Sandra Schuberth
· 15.06.2023
Wohl am wichtigsten für die Wahl von Bikepacking-Taschen ist die Gepäckmenge. Braucht es eine große Satteltasche oder reicht auch eine kleine? Wird eine Lenkerrolle benötigt oder reicht der Platz in Rahmen- und Satteltasche? Wird zusätzlicher Stauraum etwa in Form von Gabel- oder Unterrohrtaschen benötigt?
Wer auf Zeltplätzen schlafen will, braucht in der Regel mehr Gepäck als Personen, die Hotels und Pensionen ansteuern. Ein weiterer Punkt, der das Gepäckvolumen entscheidend beeinflusst ist, wie gegessen wird. Sollen Kocher, Schüssel und Tasse mit? Dann braucht es mehr Packvolumen. Und natürlich spielt auch die Menge an Wechselkleidung eine Rolle bei der Menge an Gepäck für eine Bikepacking-Tour.
Warum spielt die Größe des Rades eine Rolle beim Kauf von Bikepacking-Taschen? Ganz einfach, nicht alle Taschen passen an kleine Räder. Es kann sein, dass zwischen Satteltasche und Hinterrad zu wenig Platz ist. Dann schleift die Tasche am Reifen. Genauso kann es bei Lenkertasche und Vorderrad sein, dass die Tasche den Reifen berührt. Und natürlich passt nicht jede Rahmentasche in ein kleines Rahmendreieck, geschweige denn zusammen mit zwei großen Trinkflaschen.
Tipps für kleine Räder gibt es ganz unten unter FAQ.
Nicht alle Taschen können an allen Rädern verwendet werden. Gabeltaschen beispielsweise benötigen meistens Anschraubpunkte an der Gabel. Immer öfter gibt es auch Anschraubpunkte auf dem Oberrohr für einen Flaschenhalter oder eine Oberrohrtasche. Die Hersteller gehen darauf ein; viele Oberrohrtaschen bieten mehrere Befestigungsoptionen. Entweder werden die Anschraubpunkte genutzt oder es werden Riemen um den Rahmen gelegt. Es gibt auch Taschen, die nur das eine oder nur das andere können.
Vor dem Taschenkauf sollten also die Gegebenheiten am Rad begutachtet und auf Kompatibilität mit den Taschen der Wahl geprüft werden.
Bevor auf die einzelnen Hersteller und Taschensets eingegangen wird, soll zunächst grundsätzlich dargestellt werden, welche Arten von Bikepacking-Taschen es gibt.
Die Satteltasche wird an drei Punkten am Rad fixiert: Sattelstütze und die beiden Sattelstreben. Entweder ist die Tasche direkt befestigt oder man montiert ein Harness, in das ein passender Packsack gesteckt werden kann.
Rahmentaschen gibt es in allen Formen und Größen - insbesondere durch Custom-Taschen. Üblich sind entweder Taschen, die das obere Drittel des Rahmendreiecks ausfüllen oder Full Frame Bags, die das komplette Rahmendreieck ausfüllen.
An den Inhalt einer Oberrohrtasche kommt man schnell auch während der Fahrt ran. Die meisten Taschen lassen sich mit einem Reißverschluss öffnen, es gibt aber auch welche mit Magnetverschluss, die den Zugriff einfacher machen
Lenkertaschen werden an drei Punkten an Lenker und Steuerrohr befestigt. Es gibt, wie bei der Satteltasche, Harness-Systeme, bei denen eine Konstruktion am Lenker bleibt, während man das in einem Packsack verpackte Gepäck schnell entnehmen kann. Andere Lenkertaschen müssen komplett abgebaut werden, um sie mit ins Hotelzimmer o. ä. nehmen zu können. Beides hat Vor- und Nachteile. Der Packsack kann zum Beispiel aus dem Harness rausrutschen. Bei der anderen Variante muss die Tasche immer wieder ans Cockpit montiert werden. Meist werden die Lenkerrollen einseitig oder beidseitig verschlossen.
