Große Fahrt oder Zweitagestour? Ratgeber Bikepacking-Ausrüstung fürs Gravelbike

Jörg Spaniol

 · 27.05.2021

Große Fahrt oder Zweitagestour? Ratgeber Bikepacking-Ausrüstung fürs GravelbikeFoto: Jörg Spaniol

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Ein 18-Gramm-Essbesteck oder ein 300 Gramm leichtes Dach über dem Kopf? Ultraleichte Ausrüstung ist ein Trend in allen Outdoor-Sportarten. Auch auf dem Gravelbike nerven unnötig schwere und volle Packtaschen. Doch leicht alleine genügt nicht. Wir empfehlen bewährte Teile, die wirklich funktionieren.

Typ 1: Kurz & Komfortabel

Es ist die einfachste Form der kurzen Radreise: Losfahren, wohin einen die Laune treibt, abends im Gasthaus Speis’, Trank und ein Daunenbett genießen und am nächsten oder übernächsten Tag zurückfahren. Man könnte es als "Nano-Abenteuer" etikettieren. Ausrüstung jenseits der Radklamotten braucht es dazu wenig. Die zwei, drei Kilo Übernachtungsgepäck passen in eine kleine Pack- oder sogar eine Bikepacking-Tasche, die am Sattelgestell fest- gezurrt wird. Um abends im Lokal nicht allzu sehr nach Radtour auszusehen und zu riechen, helfen leichte und zivile Klamotten, die aber vielseitig genug sind, um auch während der Tret-Etappen ihren Job zu tun. Auch Zweitschuhe sind angenehm, falls man auf dem Bike betont sportliche Radschuhe trägt. Die wichtigsten Kriterien für so ein Kurzreise-Outfit: Komfortabel, knitterfrei und leicht sollte es sein.

Typ 2: Draussen schlafen

Ganz modisch heißt es "Mikro- Abenteuer", wenn man sich ohne große Anreise auf einen kurzen Trip jenseits der Alltagswege begibt. Eine Übernachtung draußen ist dabei obligatorisch. Und weil das unter halbwegs freiem Himmel besondere Erlebnisse verspricht, muss ein wenig Ausrüstung mit. Das Essen ist entweder schon fertig im Gepäck oder steht abends auf einem Gasthaustisch, bevor die Suche nach dem Schlafplatz beginnt. Ein komplettes Koch-Set wäre deshalb ebenso übertrieben wie eine sturmfeste Campingausrüstung. Doch der Morgen- kaffee draußen ist unverzichtbar, und Morgentau oder ein Schauer können die Nacht im Schlafsack ungemütlich machen. Wer loszieht, um bei kalkulierbarem Wetter eine Nacht draußen zu verbringen, muss etwa drei Kilo zusätzlich einpacken.

Typ 3: Auf großer Fahrt

Ob die Reise nun vier Tage oder vier Wochen dauern soll, macht beim Packvolumen keinen großen Unterschied mehr: Man muss wahrscheinlich unterwegs ein wenig Handwäsche schrubben, und ein zweites Paar Schuhe sowie halbwegs zivile Kleidung sind auch angenehm – schließlich soll nicht jeder gleich sehen oder riechen, dass man per Rad reist. Während die Wettervorhersage für Kurztrips einigermaßen zuverlässig ist, kann es auf einer längeren Radreise auch mal nass und kalt reinlaufen. Anders als beim "Mikro-Abenteuer" sind deshalb beim "Makro-Abenteuer" für Camper eine gute Regenjacke, ein schützendes Zelt und auch ein komplettes Koch-Set mehr als angenehm. Trotzdem zählen Gewicht und Effizienz, denn man reist ja nicht per Auto.

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Anziehen

Ein kompletter Satz halbziviler Funktionskleidung leistet auf Mehrtagestouren gute Dienste. Fünf vielseitige Teile
mit Minimalgewicht für unterwegs.

Foto: TOUR Magazin

1. FJÄLLRÄVEN HIGH COAST LITE TROUSERS

Vor allem für abends, aber auch für unterwegs: Der vorgeformte Schnitt der leicht elastischen Trekkinghose macht sie auch im Sattel einsetzbar. Das recycelte Polystermaterial knittert und raschelt nicht, bietet aber zusätzlichen Windschutz, wenn es unterwegs im engen Lycra-Outfit zu zugig werden sollte.

120 Euro, 280 Gramm >> z.B. bei Bergzeit erhältlich*

2. BLACK DIAMOND STORMLINE SHELL

Die knallgelbe Regenjacke aus dem Bergsport ist superleicht und mit ihren langen Armen und dem schmalen Rumpf auch beim Fahren funktional, die Kapuze beruhigt in nasskalten Gegenden. Achsel-Reißverschlüsse verbessern den Durchzug, doch für den Dauereinsatz bei intensiver Bewegung dürfte die PU-Beschichtung etwas dampfdurchlässiger sein.

