Felix Mattis
· 17.07.2022
24 Teams mit je sechs Fahrerinnen machen sich am 24. Juli in Paris auf den Weg der Tour de France Femmes avec Zwift - der Frankreich-Rundfahrt der Frauen. Zehn Mannschaften gehören als Continental-Teams zur zweiten Liga des internationalen Radsports, 14 zählen zur World-Tour der Frauen.
Hier gibt es einen Überblick über die teilnehmenden Fahrerinnen an der Tour de France Femmes.
Im Folgenden stellen wir die Teams der Tour de France Femmes mit jeweils einem Kurz-Portrait vor.
NXTG steht für Next Generation: Die Talentschmiede wurde 2020 von Servais und Natascha Knaven gegründet und steht bei der Tour de France der Frauen am Start. 14 der 16 Fahrerinnen des Teams sind zwischen 18 und 21 Jahren alt, auch ein U19-Team ist angegliedert. Ein Geldgeber ist das Personalvermittlungs-Unternehmen Experza von Quick-Step-Teamchef Patrick Lefevere. Sportliche Leiterin ist die bis 2021 noch aktive Jolien D’Hoore.
Bei den Männern ein Traditions-Rennstall, bei den Frauen in dieser Saison nagelneu: Cofidis hat im Frauen-Radsport viel vor und wirkt auf Anhieb größer und professioneller als etwa das Arkea-Team. Bei der Kaderplanung fürs Debütjahr wurden noch etwas kleinere Brötchen gebacken. Mit der Lörracherin Clara Koppenburg hat man aber eine starke Bergfahrerin an der Spitze.
Bei den Männern seit 2011 im Profizirkus vertreten, gründete der bretonische Rennstall von Emmanuel Hubert zur Saison 2020 auch ein Frauenteam, das 2022 an der Tour de France Femmes teilnimmt. Das Team hat sich der Förderung französischer Talente verschrieben, mit der Deutschen Charlotte Becker als Mentorin. Eine Top-Fahrerin fehlt, aber bei bergigen Rennen ließ die 31-jährige Morgane Coston aufhorchen.
Das vom Leipziger Ronny Lauke 2016 gegründete Team ist ein Vorreiter: Es schlug neue Marketingwege ein, machte die Talentsuche via Zwift salonfähig und ist nun das erste Team mit eigener Nachwuchsabteilung. Mit extravaganten Outfits und oft offensiver Fahrweise weiß die deutsche Mannschaft Fans zu gewinnen. Einzig am ganz großen Erfolg fehlt es oft. Vielleicht ändert sich das bei der Tour de France der Frauen.
Das Team von Ex-Profi Dirk Baldinger ist eine starke Mannschaft ohne World-Tour-Lizenz und Heimat gleich mehrerer Bahn-Asse wie Lisa Brennauer, Franziska Brauße oder Katie Archibald. Eine Besonderheit: Der Hauptsponsor, ein Hartmetall-Spezialist, ist gleichzeitig Eigentümer und sponsert darüber hinaus auch diverse internationale Frauenrennen.
Der US-Rennstall Tibco ist seit 15 Jahren im Geschäft und hat mit der Angliederung ans Männerteam EF Education nun die World-Tour-Lizenz gezogen: mehr Professionalität statt Familienbande - Sportdirektorin Rachel Hedderman hatte in den vergangenen Jahren meist ihren kleinen Sohn dabei. Sportlich legt man Wert auf Offensive, ein Etappensieg bei der Tour de France der Frauen wäre aber eine Überraschung.
Bis auf die Lotterie FDJ als Hauptsponsor und Lapierre als Radausrüster hat der 2006 gegründete Rennstall von Manager Stephen Delcourt mit dem Männerteam Groupama-FDJ kaum etwas zu tun. Im Frühjahr wurde man trotz Corona-Infektion bei Star-Fahrerin Cecilie Uttrup Ludwig zum Top-Team: kollektiv stark, gekrönt durch Marta Cavallis Siege bei Amstel Gold Race und Fleche Wallonne.