Weitere Lenkertaschen sind speziell konstruierte Taschen, die unter Aerobar-Extensions montiert werden. Die gibt es zum Beispiel von Cyclite oder Restrap.
Auch gibt es kleinere Lenkertaschen mit Reißverschluss, wie hier von Cycology. Ideal für Leute, die mit weniger Gepäck unterwegs sind und für die wichtigsten Ausrüstungsteile, an die man auch mal schnell rankommen muss.
Snack Bags werden neben dem Vorbau montiert. Gern werden sie mit einem Snack-Sortiment bestückt. Sie eignen sich aber auch gut, um eine zusätzliche Trinkflasche mitzunehmen oder um eine Action Cam griffbereit hineinzustecken. Viele dieser Taschen lassen sich mit einem Kordelzug einigermaßen verschließen. Wasserdicht ist das jedoch nicht. Andere Taschen verzichten auf den Verschluss und sparen so ein paar Gramm.
Das war natürlich noch längst nicht alles, was es an Bikepacking-Taschen auf dem Markt gibt. Wer größere Gepäckmengen transportieren will oder muss, hat weitere Optionen wie etwa kleine Gabeltaschen oder Taschen, die am Unterrohr befestigt werden. Reicht das noch immer nicht, kann auch ein Gepäckträger mit den klassischen Packtaschen ähnlichen Panniers montiert werden. Hier wird deutlich, eine klare Abgrenzung zwischen Bikepacking und Radreise ist sehr individuell.
In den letzten Jahren hat sich viel getan auf dem Bikepacking-Markt, es kamen nicht nur immer neue Events hinzu, auch neue Taschen-Hersteller tauchten auf. Bestehende Hersteller haben ihr Sortiment optimiert und erweitert. Und es gibt Bikepacking-Taschen auf Maß und Farbwunsch. Hier können ganz individuelle Bedürfnisse berücksichtigt und spezielle Formen umgesetzt werden.
Apidura gibt es seit 2013. Tori Fahey und Pierre Coeffe gründeten das Unternehmen mit Sitz in Großbritannien und Frankreich aus der Not heraus, dass es damals kaum technische Produkte in diesem Bereich gab. Ziel ist es, Menschen auf der ganzen Welt den Zugang zum Bikepacking durch erschwingliche und langlebige Produkte zu ermöglichen. Die Bikepacking-Taschen werden auf den Philippinen und in China genäht.
Die Race-Serie ist ausgerichtet auf unsupported Bikepacking-Rennen und Events. Sie bietet deutlich weniger Stauraum als die Taschen der Expedition oder der Back Country-Serie.
Birzman ist wohl eher aus der Fahrradwerkstatt als aus dem Taschen-Business bekannt. Und doch hat die taiwanesische Firma neben einem umfangreichen Werkzeugsortiment auch Bikepacking-Taschen und anderes im Programm. Wir haben ein Taschen-Set getestet.
Die Firmengründer von Cyclite teilen nicht nur die Leidenschaft zum Bikepacken, sie kennen sich auch beide sehr gut mit allem rund um Taschen und Rucksäcke aus. Herausgekommen sind leichte Taschen, die in vielen Details sehr gut durchdacht sind.
Deuter ist ein bekannter Hersteller von Outdoor-Rucksäcken. Klar, dass die Firma den Bikepacking-Trend nicht an sich vorbeiziehen lässt. Die Cabezon-Serie besteht aus Satteltasche, Lenkertasche und Rahmentasche.
Die Besonderheit oder bis dato sogar ein Alleinstellungsmerkmal: BOA-Verschlüsse zur Montage der Lenkerrolle und der Satteltasche.
Die Fahrradmarke aus Oslo hat passend zu ihren Abenteuerrädern auch ein Set aus Bikepacking-Taschen entwickelt - gemeinsam mit Roswheel. Wir haben Gravelbike und Taschen-Set getestet.
