Jens Klötzer
· 01.08.2022
Für Top-Rennräder, wie sie die Profis fahren, zahlt man häufig fünfstellige Beträge. Doch ist ein günstigeres Rad zwangsläufig spürbar langsamer? Wir haben sechs bezahlbare Geschwistermodelle prominenter Tour-de-France-Räder daraufhin getestet, wie das Lapierre Xelius SL 6.0, um das es hier geht.
Mit dem extravagant designten Rahmen erzielt Lapierre beim brandneuen Xelius SL einen hohen Wiedererkennungswert. Die getestete Version 6.0 mit Shimanos mechanischer Ultegra-Schaltung ist die zweitgünstigste im Lapierre-Portfolio, trotzdem wirkt das Rad auf den ersten Blick mit schicker Metallic-Lackierung und den integrierten Leitungen sehr edel.
Wer auf dem Lapierre Xelius SL 6.0 Platz nimmt, merkt allerdings recht schnell, dass er mit Kompromissen leben muss. Der Gewichtsunterschied zum Top-Modell beträgt stattliche 1660 Gramm. Das liegt weniger an der Rahmenqualität - viel mehr bremsen die schweren Laufräder mit Aluminiumfelgen das Rad bei dynamischen Antritten aus. Auch die Anbauteile wie Lenker, Vorbau, Sattelstütze und Sattel sind deutlich schwerer als beim Top-Modell.
Obwohl die Felgen relativ hoch sind, können sie das Lapierre Xelius SL 6.0 aerodynamisch nicht auf Augenhöhe mit dem Profirad halten. Ein Teil des Abstands von fast 10 Watt bei 45 km/h (oder 50 Sekunden auf der simulierten Strecke von 60 Kilometern) geht aber auch auf den klassisch geklemmten, runden Lenker zurück.
Der trübt zudem den Komforteindruck: Gegenüber der flächigen Lenkereinheit des Top-Modells greift er sich wesentlich weniger angenehm. Als Zumutung empfanden unsere Mechaniker die komplizierte Leitungsführung durch Vorbau und Rahmen am Lapierre Xelius SL 6.0: Der Wechsel der Schaltzüge ist selbst für erfahrene Schrauber ein Geduldsspiel.
Rahmengrößen** XS, S, M, L, XL
Sitz-/Ober-/Steuerrohr 520/570/161 Millimeter
Stack/Reach/STR*** 569/398 Millimeter/1,43
Radstand/Nachlauf 1005/49 Millimeter
Gewicht Rahmen/Gabel/Steuerlager* 995/421/81 Gramm
Antrieb/Schaltung Shimano Ultegra (2x11, 52/36, 11-30 Z.)
Bremsen Shimano Ultegra (160/140 mm)
Laufräder/Reifen (Gewichte)***** DT Swiss E 1800 Spline 32/Schwalbe One TLE 25 mm (v./h. 1.380/1.780 Gramm)
Das Xelius SL pilotierten die Profis bei der Tour 2021 erstmals über die Berge. Aktuelles Top-Modell ist eine 6,8 Kilo leichte Sonderedition zum 75-jährigen Firmenjubiläum, die, bis auf die Lackierung, weitgehend dem Arbeitsgerät des Teams Groupama-FDJ entspricht (im Bild Thibaut Pinot bei der Tour de Suisse). Das Rad punktet mit geringem Gewicht und gutem Komfort, die Aerodynamik ist weniger gut; Sprinter bevorzugen das Schwestermodell Aircode. Im Vergleich ist das Rad mit Shimanos kompletter Dura-Ace für 8599 Euro eher günstig.
Gewicht Rahmen/Gabel/Steuerlager* 943/382/91 Gramm
Antrieb/Schaltung Shimano Dura-Ace Di2 (2x12, 52/36, 11-30 Z.)
Bremsen Shimano Dura-Ace Disc (160/140 mm)
Laufräder/Reifen (Gewichte)***** Shimano Dura-Ace C35/Continental Grand Prix 5000S TR 25 mm (v./h. 1.067/1366 Gramm)
*Gewogene Gewichte. **Herstellerangabe, Testgröße fett. ***Stack/Reach projiziertes senkrechtes/waagerechtes Maß von Mitte Tretlager bis Oberkante Steuerrohr; STR (Stack to Reach): 1,36 bedeutet eine sehr gestreckte, 1,60 eine sehr aufrechte Sitzposition. ****Aerodynamik theoretisch benötigte Tretleistung, um den Luftwiderstand bei 45 km/h zu überwinden, gemessen im Windkanal mit einem tretenden Beindummy. *****Laufradgewichte inklusive Bereifung, Kassette, Schnellspanner/Steckachsen und ggf. Bremsscheiben.