzichtet bei dem Aero-Boliden auf das Sitzrohr. Die Idee ist nicht ganz neu: In den Neunzigern setzte US-Hersteller Kestrel auf ein ähnliches Design. Das One wird per Crowdfunding finanziert und in begrenzter Stückzahl erhältlich sein.

“Unsere Mission war es, die konventionelle Rahmenform zu überdenken und ein völlig neues Design zu präsentieren”, sagt Sebastian Baldauf über die Beweggründe für das One. “Ein Rennrad, das nicht nur aus der Masse heraussticht, sondern absolut einzigartig ist”, ergänzt der ehemalige Radprofi und Geschäftsführer von Baldiso. Die junge Rennrad-Marke aus dem Allgäu, gegründet 2020, will sich mit exklusiven Modellen auf dem hart umkämpften Markt etablieren. Nach dem Wettkampf-Allrounder Air Flight One soll dabei das Baldiso One helfen.

Rahmen in Rautenform

Ein Rennrad ohne Sitzrohr? Das gab’s doch schon mal? Richtig. Kestrel experimentierte bereits vor mehr als 30 Jahren an ähnlichen Konstruktionen. Das 500 SCi war das erste Modell mit Rennlenker, bei dem die US-Marke den klassischen Diamantrahmen durch ein rautenförmiges Konstrukt ersetzte. Bekannt wurde das eigenständige Design vor allem an Triathlonrädern wie dem Airfoil Pro. Diese unterliegen nicht dem strengen Reglement des Weltradsportverbands UCI, wodurch die Konstrukteure mehr Gestaltungsfreiraum haben und sich nicht an die Rahmendimensionen halten müssen.

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Kestrel setzte in den 90er Jahren ebenfalls auf einen Rahmen ohne Sitzrohr. Bekannt wurde die Rautenform vor allem an Triathlonrädern wie dem Airfoil Pro.Foto: SimonKestrel setzte in den 90er Jahren ebenfalls auf einen Rahmen ohne Sitzrohr. Bekannt wurde die Rautenform vor allem an Triathlonrädern wie dem Airfoil Pro.

Nachdem Kestrel, einst ein Pionier im Carbon-Rahmenbau, in den vergangenen Jahren von der Bildfläche verschwunden ist und letztmals 2018 neue Modelle produzierte, wagt sich nun Baldiso mit einem rautenförmigen Rahmen ohne Sitzrohr auf den Markt. Baldauf holte sich dafür die Expertise namhafter Carbon-Spezialisten aus Deutschland ins Haus. In die Entwicklung war unter anderem Carbonworks involviert, das sich auf die Herstellung von Carbonrohren spezialisiert hat. Zudem sind Bike Ahead Composites, das unter anderem mit der Schweizer Luxusmarke Stoll zusammenarbeitet, und Lightweight als Kooperationspartner genannt.

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Konzept ohne UCI-Zulassung

“Bei der Konstruktion des B1 haben wir uns nicht einschränken lassen und den Werkstoff Carbon voll ausgenutzt”, sagt Carbonworks-Chef Simon Bühler. Faserverbundwerkstoffe wie Carbon böten große Möglichkeiten in der Gestaltung des Rahmens. “Doch als man den Werkstoff damals im Rennradsport entdeckte, wurde die Gestaltungsfreiheit durch Reglements im Keim erstickt”, ergänzt Bühler.

Das One ist mit Funkschaltungen von Shimano oder SRAM sowie Laufrädern von Bike Ahead, Ennoble oider Lightweight erhältlich.Foto: BaldisoDas One ist mit Funkschaltungen von Shimano oder SRAM sowie Laufrädern von Bike Ahead, Ennoble oider Lightweight erhältlich.

Zu den Fakten: Laut Herstellerangabe soll der Rahmen zwischen 900 und 1000 Gramm wiegen und damit auf dem Niveau von hochwertigen Aero-Spezialisten wie Canyon Aeroad, Giant Propel oder Scott Foil liegen. Dass das futuristische Carbon-Chassis trotz des Verzichts auf das Sitzrohr nicht leichter ist, dürfte an den aerodynamischen Rohrformen liegen. Das lang gezogene Steuerrohr erinnert beispielsweise an das Koga Kinsei oder Simplon Pride II. Für die Gabel nennt Baldiso ein Gewicht um 300 Gramm. Je nach Ausstattung soll das Komplettrad, das durch die Rahmenform nicht für UCI-Rennen zugelassen ist, zwischen 7,1 und 7,9 Kilogramm auf die Waage bringen.

Baldiso One nur auf Vorbestellung

Zu Geometrie und Rahmengrößen machte Baldiso keine Angaben. Den ersten Darstellungen nach zu urteilen, dürfte die Sitzposition betont gestreckt ausfallen. Auch bezüglich Aero-Leistung, Federkomfort und Steifigkeiten liegen keine Daten vor. Und bis zu einem ersten TOUR-Test muss man sich noch gedulden. Denn wie der Allgäuer Hersteller mitteilt, gibt es aktuell noch keine fahrbereiten Modelle. Das One soll erst nach 50 Vorbestellungen in Produktion gehen. “Alles ist so vorbereitet, dass die ersten Rahmen-Sets im zweiten Quartal 2024 ausgeliefert werden können”, so Baldauf über das Crowdfunding-Konzept. Kompletträder mit elektronischen Schaltungen von Shimano (105, Ultegra, Dura-Ace) oder SRAM (Rival, Force, Red) und Laufrädern von Bike Ahead, Ennoble oder Lightweight seien kurz darauf verfügbar.

Baldiso One: Komplettrad ab 9770 Euro

Das Rahmen-Set startet bei 5540 Euro, gegen Aufpreis ist eine individuelle Lackierung möglich. Das “günstigste” Komplettrad mit Shimano 105 Di2 und Laufradsatz von Ennoble, der Eigenmarke von Baldiso, kostet in der Basisversion 9770 Euro. Nach oben sind praktisch keine Grenzen gesetzt. So werden für das One mit auffälliger Chrom-Lackierung, SRAM Red AXS und Lightweight-Laufrädern satte 18540 Euro fällig. Auch ohne fahrfertiges Modell und trotz der hohen Preise scheint die Neuheit anzukommen. Wie Baldauf versichert, sei die Nachfrage so hoch, dass die Limitierung noch vor der Vorstellung von 500 auf 1500 Modelle erhöht wurde.

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