Mit fO.Goods haben sich ein paar Leute aus Stuttgart das Ziel gesetzt, nachhaltige Fahrradtaschen zu produzieren. Die unkonventionellen Taschen werden genäht von Anne, Fabian, Ella und Florian. fO.Goods-Bags bietet eine Frontrolle für den Lenker, die Poporolle für die Sattelstütze und fertigt Rahmentaschen nach Maß.
2013 hat Kristin mit Gramm Tourpacking begonnen. Mittlerweile besteht das Team schon aus vier Personen: Suse, Kristin, Luisa & Lena. Die Taschen werden in Berlin-Lichtenberg genäht. Zusätzlich werden einige neue Taschenmodelle seit 2022 in Portugal handgefertigt.
Jack Wolfskin ist 2022 in den Bikepacking-Taschen-Markt eingestiegen. 2022 bestand die Kollektion aus Satteltasche, Rahmentasche, Oberrohrtasche und Lenkertasche - letztere lässt sich auch als Hip Bag nutzen. Die Bikepacking-Taschen-Kollektion 2023 unterscheidet sich komplett vom ersten Taschen-Set. Hier wird bei Sattel- und Lenkertasche auf eine Harness-Konstruktion gesetzt, das heißt ein Haltesystem für einen passenden Packsack wird ans Rad montiert. Die Drybags lassen sich schnell entnehmen und wieder in das Harness stecken. Ganz neu hinzugekommen sind die Gabeltaschen, die extra Stauraum bieten.
Ähnlich wie Birzman ist auch Lezyne eher aus dem Werkstatt-Bereich bekannt. Der Hersteller hat aber auch Bikepacking-Taschen im Sortiment.
Miss Grape sind Bikepacking-Taschen made in Italy. Bei dem Hersteller gibt es eine Adventure, eine Road und eine Commuter-Serie und ganz neu auch Custom-Taschen.
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1982 gründete Hartmut Ortlieb die ORTLIEB Sportartikel GmbH in Nürnberg. Und bis heute sind die Taschen, Rucksäcke und mehr made in Germany. Das Bikepacking-Sortiment wächst und richtet sich an Abenteuerlustige.
Die Geschichte von Restrap begann 2010, als der Restrap-Gründer Nathan, im Gästezimmer mit seiner Nähmaschine anfing, Pedal Straps zu nähen - erst für sich, dann auch für Freunde. Dabei sollte es nicht bleiben. Es kamen Bikepacking-Taschen hinzu und mittlerweile gibt es weitere spannende Accessories wie ein Harness für Hike a Bike-Passagen - also Abschnitte, auf denen man das Rad tragen muss, oder einen coffee dripper, der mit V60 Kaffee-Filtern verwendet wird.
Die Person hinter Reisefix ist Sven Schirmeister. Ähnlich wie bei vielen anderen kam es eher zufällig zur Gründung der Firma Reisefix. Einmal auf den Geschmack langer Radtouren gekommen, wollte er sich Bikepacking-Taschen selber nähen, die ihm auch optisch zusagten. Gesagt, getan: Stoff bestellt, die alte Nähmaschine abgestaubt und das erste Taschen-Set genäht. Natürlich wollten Freunde und Bekannte nach der Tour auch solche Taschen. So kam dann eines zum anderen.
Relevate Designs ist definitiv ein Pionier in Sachen Bikepacking-Taschen. 2007 hat Eric Parsons seinen Job gekündigt und die Blog-basierte Website Epic Designs veröffentlicht. Hier gab es die ersten Taschen. Die Kundschaft bestand überwiegend aus Menschen aus der Gegend, die Rahmentaschen für Ultrarennen im Winter brauchten. Schritt für Schritt entstanden weitere Taschen. Aus Epic Designs wurde im Februar 2010 Relevate Designs und die Marke etablierte sich international.
Specialized und Fyäll Räven haben sich zusammengetan, um ein Rundumpaket für kleine und große Abenteuer zu schnüren. Dabei sind auch Bikepacking-Taschen entstanden. Im Vergleich sind die Taschen eher schwer, sie sind für Abenteuer-Touren und nicht für Rennen konzipiert. Das Erleben und Entdecken der Natur steht ganz klar im Fokus.
