Bikepacking-TaschenRadtaschen für Gravelbike und Rennrad im Test

Jens Klötzer

, Kristian Bauer

 · 24.09.2020

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Foto: Kerstin Leicht

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Mit dem Rennrad oder Gravelbike auf eine Bikepacking-Tour zu gehen ist einfacher als je zuvor: Rahmentaschen, Satteltaschen oder Lenkertaschen ermöglichen die Radreise mit wenig Gepäck. TOUR hat Bikepacking-Taschen-Sets von zehn Herstellern getestet.

Alles dabei auf der Bikepacking-Tour

Wechselklamotten, die wichtigsten Dokumente, Geld, Smartphone und Navi samt ­Ladekabel, ­etwas Werkzeug und wichtige Ersatzteile – mehr braucht es nicht, um sein Zuhause aufs Rennrad zu verlegen und ein paar Tage weitgehend unabhängig unterwegs zu sein. Wer noch Schlafsack und ein kleines Zelt unterbringt, kann sogar draußen übernachten und auf Unterkünfte verzichten. Aber: Auch bei bescheidenen Naturen übersteigt der Hausrat für unterwegs die Kapa­zität eines Rucksacks bei Weitem. Gut also, wenn man möglichst viel Gepäck am Rad unterbringen und sich das Gewicht buchstäblich vom Leib halten kann.

Bikepacking-Taschen

Seit einigen Jahren bewähren sich Taschen, die sich mit Spannriemen und Klett­ver­schlüssen an Rahmen, Sattel und Lenker ­befestigen lassen und auch an Räder passen, die eigentlich nicht für den Gepäcktransport vorbereitet sind. Unter dem Schlagwort “Bikepacking” gibt es sie mittlerweile von ­etlichen Anbietern, die Vielfalt an Taschenformen und Befestigungsmöglichkeiten ist beinahe grenzenlos. Wir haben uns zum Test für das Set aus Sattel-, Rahmen-, Oberrohr- und Lenkertasche entschieden, weil es sich an Gravelbikes und Rennrädern meist pro­blemlos montieren lässt und das Volumen für eine Mehrtagesreise reicht. Erfahrene Spe­zialisten (Revelate, Restrap, Apidura) treten gegen große Zubehörmarken wie Birzman, Lezyne oder Topeak an. Gespannt waren wir auch auf die neuen Taschen des mittelfränkischen ­Herstellers Ortlieb und auf die Hamburger Manufaktur Burgfyr. Das minimalistische Set von Evoc fällt etwas aus dem Rahmen, wir fanden es aber wegen der innovativen Befestigung interessant.

Kleiderschrank

Den schwierigsten Job im Ensemble hat die Satteltasche. Bis zu 17 Liter Volumen können die komplette Ersatzkleidung und je nach Größe leichte Zivilmontur inklu­sive Ausgehschuhe aufnehmen – das geschnürte Paket bringt dann bis zu zehn Kilogramm auf die Waage und muss fest an Sattelstreben und Stütze verzurrt werden, damit es im Wiegetritt nicht schwingt und sich auf ­Rüttelpisten nicht lockert. Das gelingt nicht allen Herstellern gut; bei einigen dauert es zumindest einige Zeit, bis man die Tasche wirklich fest angedockt hat. Im täg­lichen Gebrauch sparen ein leicht zu entnehmender ­Innensack oder ein Schnellverschluss Zeit und Nerven, denn so lässt sich der Inhalt schnell vom Rad nehmen beziehungsweise muss der Container nicht jedes Mal neu verzurrt werden. Das Gepäck immer zum Rad zu tragen und dort einzupacken, ist keine sinnvolle Option. Die Bikepacking-Spezialisten Restrap und Revelate setzen mit ­innovativen Schnellverschlüssen Maßstäbe, das Be- und Entladen gelingt mit einem Handgriff, und die Taschen sitzen immer bombenfest. Gut gefallen haben uns auch die Topeak-­Tasche mit komfortabel passendem Innen­sack und die Evoc mit Boa-Verschluss, sie ist relativ schnell montiert und hält perfekt, fällt allerdings extrem klein aus. Fest verzurren lassen sich auch die Taschen von Apidura und Ortlieb, allerdings verfügen sie über keinen Innensack. Wichtig ist unserer Meinung nach ein Kompressionsventil, damit man überschüssige Luft aus der Tasche drücken und das Volumen des Inhalts verringern kann. Gut sind Halterungen für ein Rücklicht, Reflexstreifen und ein Gummiband auf der Oberseite, um beispielsweise Schuhe außerhalb der Tasche unterbringen zu können oder Weste bzw. Regenjacke, die man schnell greifbar haben möchte.

