Saisonvorschau Bora-HansgroheTransfers, Ziele & TOUR-Prognose für Bora-Hansgrohe

Andreas Kublik

 · 16.02.2023

Der Kader von Bora-Hansgrohe für 2023: Giovanni Aleotti
Foto: Miclas Haasis Fotografie/Bora-Hansgrohe

Zu Beginn der Profi-Radsport-Saison 2023 nimmt TOUR einige Top-Teams genauer unter die Lupe, wie die Mannschaft Bora-Hansgrohe. Wir blicken zurück auf das letzte Jahr, analysieren die Transfers und geben eine Prognose für 2023 ab.

Bora-Hansgrohe: Weiter so!

Das einzige deutsche World-Tour-Team hat den Umbruch erfolgreich vollzogen. Nach dem Abgang von Klassiker-Spezialist Peter Sagan ließ Teamchef Ralph Denk den Kader von Rolf Aldag auf Rundfahrtsiege umbauen. Erfolgreich, wie der Giro-Sieg von Jai Hindley zeigte. Wie geht es 2023 weiter?



So lief 2022

Mission erfolgreich: Es war eigentlich ein langfristiges Projekt, klappte aber auf Anhieb. In der Saison 2022 ging der Rennstall beim Giro d’Italia erstmals mit der Strategie an den Start, mit Mann und Maus mindestens eine Podiumsplatzierung zu erreichen. Gleich der Erstversuch beim Giro war erfolgreich: Jai Hindley hängte bei der letzten Bergankunft in den Dolomiten den Rivalen Richard Carapaz entscheidend ab und gab den Startschuss zu einer Team-Fete in Rosa rund um die Arena di Verona.

Etappensiege von Hindley (2) und Lennard Kämna sowie Gesamtrang sieben von Emanuel Buchmann rundeten das Erfolgsprojekt in Italien ab - obwohl alle Topfahrer viele Probleme mit Krankheiten und Verletzungen in der Vorbereitung hatten. Bemerkenswert. Die Klassiker liefen wegen der langfristigen Erkrankungen von Nils Politt und Maximilian Schachmann schlechter als erwartet. Auch der zurückgekehrte Sprinter Sam Bennett kam spät in Schwung, feierte zwei Etappensiege bei der Vuelta.

Unter den 30 Saisonsiegen von Bora-Hansgrohe ragte der stark herausgefahrene Erfolg bei den Cyclassics in Hamburg durch den Österreicher Marco Haller heraus. Herausragend fuhr im Saisonverlauf auch der neuverpflichtete Russe Alexander Wlasow, der allerdings bei der Tour verletzungsbedingt etwas hinter den Erwartungen zurückblieb, aber verbissen Gesamtrang fünf erkämpfte.

Transfers bei Bora-Hansgrohe

“Bei uns schießt das Geld nicht in schwarzer Form aus dem Boden”, betonte Teameigner Ralph Denk vor der neuen Saison. Er hat seinen Rennstall über ein Jahrzehnt langsam entwickelt und wirft wahrlich nicht mit dem Geld um sich. Insgesamt konnte sich das Team im Vergleich zur Vorsaison nicht verstärken.

Wilco Kelderman, einen der Anführer des Teams bei den langen Etappenrennen und Fünfter der Tour 2021, zog es in seine Heimat zu Jumbo-Visma. Der Österreicher Felix Großschartner, im Bora-Trikot Neunter und Zehnter der Vuelta, versucht sich künftig bei UAE Team Emirates. Sein Landsmann Lukas Pöstlberger wechselt nach Australien zu Jayco-AlUla (bisher BikeExchange).

Neu kamen Tour-Etappensieger Bob Jungels aus Luxemburg (von AG2R) und der Schwarzwälder Nico Denz (von DSM), der mit seinem Etappensieg bei der Tour de Suisse Werbung für sich machte. Ebenfalls neu dabei sind der MTB-Spezialist Victor Koretzky (aus der Konkursmasse von B&B Hotels-KTM) und der Kletterer Florian Lipowitz (von Team Tirol).

Zu- und Abgänge im Überblick

Neuzugänge zur Saison 2023

  • Bob Jungels (AG2R-CITROËN TEAM)
  • Nico Denz (Team DSM)
  • Florian Lipowitz (Tirol KTM Cycling Team)
  • Victor Koretzky (B&B Hotels-KTM)

Abgänge

  • Felix Großschartner (UAE Team Emirates)
  • Wilco Kelderman (Jumbo-Visma)
  • Lukas Pöstlberger (Jayco-AlUla)
  • Martin Laas (Astana Qazaqstan Team)


Die Ziele 2023

“Die Tour ist mehr in den Köpfen als Roubaix oder Flandern”, sagt Teamchef Ralph Denk mit dem Blick in die Zukunft. Die Ziele daher: Erfolge im Gesamtklassement der großen Rundfahrten sowie Etappensiege. Die Mannschaft von Rolf Aldag setzt das Projekt GC-Team in Italien fort. Dort geht Wlasow als Kapitän an den Start. Ziel: Das Podium. Auch Lennard Kämna soll sich beim Giro erstmals gezielt als Klassementfahrer versuchen.

Bei der Tour versucht man es mit einer Doppelstrategie: Sprinter Sam Bennett soll, nachdem er bei seinem Abstecher zum Quick-Step zwei Etappen und das Grüne Trikot gewonnen hat, jetzt auch im Bora-Dress in Frankreich erfolgreich sein. Giro-Sieger Jai Hindley soll sein Tour-Debüt feiern; auch Emanuel Buchmann wird den Plänen zufolge nach mehreren Jahren mit vielen Rückschlägen sein Comeback in Frankreich geben, wo er 2019 Gesamtrang vier erreichte.

Bei den Klassikern soll es besser als 2022 werden. Ein wichtiges Projekt: Maximilian Schachmann nach seinem langwierigen Erschöpfungssyndrom wieder fit zu kriegen. Dann kann der gebürtige Berliner vor allem in den Ardennen seine Klasse als explosiver Allrounder zeigen - zudem hat man in Bob Jungels einen ehemaligen Sieger von Lüttich-Bastogne-Lüttich in den Reihen.



TOUR-Prognose für Bora-Hansgrohe

Team Bora-Hansgrohe wird die deutschen Fans auch in der Saison 2023 gut unterhalten. Besonders spannend wird, wie sich Kämna mit der neuen Rolle als Klassementfahrer arrangiert. Die Erwartungen sollten bei dem 26-jährigen Bremer, der immer wieder Erholungspausen braucht, allerdings nicht zu hoch sein - genauso wie bei Maximilian Schachmann, der ein langwieriges Erschöpfungssyndrom überwinden muss.

Wlasow ist beim Giro Podiumskandidat, Bennett für viele Rennsiege und das Grüne Trikot der Tour gut. Zudem schlummert in den buntgescheckten neuen Trikots viel Talent - gerade der belgische Avenir-Sieger Cian Uijtdebroeks weckt schon große Erwartungen in seiner Heimat Belgien. Nils Politt, dessen Vertrag ausläuft, wird mit Erfolgen die Weichen stellen können, ob Teamchef Ralph Denk ihm in Zukunft eine Eskorte für die Kopfsteinklassiker zur Verfügung stellt oder die Zusammenarbeit nach drei Jahren endet.