Sandra Schuberth
· 09.12.2022
Auf dem Markt gibt es unzählige Bikepacking-Taschen. Gut, wenn man sich auf die Erfahrungen anderer stützen kann, um zu entscheiden, welche Tasche für einen selbst passt. Die Autorin, eine erfahrene Bikepackerin, die auch schon bei Events wie dem Badlands mitgefahren ist, hat schon ganz unterschiedliche Taschen ausprobiert, jetzt auch die Taschen von Jack Wolfskin. Hier gibt’s ihre Einschätzung.
Das Bikepacking-Sortiment von Jack Wolfskin besteht aus einer Satteltasche, einer Rahmentasche, einer Oberrohrtasche und einer Lenkertasche, die wahlweise auch als Hip Bag - als Hüfttasche - getragen werden kann. Der Hersteller gibt an, dass die Bikepacking-Taschen “aus wiederverwendeten Materialien” bestehen. An anderer Stelle steht “Recyceled Components” - recycelte Bestandteile. Bei der Top Tube Bag zum Beispiel seien Hauptmaterial und Innenfutter komplett wiederverwertet.
Bikepacking-Taschen werden direkt am Rad befestigt. Ein Gepäckträger ist nicht nötig. Sind Sie noch unsicher, welche Art des Gepäcktransports für Sie die richtige ist? MYBIKE-Autor Jörg Spaniol hat sich mit dieser Frage befasst und einen Vergleich angestellt. 2020 hat TOUR verschiedene Bikepacking-Taschen getestet.
Das außenliegende Einschubfach für Zeltstangen ist wohl einzigartig bei einer Bikepacking-Tasche. Maximal zehn Liter an Ausrüstung lassen sich in der Tasche verstauen, ein Elastikband fixiert zusätzliches Gepäck auf der Tasche. Jack Wolfskin gibt an, dass sie durch Nahtbandversiegelung und Rolltop-Verschluss wasserdicht ist. Kurze Regenschauer und eine Fahrt über eine Stunde auf nasser Straße hat sie ausgehalten, ohne dass der Inhalt nass wurde. Wie es bei länger anhaltender Nässe ist, konnte unser Test noch nicht zeigen. Generell empfiehlt es sich aber, Ausrüstung, die nicht nass werden sollte, wie etwa den Schlafsack, doppelt wasserdicht zu verpacken - egal, wie wasserdicht die Bikepacking-Taschen sind.
Für Sichtbarkeit sorgen großflächige Reflexionsprints und eine Befestigungsmöglichkeit für ein LED-Rücklicht.
Die großen Schnallen, die über den Sattelstreben durchgefädelt werden müssen, erschweren die Montage der Tasche am Rad. Einmal montiert, sitzt die Tasche fest und passt auch gut an kleine Räder. Die Riemen, mit denen sich der Rolltop-Verschluss verschließen und je nach Gepäckmenge variieren lässt, können aufgerollt und mit einem Klettverschluss zusammengehalten werden. Dadurch wirkt die Tasche aufgeräumt und die Riemen hängen nicht hinunter.
Kleiner Exkurs: Leute mit kleinen Rädern haben oft das Problem, dass die Satteltasche so groß ist, dass kaum Abstand zwischen Reifen und Tasche bleibt. So schleift die Tasche schnell am Hinterrad, wenn sie nicht optimal gepackt ist oder wenn es über holperige Gravelwege geht.
Die Seat Pack von Jack Wolfskin* ist sowohl nach unten als auch seitlich schlank gehalten. Der Abstand zwischen Reifen und Tasche ist auch am S-Rahmen der 1,60 Meter-Testerin ausreichend groß und die Innenseite der Oberschenkel stößt beim Pedalieren nicht seitlich an die Tasche. Bei breiteren Taschen kann das schon mal vorkommen und stören. Das Fahrgefühl mit der Tasche ist gut, ein Schwingen der Tasche wurde nicht bemerkt. Im Gegenteil: Während der Fahrt wurde fast vergessen, dass eine Tasche am Rad montiert ist.
Das Preisleistungsverhältnis dieser Tasche ist ausgezeichnet.
Plus: großflächige reflektierende Prints; auch für kleine Räder und kleine Rahmen mit geringem Auszug der Sattelstütze geeignet
Minus: große Schnallen lassen sich nicht immer leicht zwischen Sattel und Sattelstreben hindurch fädeln.
Die Rahmentasche ließ sich im kleinen Stahlrahmen der Testerin unterbringen. Das ist besser als bei manchem Konkurrenten. Auch für eine kleine Trinkflasche bleibt Platz im Rahmendreieck. Auf beiden Seiten der Tasche befinden sich Reißverschlüsse mit einem handlichen Zipper. Praktisch: auf einer Seite lässt sich der Reißverschluss von vorn nach hinten, auf der anderen Seite von hinten nach vorne öffnen. Wenn man an einen Gegenstand, der ganz hinten liegt, ran muss, muss nicht die ganze Tasche geöffnet und vielleicht sogar durcheinander gebracht werden.