Bis 2021 hieß die Mannschaft Rally Cycling, bei Männern und Frauen. Mit neuen Sponsorengeldern ließ der kanadische Manager Jacob Erker sein Frauenteam nun in die World-Tour aufsteigen, verpflichtete gute Fahrerinnen und steht mit der Mannschaft bei der Tour de France der Frauen am Start. Die Infrastruktur des Rennstalls ist stark, sportlich aber fehlt noch etwas. Bei der Tour de France Femmes wird man wohl eher mitrollen, als Siege feiern.
Das Vater-Sohn-Gespann Bob und Tom Varney hatte die Mannschaft 2015 unter dem Namen Drops gegründet, um britische Talente zu fördern. Die Idee hat Bestand, doch um international Ergebnisse zu erringen, wurden immer auch Ausländerinnen an Bord geholt - aktuell die sprintstarke Portugiesische Meisterin Maria Martins und die spanische Kletterfachfrau Eider Merino.
Vor sieben Jahren war das Team die Nummer eins der Welt - damals noch als Rabobank-Liv. Seitdem hat sich viel getan, vor allem: der Abschied der Ex-Miteigentümerin Marianne Vos. Manager Eric van den Boom und Sportdirektorin Giorgia Bronzini hoffen nun auf Sprinterin Alison Jackson sowie Comebacks von Ex-Cross-Weltmeisterin Thalita De Jong und Sabrina Stultiens, die bei der Tour de France der Frauen gute Ergebnisse einfahren könnten.
Das Team der Top-Favoritin für die Tour de France der Frauen: Als Sebastian Unzue 2018 der Equipe seines Vaters Eusebio ein Frauenteam zur Seite stellte, fiel es zunächst eher durch nutzlose Attacken auf. Mit Annemiek van Vleuten aber kam 2021 der Erfolg ins Team. Sie gewann zuletzt unter anderem den Giro Donne. Inzwischen hat die gesamte Mannschaft einen großen Schritt gemacht. Bei der Tour de France Femmes ist für jeden Tag eine potenzielle Etappensiegerin dabei.
Erfolgreiche Talentförderung: Durch die Schule des Limburger Rennstalls um Sportdirektor Raymond Rol sind Asse wie Demi Vollering, Lorena Wiebes und Pauliena Rooijakkers gegangen - auch Jumbo-Visma-Sportdirektorin Esra Tromp lernte dort. Siege darf man bei der Tour de France der Frauen nicht erwarten, aber das Team wird Ausreißergruppen besetzen und könnte mit Mischa Bredewold überraschen.
Um den Gelände-Spezialistinnen ihrer Cross-Teams ein gemeinsames Zuhause für die Straßensaison zu geben, gründeten die Brüder Christoph und Philip Roodhooft dieses Team - und siehe da: Auch auf Asphalt setzt man Akzente. Bei der Tour de France der Frauen wird Yara Kastelijn die wichtigste Rolle spielen. Zum Kader gehören auch Bahn-Weltmeisterin Laura Süßemilch und MTB-Talent Ronja Eibl.
Von 2018 bis 2021 unter russischer Flagge, meldete Manager Ruben Contreras sein Team nun in der Schweiz und löste ein World-Tour-Ticket. Ergebnisse als Rechtfertigung für die Erstliga-Zugehörigkeit fehlen noch - doch die 19-jährige Deutsche Hannah Buch und Youngster wie die kletterstarke Petra Stiasny können Rennerfahrung auf höchstem Niveau sammeln.
Weil mit nationaler Lizenz keine Wildcard für die Tour drin war, hat das Team aus dem Pariser Norden 2022 eine internationale UCI-Lizenz beantragt. Auf der großen Bühne der Tour de France Femmes werden es die von der französischen Ex-Meisterin Charlotte Bravard geführten Frauen schwer haben. Das gleichnamige Männerteam besteht schon seit 1994 und gewann 1996 sogar eine Tour-Etappe.
Neben FDJ das zweite Team aus der Nouvelle-Aquitaine - und mit direkter Verbindung: Teamchef Jean-Christophe Barbotin war bei FDJ bis 2015 Sportlicher Leiter und gründete 2019 sein eigenes Team - mit mehr Fokus auf dem Nachwuchs. Kapitänin Severine Eraud war 2013 Junioren-Zeitfahr-Weltmeisterin, galt als Riesentalent, schaffte den Durchbruch aber nie.