Das Material der Taschen von Birzman und Lezyne ist nicht für einen Regentag gewappnet. Die meisten anderen Taschen halten auch stärkere Schauer gut ab; mit Apidura, Ortlieb und Revelate kann man sogar einen ganzen Regentag durchfahren, ohne am Abend nasse Klamotten aus der Tasche zu ziehen. Die Rollverschlüsse sind spritzwasser­dicht, solange die Taschen nicht bis zum letzten Zentimeter vollgestopft werden und man den Verschluss tatsächlich noch rollen kann – von den Herstellerangaben sollte man daher ein bis zwei Liter Inhalt abziehen.

Werkzeugkasten

Die lange Rahmentasche ist fürs Rennrad günstig, weil noch zwei Trinkflaschen da­runterpassen. Sie kann eine Plane oder ein schlankes Zelt aufnehmen, wenn ihre Öffnung groß genug ist. Die Position eignet sich ansonsten gut fürs Verstauen schwerer Dinge: Werkzeug, Pumpe, Ersatzteile, Akkus. Wichtig ist, dass die Tasche zur Rahmen­größe passt, dann lässt sie sich gut verspannen und schaukelt nicht. Die Modelle von Birzman und Lezyne gibt es nur in einer Größe, beide fallen kurz aus und schon ab Rahmengröße M sind die Riemen zu kurz; die Taschen von Evoc und Ortlieb wiederum sind für kleinere Rahmen zu lang. Passt die Größe, sitzen alle Taschen gut und können viel Gewicht tragen. Eine Schwachstelle können die Reißverschlüsse sein, ein Defekt daran ist unterwegs ­besonders ärgerlich. Sehr solide geben sich Restrap, Revelate und Ortlieb. Befinden sich am Rahmenoberrohr Zuganschläge, sind verstellbare Befestigungsriemen wichtig. Praktische Details guter Taschen sind außerdem ein Ausgang für Ladekabel, Zugang von beiden Seiten, Luftpumpenhalter und Kleinkram- oder Kartenfächer.

Safe

Weil gut erreichbar und im Blickfeld, finden in der Oberrohrtasche die wichtigen Dinge Platz. Sie sollte nicht zu klein ausfallen, denn Dokumente, Geld, Telefon, Kamera und Lichtakku konkurrieren gegebenenfalls um den knappen Raum. Ein leicht bedienbarer Verschluss und eine große Öffnung erlauben schnellen Zugriff. Wieder sticht Revelate mit einem cleveren Schnellverschluss hervor. Viel Fahrtwind kann jedoch ein paar Regentropfen unter das Verdeck blasen. Topeak integriert ein Regencover; Apidura, ­Revelate und Evoc lassen Kabel ins Freie schlüpfen.

Bettkasten

Leichtes und Weiches ist in der Tasche vor dem Lenker gut aufgehoben: Schlafsack, Iso- oder Hängematte, Handtuch. Ortlieb, Restrap und Revelate trauen wir auch schwerere Lasten zu, weil sich deren Taschen richtig fest montieren lassen. Lenker bzw. Schaltbremshebel limitieren die Breite, der Durchmesser ist deshalb für die Größe aussagekräftiger als das Volumen. Weil der seit­liche Zugang eingeschränkt ist, sind Schnellverschlüsse wichtig, ebenso wie die Möglichkeit, die Taschen und den Inhalt zu komprimieren. Vor die Lenkerrollen von Ortlieb, Revelate und Apidura lassen sich zusätzliche kleine Taschen schnallen. Bei Restrap gehört sie zum Lieferumfang, sie wird mit einem cleveren Magnet-­Schnellverschluss befestigt.

Bikepacking-Taschen Test-Ergebnisse

APIDURA Expedition

Foto: Kerstin Leicht

Bikepacking-Spezialist aus London mit großem Angebot, das Set liegt zwischen einer robusteren und einer leichten “Race”-Variante. Relativ dünnes, gummi­artiges Material, dennoch robust. Überdurchschnittlich ausgestattet sowie einfach und sicher zu ­befestigen. Das Beladen der gummierten Taschen könnte einfacher sein. ­Relativ teuer, dafür gibt’s lebenslange Garantie und Reparaturservice.