Das Taschenmaterial ist relativ weich, so dass man beim Pedalieren schnell mit den Knien an die Tasche touchiert. Um die Tasche möglichst schlank zu halten ist es ideal, die Utensilien, die in der Rahmentasche verstaut werden sollen, so schmal wie möglich zu packen. Bewährt haben sich kleine Taschen in der Rahmentasche, die das Eingepackte nochmal je nach Einsatzzweck sortieren. Wenn das berücksichtigt ist, funktioniert die Tasche gut. Vor Kauf sollte nachgemessen werden, ob die Tasche in das Rahmendreieck passt. Leider bietet der Hersteller dazu keine Schablone.
Viele Details der Rahmentasche sind gut durchdacht, ein festeres Material würde mehr Komfort bieten.
Plus: kann auch in kleine Rahmen passen (vorher messen!), großflächig reflektierende Prints; Öffnen der Tasche von vorn und von hinten möglich
Minus: weiches Material, dadurch stößt man schnell mit den Knien an
Oben bietet die Top Tube Bag von Jack Wolfskin ein Einschubfach für das Smartphone. Durch die transparente Abdeckung lässt sich das Gerät gut bedienen. Was negativ auffiel, sind extrem lange Klettbänder, um die Tasche am Rahmen zu befestigen. Besonders das vordere ist auch bei Rahmen mit großen Rohrumfängen deutlich zu lang. Abschneiden ist bei der Riemen-Konstruktion nicht möglich, da Klettverschluss und Obermaterial miteinander vernäht sind. Die Naht würde durchtrennt werden. Zusätzlich sind mehrere Testpersonen mit den Knien bei jeder Pedalumdrehung an die Tasche gestoßen. Die Autorin hat die Tasche nach 200 Metern abgebaut und im Rucksack verstaut. Das Problem trat an mehreren Gravelbikes mit unterschiedlichen Rahmengrößen und unterschiedlichen Personen auf. An Rädern mit breiterem Oberrohr funktioniert sie vielleicht besser.
Im Frühjahr 2023 kommt ein neues, überarbeitetes Bikepacking-Sortiment. Die neue Oberrohrtasche sieht schlanker aus.
Die Tasche bedarf noch etwas Überarbeitung. Die Redaktion ist gespannt, was die auf der Eurobike 2022 gezeigte Tasche kann.
Plus: Handydisplay sichtbar und bedienbar
Minus: Die Tasche ist zu breit, alle Testpersonen aus der Redaktion sind mit den Knien angestoßen und haben die Tasche nach wenigen Hundert Metern oder einigen Kilometern abgebaut.
Diese Bikepacking-Tasche kann sowohl als Lenkertasche als auch als Gürteltasche verwendet werden. Als Lenkertasche lässt sie sich schnell ans Rad montieren. Trotz GPS-Gerät und Frontlicht über der Tasche ist der Reißverschluss stets zugänglich. Das haben wir schon anders gesehen. Leider ist ein schneller Wechsel zwischen Lenkertasche und Hip Bag durch die Schaumstoffklötze nicht möglich. Für eine schnelle Mitnahme der Tasche in ein Café während einer Pause reicht es aber allemal. Als Hip Bag war die Tasche sehr bequem und bietet jede Menge Stauraum für Wertgegenstände, Snacks und mehr. Auf empfindlichen Bibshorts sollte die Tasche nicht verwendet werden, besser ist es, wenn eine robusteren Touren- oder Mountainbikeshorts getragen wird. Der Riemen hat an den Trägerhosen der Testerin gescheuert und nach wenigen Kilometern bereits irreversible Spuren hinterlassen.
Die Tasche sitzt gut am Rad, sofern sie vollgepackt ist. Halb leer ist das Material zu weich, um an einem kleinen Rahmen ausreichend Platz zwischen Vorderreifen und Tasche zu lassen. An größeren Rädern stellt das kein Problem dar. Als Hip Bag trägt sich die Tasche bequem und bietet viel Stauraum.
Plus: funktioniert gut als Hip Bag und als Lenkertasche; viel Platz
Minus: kein schneller Wechsel von Hüfttasche zu Lenkertasche und umgekehrt möglich
Nachdem alle Taschen einzeln betrachtet wurden, ist nun Zeit für ein Gesamtfazit der Bikepacking-Taschen von Jack Wolfskin. Viele Details der Taschen sind gut durchdacht, an anderer Stelle wie bei dem langen Riemen an der Oberrohrtasche kommt die Frage auf, ob die Tasche in der Praxis getestet wurde, bevor sie in Produktion ging. Die Satteltasche hat überzeugt, das Material der Rahmentasche ist etwas zu weich, so dass sehr akkurat gepackt werden muss aber sie passt auch in kleinere Rahmen. Die Lenkertasche funktioniert gut, ihre Doppelfunktion kann aber noch verbessert werden. Die Oberrohrtasche ist leider durchgefallen und die Redaktion ist gespannt auf die neue Tasche, die 2023 auf den Markt kommen wird.