GreenEdge Cycling setzte schon bei Gründung 2012 auf Männer- und Frauenradsport - und räumte sofort ab: Judith Arndt gewann die Flandern-Rundfahrt, das Team beendete Jahr eins auf Weltranglistenplatz drei. 2013 ging es mit Emma Johansson auf die Eins hoch. Zuletzt wurden kleinere Brötchen gebacken - auch weil seit Annemiek van Vleutens Abschied ein Star fehlt. Bei der Tour de France der Frauen will das Team aber trotzdem erfolgreich sein.
Nur wenige Rennställe verzahnen Männer-, U23- und Frauen-Team so stark: Teilweise gemeinsames Wohnen im Leistungszentrum in Limburg und wissenschaftliche Ansätze prägen das Team. Deren strikte Durchsetzung ließ einige Stars den Hut nehmen, mit Youngstern aber hat man auf jedem Terrain Erfolg. Bei im Schnitt 22,2 Jahren ist der DSM-Kader der jüngste der 14 World-Tour-Teams.
Zugpferd des erst 2021 gegründeten Projekts war zu Beginn Superstar Marianne Vos. Mit der Verpflichtung von Coryn Labecki (gebürtige Rivera) wurde die Verantwortung nun verteilt - zumal Anna Henderson und Riejanne Markus wichtige Schritte gemacht haben. Um den Gesamtsieg bei der Tour de France der Frauen kämpft man nicht, die Schwachstelle des Teams sind lange Anstiege.
Schon als Boels-Dolmans ist der Rennstall von Ex-Profi Danny Stam seit 2016 fast durchgehend die Nummer eins im Frauen-Radsport. Der Kader verfügt über Siegfahrerinnen für jedes Terrain und Qualität in der Breite, so dass man viele Rennen taktisch dominiert, die Renndynamik damit oft aber auch lahmlegt. Sportliche Leiterin ist Olympiasiegerin Anna van der Breggen.
Seit der Gründung im Jahr 2019 spielt das dem US-Radhersteller Trek gehörende Team eine Hauptrolle im Frauenradsport: Man nahm die schwangere Lizzie Deignan unter Vertrag, zahlte als erster Rennstall allen Fahrerinnen das höhere Mindestgehalt der Männer und verfügt über das höchste Budget. Die Qualität im Kader auf Klassiker-Terrain ist enorm. Bei der Tour de France der Frauen geht es daher vor allem um Tagessiege.
Neben ihrem Männer- wollten die Emirate 2022 auch ein Frauenteam. Also kauften sie den italienischen Rennstall Ale BTC Ljubljana. Dessen Managerin Alessia Piccolo wurde nach zehn Jahren durch Rubens Bertogliati abgelöst, sonst blieben die Strukturen um Sportdirektor Fortunato Lacquaniti gleich. Marlen Reussers Abgang schmerzt, dafür hat man große Talente wie die 18-jährige Russin Alena Ivanchenko gewonnen und hofft nun bei der Tour de France der Frauen auf gute Resultate.
Der Geschäftsführer der Tankstellen-Kette Uno-X, Jens Haugland, ist Radsport-Enthusiast. 2018 wurde er Manager des von seiner Firma gesponserten Rennstalls und zur Saison 2022 fügte er ihm ein Frauenteam hinzu. Das wird vom Ex-Profi Lars Ytting Bak geleitet, ist mit Uno-X-Geldern professionell aufgestellt und hat viel Potenzial für die Zukunft. Noch fehlen aber ein paar Top-Fahrerinnen.
Die italienische Talentschmiede schlechthin: Weltmeisterin Elisa Balsamo und Ardennen-Königin Marta Cavalli fuhren genauso hier wie drei Viertel des 2021 mit WM-Silber dekorierten Verfolgungs-Vierers. In der Weltrangliste ist das Team, das Valentino Villa gehört, dem Chef des lombardischen Metallverarbeitungskonzerns Valcar, das beste unter denen, die keine World-Tour-Lizenz haben.