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Tailfin geht neue Wege. Eine leichte Gepäckträger-Konstruktion und eine Rolltop-Tasche für schnellen Zugriff und einfaches Packen sind Produkte, die wohl für Aufsehen und Skepsis sorgen dürften. Aber das hat die mittlerweile klassische Bikepacking-Satteltasche ja auch mal.
In wie vielen Haushalten steht wohl die Fahrradpumpe JoeBlow? Sicher in einigen. Neben dem umfangreichen Werkstatt-Sortiment für zu Hause und unterwegs hat Topeak aber noch mehr zu bieten. Zum Beispiel Bikepacking-Taschen.
Tijmen Kervers hat mit Bikepacking-Taschen für Freundinnen und Freunde angefangen. 2021 wurde schließlich das Unternehmen Wit Slingers gegründet. Alle Taschen werden im Atelier in Leipzig handgefertigt. Und da es sich um ein Einpersonenunternehmen handelt, Tijmen aber keine endlosen Wartezeiten aufbauen mag, wird der Online-Shop immer am ersten eines jeden Monats geöffnet und wieder geschlossen, sobald alle Kapazitäten für den Monat aufgebraucht sind.
Die Taschen sollten nicht zu hoch bauen, damit ausreichend Platz zwischen Reifen und Tasche ist. Bei vielen Herstellern ist ein Mindestabstand angegeben, der zwischen Sattelgestell und Reifen liegen sein sollte.
Besonders schwierig bei kleinen Rädern ist die Rahmentasche. Viele Taschen sind erstens zu lang und zweitens kommen sie den Trinkflaschen in die Quere. Einige Hersteller haben kleinere Rahmentaschen im Angebot, aber auch das funktioniert nicht immer. Eine andere Möglichkeit ist eine maßgefertigte Tasche, die den Platz über den Trinkflaschen möglichst gut ausnutzt. Auch eine zweigeteilte Rahmentasche in Kombination mit einer Trinkblase bietet sich an. Für die Autorin dieses Artikels hat sich die 1,5 Liter Apidura Hydration Bladder in Kombination mit einem Evoc-Trinkschlauch bewährt.
Mögliche kleine Rahmentaschen gibt es unter anderem bei:
Tipp: Ein ausgestellter Lenker - ein Lenker mit Flare - lässt mehr Platz für eine Tasche. Zusätzlich bietet die Griffposition an den breiteren Lenkerenden mehr Kontrolle auf dem Gravelbike. Das macht sich auf ruppigen Abfahrten positiv bemerkbar.
Einige Harness-Systeme funktionieren nicht gut bei kleinen Rädern bzw. schmalen Lenkern. Grund dafür ist, dass die Tasche mit Riemen im Harness gehalten wird und die Tasche schmal gepackt werden muss, um zwischen die Lenkerenden eines schmalen Dropbar-Lenkers zu passen. Dann kann es passieren, dass die Riemen, die die Tasche bzw. den Drybag halten, zu weit auseinanderliegen oder nach außen rutschen und die Tasche in der Mitte herauspurzelt.
Satteltaschen müssen gut gepackt werden. Schwerere Gegenstände kommen nach unten also in die Nähe der Sattelstütze, leichteres Equipment weiter nach oben. Besonders wichtig ist, dass alles gut in die Tasche gestopft wird, so sitzt alles fest und nichts kann sich bewegen. Das Stopfen und Komprimieren verhindert zudem, dass die Tasche abknickt oder dass ein Packsack aus dem Harness rutscht.
Wenn die Satteltasche schwingt, schau nach, ob die Riemen fest angezogen sind. Wenn das nicht der Fall ist, zieh sie fest. Hilft das nichts, überprüfe, ob der Tascheninhalt komprimiert ist, wenn nicht, stopfe nach. Wenn das auch nicht hilft, versuche, die Tasche kleiner zu packen und schweres Equipment weiter unten in der Tasche zu platzieren.