150 Euro, 250 Gramm >> z.B. bei Bergfreunde erhältlich*

3. SALEWA PUEZ MINICHECK SHIRT

Das elastische Kunstfaserhemd neigt weniger zum Knittern als das Foto annehmen lässt. Funktionsfaser mit restauranttauglichem Look aus der Satteltasche.

90 Euro, 120 Gramm >> z.B. bei Bergzeit erhältlich*

4. MERRELL VAPOR GLOVE 4

Leichter als die meisten Sandalen, viel leichter als ein Joggingschuh: Der als "Barfußschuh" konzipierte Merrell Vapor Glove ist der perfekte Zweitschuh für unterwegs.

100 Euro, 320 Gramm

5. ORTOVOX DUFOUR

Kleiner packbar als ein Fleece- Pullover, aber mindestens so warm: Leichte, wattierte Jacken punkten vor allem in Pausen. Diese hier ist mit Schafswoll-Vlies isoliert. Das ist etwas schwerer als manche Kunst- faserwatte, steht aber für ein besonders angenehmes Körperklima.

260 Euro, 240 Gramm

Campieren

Gutes Outdoor-Equipment hat seinen Preis. Doch die Kombination aus geringem Gewicht und guter Leistung erfordert Top-Materialien und ausgereiftes Design.

Foto: TOUR Magazin

1. Exped Solo Tarp

Biwaksäcke taugen wenig für eine geplante Schlafsack-Übernachtung. Man erwacht frierend im eigenen Saft. Besser ist eine mit Stöcken und Schnüren zum Zeltdach improvisierte Plane, ein sogenanntes Tarp. Das nicht ganz billige Modell der Schweizer Marke Exped ist extrem leicht und hat mit zwei mal drei Metern eine gute Größe für maximal zwei Schläfer. Ein tolles Detail sind die acht fest angebrachten Zeltleinen. Leichter geht es nicht, besser auch kaum.

170 Euro, 330 Gramm >> z.B. bei Bergzeit erhältlich*

2. MSR Hubba Hubba NX 2

Das Hubba Hubba ist ein Klassiker unter den Zweier-Leichtzelten. Mit zwei Eingängen und Vorzelten ist es vergleichsweise luxuriös ausgestattet. Zelt und Gestänge sitzen faltenarm und straff. Weil das Innenzelt praktisch nur aus Moskitonetz besteht, ist das Hubba Hubba für warmes Wetter gedacht. Dafür ist es richtig gut. Wer auch mal abseits eines Campingplatzes nächtigt, wählt am besten die olivgrüne statt der weißen Variante.

460 Euro, 1.700 Gramm >> z.B. bei Tapir erhältlich*

3. THERM-A-REST NEO AIR ALLSEASON SV

Die ausgesprochen kostspielige Neo-Air-Liegematte bietet die Möglichkeit, komfortabel zu schlafen, ohne das Gepäck allzu sehr zu belasten. In der gezeigten Allseason-Version ist sie etwas schmal und nicht ultraleicht, doch dafür gut gegen Bodenkälte isoliert. Einfach smart und mit Packsack auf 12 x 30 Zentimeter zusammenzurollen.

180 Euro, 650 Gramm

4. VAUDE SÄNTIS 450 SYN

Clever: Ein leichter Kunstfaser-Schlafsack, in dem man dank zweier verschließbarer Armlöcher lange
vor dem Zelt sitzen kann. Der Säntis ist mit der gezeigten 450-Gramm-Wattierung eher aufs warme Halbjahr beschränkt. Unter fünf bis zehn Grad wird es kühl. Es gibt ihn auch in einer wärmeren Variante.

240 Euro, 900 Gramm >> z.B. bei Amazon erhältlich*

5. PETZL ZIPKA

Die superkompakte Stirnlampe mit selbstaufrollendem "Stirnband" ist perfekt, um sich im Nahbereich zu orientieren oder zu gehen. Zum Radeln hat sie zu wenig "Bumms". Eine kleine rote LED zusätzlich zum weißen Hauptstrahler erlaubt es, sich in Berghütten oder im Zelt nachts zu bewegen, ohne andere zu wecken: Das Rotlicht stört Schläfer nicht.

30 Euro, 35 Gramm (o. Batterien) >> z.B. bei Bergzeit erhältlich*

Einpacken

Bikepacking-Taschen fesseln das Gepäck kompakt ans Gravelbike oder Rennrad. Auf spartanischen Trips ersetzen sie den Gepäckträger.

  Gravelbike-Taschen im Überblick: von der Lenker- bis zur Satteltasche.Foto: Kerstin Leicht
Gravelbike-Taschen im Überblick: von der Lenker- bis zur Satteltasche.

