Schwarz ist keine Farbe. Zumindest aus wissenschaftlicher Sicht. Komplettradhersteller sehen das offenbar anders und präsentieren vornehmlich Rennräder in dunkler Farbgebung. Einerseits aus Gewichtsgründen, da die Lackschicht über einem Rahmen-Set aus Carbon – dem „schwarzen Gold“ – dünner aufgetragen werden kann und das Bike damit insgesamt etwas leichter ist. Andererseits aus ästhetischen Gründen, da Schwarz neben vielen anderen Bedeutungen mit einer gewissen Eleganz konnotiert ist.
Einige Fahrradbauer lassen ihren Kunden aber Gestaltungsfreiraum, mit wenigen Klicks können Rennräder und Gravelbikes individuell lackiert werden. Das Grundprinzip: Über einen Online-Konfigurator können ausgewählte Modelle farblich individualisiert werden. In zig Kombinationen, was Grunddesign und Farbvarianten anbelangt. Unterschiedliche Dekors für Rahmen und Gabel beherrschen fast alle Custom-Anbieter. Auch die Option für ein mattes oder glänzendes Finish zählt zum Standardrepertoire. Teilweise lassen sich sogar spektakuläre Farbverläufe bestimmen, die sich über das Rahmen-Set hinaus auch an Lenker, Vorbau oder Sattelstütze widerspiegeln und aus einem gewöhnlichen Rennrad ein Kunstwerk machen.
Der hohe Individualisierungsgrad und die sorgfältige Handwerkskunst der Unikate, die meist auch mit Antrieben, Laufrädern, Reifen und Sätteln konfigurierbar sind, sind allerdings teuer. Je nach Hersteller und Design kann für die Lackierung der Preis eines einsteigerfreundlichen Carbon-Rennrads obendrauf kommen. Da einige Marken außerdem nur ihre Top-Modelle veredeln, liegen die Preise für Custom-Rennräder nicht selten im fünfstelligen Bereich. Zweifellos ein teures Angebot. Im Gegensatz zu einem Kunstwerk hängt das exklusive Einzelstück aber nicht nur an der Wand. Zudem gibt es auch Spezialbetriebe, die ein Rennrad nachträglich lackieren, mitunter schon für wenige Hundert Euro.
Der baskische Fahrradbauer nimmt unter den Custom-Anbietern eine Sonderrolle ein: Im Gegensatz zur Konkurrenz bietet Orbea eine Individuallackierung ohne Aufpreis an. Im umfangreichen Online-Konfigurator können der Aero-Bolide Orca Aero, das neue Leichtbau-Modell Orca und das Gravelbike Terra auf Wunsch im Werk im nordspanischen Mallabia lackiert werden lassen. Über alle Modelle hinweg kann die Grundfarbe des Rahmens ausgewählt werden. Details an der Gabel oder die Decals am Unterrohr sind ebenfalls individualisierbar. Bis zu 32 Farbtöne bietet die MyO-Plattform, Highlight sind sogenannte „Carbon-Farben“, die die Rahmenstruktur durchscheinen lassen, und farblich anpassbare Laufräder der Eigenmarke Oquo. Von der Bremsscheibe bis zum Achsstandard lässt sich zudem fast jedes Bauteil – teilweise gegen Aufpreis – konfigurieren.
Das Custom-Programm der italienischen Traditionsmarke ist nach Frank Sinatras Welterfolg „My Way“ benannt und lässt sich für die exklusiven Dogma-Modelle F und X anwenden. Im Konfigurator stehen 7 Designs und 23 Farbtöne zur Wahl. Neben dem Rahmen-Set werden Cockpit, Sattelstütze und Laufräder lackiert bzw. mit farblich abgestimmten Decals versehen. Im Testzeitraum stand das MyWay-Portal mit zwei verschiedenen Internet-Browsern allerdings nicht zur Verfügung. Die Italiener weisen daraufhin, dass jährlich nur eine limitierte Anzahl an Bikes individualisiert werde. Die genaue Menge ist unbekannt. Auch zu den Preisen macht Pinarello keine Angaben. Stattdessen betont die Edelschmiede, dass bei den Custom-Modellen nur die erfahrensten Lackierer zur Spritzpistole greifen.
Der belgische Fahrradbauer bietet ein komplettes Baukastensystem für fast alle Modelle aus den Kategorien Road und Gravel an. Von der Lackierung über den Antrieb bis hin zu den Reifen kann man sich im Online-Konfigurator sein Traumrad individualisieren. 6 Designs und bis zu 96 Farben stehen zur Auswahl. Nostalgiker werden die sogenannte Heritage-Option schätzen: Damit lässt sich ein Falcn RS & Co. in hübscher Retro-Optik realisieren. Ridley gibt an, dass die Lieferzeit für ein Unikat bei zwei Monaten liegt. Die aufpreispflichtigen Designs kosten zwischen 100 und 450 Euro.
Wer die TOUR-Geschichte zu den verschiedenen Shop-Konzepten aufmerksam gelesen hat, der wird bemerkt haben, dass neuerdings auch Storck Rennräder mit personalisierter Lackierung anbietet. Der Versandhändler kooperiert dabei mit dem Frankfurter Costumizing-Spezialisten Made One. Einen Online-Konfigurator wie bei der Konkurrenz gibt es nicht, stattdessen erhält man auf Anfrage ein Artwork mit Wunschdesign und -farben. Ein individuelles Standarddekor, das laut Storck einfache Formen und Farbverläufe beinhaltet, kostet 999 Euro. Gegen Aufpreis sind zudem Rahmendesigns mit ausgefallenen Mustern möglich.
Im Project-One-Konfigurator des US-Herstellers Trek lassen sich Traumräder im Design der World-Tour-Profis lackieren. Neben den Rennmaschinen von Elisa Longo Borghini oder Mads Pedersen stehen das Checkpoint SLR (Gravel) und Speed Concept (TT) zur Auswahl. Bei 64 Farben und 9 Designvorlagen sind der Individualität kaum Grenzen gesetzt. Mit der sogenannten Icon-Serie lässt sich unter anderem eine irisierende Effektlackierung am Madone oder Émonda realisieren. Die Rahmen-Sets werden am US-Stammsitz in Waterloo/Wisconsin lackiert, die Endmontage für europäische Kunden findet in Hartmannsdorf statt. Je nach Design werden zwischen 600 und 1800 Euro fällig. Zudem lassen sich Antrieb, Laufräder oder Reifen konfigurieren.