  1. Saddle Pack
  2. Frame Pack
  3. Top Tube Pack
  4. Handlebar Pack
Testergebnisse Apidura Expedition Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR
Testergebnisse Apidura Expedition Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR

>> Gesamtnote: 1,7


BIRZMAN Packman Travel

Foto: Kerstin Leicht

Preiswertes Set mit frischer Farbgebung. Das robust wirkende Gewebe lässt ­leider viel Wasser durch. ­Die Befestigungen aller ­Taschen haben Schwächen; die Riemen am Oberrohr und an der Sattelstütze sind für schlanke Rohre zu lang, die zum Verspannen der Rahmentasche zu kurz. Die große Oberrohrtasche bietet viel Volumen, hat aber wenig Halt.

Testergebnisse Birzman Bikepacking Taschen | Tabelle: TOUR
Testergebnisse Birzman Bikepacking Taschen | Tabelle: TOUR

>> Gesamtnote: 2,9

BURGFYR Bikepacking-Taschen

Foto: Kerstin Leicht

Handgemachtes Set aus Hamburg. Nachhaltiger Ansatz mit einfach austauschbaren Reißverschlüssen. Die Details sind unkonventionell, Qualität und Funktion ohne Schwächen. Die Rahmentasche wird auch auf Maß gefertigt. Leider keine Lenkerrolle erhältlich, weshalb in diesem Fall die Vorbau­tasche getestet wurde.

  1. Bug Out Bag
  2. Kubus
  3. Slotbag Roadbike Edition
  4. Postbag
Testergebnisse Burgfyr Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR
Testergebnisse Burgfyr Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR

>> Gesamtnote: 1,6

EVOC Bike Packing

Foto: Kerstin Leicht

Das Evoc-Set fällt, bis auf die Rahmentasche, extrem klein aus; für eine Mehr­tagestour eignet es sich nur bedingt. Das relativ steife Material ist wasserdicht, nur Roll- und Reißverschlüsse lassen bei starkem Regen etwas durch. Die Boa-Befestigungen an Sattel- und Lenkertasche funktionieren top. An den Klettverschlüssen bleiben Textilien beim Packen hängen.

An den Klettverschlüsse der Evoc-Taschen bleiben Textilien schnell hängenFoto: Kerstin Leicht
An den Klettverschlüsse der Evoc-Taschen bleiben Textilien schnell hängen
Testergebnisse Evoc Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR
Testergebnisse Evoc Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR

>> Gesamtnote: 1,9

LEZYNE Caddy

Foto: Kerstin Leicht

Recht preiswerte Taschen, aber nur bedingt zu empfehlen. Die Satteltasche lässt sich nur an Oversized-Stützen sinnvoll befestigen, die Lenkerrolle schwierig beladen. Die Verarbeitungsqualität ist insgesamt eher mäßig, das Material ist nicht regenfest.

Testergebnisse Lezyne Bikepacking Taschen | Tabelle: TOUR
Testergebnisse Lezyne Bikepacking Taschen | Tabelle: TOUR

>> Gesamtnote: 2,8

ORTLIEB Bikepacking

Foto: Kerstin Leicht

Das Set von Ortlieb überzeugt mit extrem solider Verarbeitung und maximalem Schutz gegen ­Nässe. Schweres Material, starke Reißverschlüsse und Beschläge teils aus Metall versprechen ein langes Leben auch bei intensiver Nutzung. Lediglich das Beladen der Taschen könnte einfacher sein.

Testergebnisse Ortlieb Bikepacking Taschen | Tabelle: TOUR
Testergebnisse Ortlieb Bikepacking Taschen | Tabelle: TOUR

>> Gesamtnote: 1,7

RESTRAP Carry Everything

Foto: Kerstin Leicht

Schickes, funktionales Set mit viel Liebe zum Detail, handgemacht in Leeds. Blitzschnell entnehmbare Säcke, tadelloser Halt auch im Gelände, umfangreiche Ausstattung und die solide Verarbeitung machen es zur Empfehlung für Enthusiasten. Highlights: der Magnetverschluss der Satteltasche und die ebenfalls magnetisch befestigte ­Dokumententasche auf der Lenkerrolle.