Die an Sattelgestell und -stütze befestigte Tasche ist für sportliche Kurztrips der wichtigste Transportbehälter. Sie ersetzt im Volumen einen kleinen Rucksack und nimmt vor allem Dinge auf, die nicht ständig gebraucht werden: Wechselkleidung, Zweitschuhe, Küchenutensilien. Sie sollte sich sehr gut verzurren und komprimieren lassen, sonst schaukelt sie unterwegs. Beinfreiheit checken!

Im Auto heißt so etwas "Handschuhfach". Handy, Portemonnaie, Energieriegel oder eine sehr kleine Kamera reisen dort zugriffsgünstig mit. Bei der Probemontage beachten: Je nach Baubreite des Täschchens und Rahmengeometrie droht im Wiegetritt Kniekontakt.

Schlafsack und/oder Liegematte passen hier rein. Am Rennlenker ist sie nicht immer sinnvoll: Sie kann Griffpositionen kosten, beim Schalten stören, mit den Zügen kollidieren und muss gegen Schaukeln gut am Steuerrohr verzurrt werden, was Lackschäden verursachen kann. Mitunter ist da eine klassische Lenkertasche praktischer.

Hier sind eher flache und schwere Gegenstände zu Hause: Fahrradschloss, Pumpe, Ersatzteile, eventuell die Regenkleidung. Ist die Tasche zu prall gepackt, können die Knie kollidieren. Niedrigere Modelle wie auf dem Foto sind oft eine gute Idee, denn sie erlauben die Montage von Flaschenhaltern.

Versorgen

Geht’s nur längs der Mosel oder quer durch die Mongolei? Man muss nicht überall auf alles vorbereitet sein – manchmal reicht ein Kilo für die komplette Badezimmer- und Küchenausstattung.

Foto: Kerstin Leicht

1. GSI HALULITE MINIMALIST COMPLETE

Alles passt in einen Thermobecher, zehn Zentimeter dick, zwölf hoch. Das superleichte Koch-Set besteht aus einem 0,6-Liter-Topf, einem kleinen Gasbrenner für 100-Gramm- Kartuschen, einem Isolierüberzug und einem Windschutz. Sogar ein winziges Besteck ist dabei. Man kann damit nicht richtig kochen aber ruckzuck das Wasser für den Morgenkaffee oder die Expeditionsnahrung erhitzen.

40 Euro, 420 Gramm (ohne Kartusche) >> z.B. bei Amazon erhältlich*

2. PRIMUS PRIMETECH STOVE SET

Ein topmodernes, energieeffizientes Koch-Set mit zwei Töpfen, vielseitigem Deckel und diversem Zubehör. Windschutz und eine Rippenstruktur im großen Topf holen das Maximum aus der Gaskartusche. Durchdesignt bis zum einrastenden Topfgriff. Zusammen mit dem kleinen, ergonomisch guten Kochmesser (25 Euro, 75 Gramm) vom selben Hersteller eine mobile Nobelküche für die lange Tour.

1,3 Liter
140 Euro, 830 Gramm >> z.B. bei Bergzeit erhältlich*

3. DONTODENT KLAPPZAHNBÜRSTE

Endlich eine Reisezahnbürste, die weder abbricht noch zusätz- liche Verpackung benötigt. Smart und günstig.

1,30 Euro, 20 Gramm

4. ORTLIEB WATER-BAG 4 LITER

Ganz wichtig vor der Zeltplatz- suche: Die Wasserversorgung muss stimmen. Der Wasserbeutel fasst vier Liter und nimmt erst Platz weg, wenn er voll ist. Von ein paar Sonnenstunden aufgeheizt und mit dem optionalen Duschvorsatz getunt, erlaubt er sogar eine fast luxuriöse Körperpflege.

20 Euro, 120 Gramm >> z.B. bei Rose erhältlich*

5. PACKTOWL HANDTUCH UND WASCHLAPPEN

Die Synthetik-Handtücher dieser Marke sind echte Klassiker. Angenehmes Hautgefühl, rasche Trocknung und hohe Saugleistung kommen hier zusammen. Unsere Empfehlung für Gewichtsbewusste ist die Kombination aus den Größen "Face" (als Waschlappen, 25 x 35 Zentimeter) und "Hand" (42 x 92 Zentimeter) zum Abtrocknen. Das größere Format "Body" wäre Luxus.

ab 12 Euro, ab ca. 25 Gramm >> z.B. bei Bergzeit erhältlich*

6. LIGHT MY FIRE SPORK TITANIUM

Wo Tischsitten nicht zählen, ge- nügt ein einziges Besteck: die Messer-Gabel-Löffel-Kombo. Man kann Spaghetti ja auch zerhacken und löffeln. Dieses unzerstörbare Besteck ist purer Minimalismus.

20 Euro, 16 Gramm >> z.B. bei Tapir erhältlich*

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