Testergebnisse Restrap Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR
Testergebnisse Restrap Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR

>> Gesamtnote: 1,4

RELEVATE Designs

Foto: Kerstin Leicht

High-End-Set, bis ins Detail durchdacht, äußerst robust und perfekt ver­arbeitet. Konkurrenzlos gut sind die perfekt funktionierende “Spinelock”-Sattel­halterung und der Schnellverschluss der Oberrohrtasche. Hand­made; extrem ­teuer, aber auch extrem hochwertig und innovativ. Lebens­lange Garantie und Reparaturservice.

  1. Sweetroll
  2. Mag-Tank*
  3. Tangle Frame Bag
  4. Spinelock
Testergebnisse Relevate Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR
Testergebnisse Relevate Bikepacking-Taschen | Tabelle: TOUR

>> Gesamtnote: 1,2 (TESTSIEGER)

Topeak Bikepacking-Taschen

Foto: Kerstin Leicht

Nach Lezyne das zweitgünstigste Set im Test, es bietet aber viel Funktion fürs Geld. Alle Bikepacking-Taschen lassen sich gut befestigen; die Satteltasche mit Innen­sack funktioniert selbst in der größten ­Variante gut. Das Außenmaterial ist nicht ganz wasserdicht, der Inhalt von Sattel-und Lenker­tasche bleibt dank Innen­sack bzw. Regencover auch bei starkem Regen trocken. In Schwarz oder Oliv erhältlich.

  1. Backloader
  2. Midloader
  3. Toploader
  4. Frontloader
Testergebnisse Ortlieb Bikepacking Taschen | Tabelle: TOUR
Testergebnisse Ortlieb Bikepacking Taschen | Tabelle: TOUR

>> Gesamtnote: 1,7

Fazit zu den getesteten Bikepacking-Taschen

Die besten Taschen-Sets fertigen Restrap und Revelate, auch Ortlieb und Apidura können wir für den harten Einsatz empfehlen, sie verlangen aber mehr Zeit und Aufwand bei der Anbringung. Qualität hat ihren Preis: Die empfehlenswerten vierteiligen Sets kosten zwischen 360 und 580 Euro. Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis ­bietet Topeak, die ebenso günstigen Sets von Birzman und Lezyne zeigen im regelmäßigen Einsatz doch einige Schwächen.



So testet TOUR Bikepacking-Taschen

Für die Gesamtnote der Sets haben wir die Einzelnoten der Taschen unterschiedlich stark gewichtet. Den größten Anteil hat die Sattel­tasche aufgrund der anspruchsvollsten ­Kon­struktion, sie geht mit 50 Prozent in die ­Gesamtnote ein. Rahmen- und Lenkertasche stellen je 20 Prozent, die kleine Oberrohr­tasche 10 Prozent der Endnote.

Befestigung Bikepacking-Taschen (Montage & Halt = 30 Prozent)

Alle Taschen wurden montiert, möglichst voll und schwer bepackt und auf einem Geländekurs von 20 Kilometern mit Anstiegen und Abfarten sowie einer vier Kilometer langen, sehr groben Kopfsteinpflasterstraße gefahren. Bewertet wird der Aufwand für die Erstmontage (10 Prozent) und wie gut die Tasche bei den Geländefahrten hält (20 Prozent der Teilnote). Bei den Satteltaschen und Lenkerrollen bewerten wir zudem, wie stark sie im Wiegetritt oder auf unebenem Untergrund schaukeln.

Be-/entladen (30 Prozent)

Die wichtigsten Kriterien für die Bewertung sind der schnelle Zugang zum Inhalt und ob sich die großen Taschen schnell abnehmen und wieder befestigen lassen. Abzug bekommen auch schwierig zu stopfende Packsäcke, z. B. wenn die Innenseite gummiert ist, Klettverschlüsse und Versteifungen stören oder sie sich schlecht komprimieren lassen.

Ausstattung (10 Prozent)

Belohnt werden Extras wie zusätzliche Befes­tigungsmöglichkeiten, Innentaschen, Kabel­ausgänge oder Reflexmaterial.

Verarbeitung (10 Prozent)

Bewertet die Anmutung der verwendeten Materialien, die Qualität der Riemen und Verschlüsse und saubere Verarbeitung der Nähte.

Dichtigkeit (20 Prozent)

Die Taschen wurden jeweils zehn Minuten lang starkem Spritzwasser ausgesetzt und auf Wassereintritt überprüft.