Sven Bremer
· 04.02.2023
Der Norden Marokkos fasziniert mit arabischen Altstädten und Märkten – und mit Landschaften, die grüner und weniger wüstenhaft sind, als manch einer denkt. So fremdartig Land und Leute dem Mitteleuropäer erscheinen: In Marokko sind Rennradler die Exoten – aber gern gesehen.
Gerade noch hat der prächtige Hahn aus vollem Hals gekräht, Sekunden später, zack, fährt ein Beil hernieder. Es war sein letztes “Kikeriki”, kopflos wandert er von der Hand des Händlers in die Plastiktasche des Kunden. In den Souks der Medina von Tétouan, also den Marktgassen der Altstadt, wird fast alles verkauft, vom lebendigen und toten Federvieh über exotische Früchte bis hin zu Computern, bunten Kleidern, gebrauchten Armaturen und ganzen Waschbecken.
Es riecht nach Gegrilltem, nach Gewürzen, streng nach Fisch und bisweilen nach Müll. In der Enge drängen sich die Menschen, als hätte es Covid nie gegeben. Und über all dem Stimmengewirr und Gewusel erhebt sich die monotone Stimme des Muezzins zum Gebet.
“Das ist wirklich eine andere Welt, als die, die du kennst”, hatte mir mein Guide Hamid noch mit auf den Weg gegeben. Die Medina mit den Souks, faszinierend und fremd, frisst mich geradezu auf. Als ich wieder vor dem Bab Okla stehe, dem Tor zur historischen Altstadt Tétouans, muss ich erst einmal tief durchatmen. Die vergangenen zwei Stunden waren fast genauso anstrengend wie die vier bis fünf Stunden im Sattel am Tag zuvor.
Denn genau dafür bin ich in den Norden Marokkos gereist: zum Rennradfahren – inspiriert durch eine Trekkingbike-Tour quer durchs Land vor ein paar Jahren. Damals rollte ich mit Freunden im März durch blühende Landschaften. Aber spätestens Mitte Juni lässt die Hitze im Landesinneren mit Temperaturen jenseits der 40 Grad auch im Norden alles verdorren. Geplant war meine Rennradreise eigentlich fürs Frühjahr 2020, ehe die Pandemie die Welt veränderte. Erst im Herbst 2022 darf ich fahren, und ich bin wenig überrascht, dass sich das Grün in Braun verwandelt hat.
Als ersten Standort habe ich das legendäre Tanger gewählt, das einst Spione und Ganoven, aber auch Künstler aus aller Welt magisch anzog – der nordwestlichste Punkt des afrikanischen Kontinents, an dem sich Mittelmeer und Atlantik treffen. Die westlich geprägte Stadt ist ein eher sanfter Einstieg in die arabische Welt. Mein zweiter Standort soll Chefchaouen sein, eine der schönsten Städte Marokkos, hundert Kilometer südöstlich im westlichen Teil des Rif-Gebirges gelegen.
Doch selbst im modernen Tanger fährt man auf dem Rennrad wie ein Alien durch die Gegend. “Das kenne sogar ich als Marokkaner, die Leute kommen aus dem Staunen nicht heraus”, erzählt mir Jaouad Kanjaa von der Association Cyclisme de Tanger. “Der Radsport spielt so gar keine Rolle bei uns”, sagt er und schaut drein, als hätte ihm jemand die Luft aus den Reifen gelassen und obendrein den Rahmen zerkratzt.
Die Frage nach dem Warum ist nicht schwer zu beantworten: Es fehlt das Geld. Die Jungs aus Tanger, Jaouad und seine Freunde Hicham und Jamal, sind Hobbyradsportler. Jaouad erzählt stolz, dass sein Rennrad 5000 Dirham gekostet hat, umgerechnet 500 Euro. Ich halte es für schlauer, ihnen nicht zu erzählen, dass die Neupreise für Rennmaschinen in Deutschland oft das Zehnfache betragen.
Auf jeden Fall freuen sie sich, dass meine erste geplante Runde quasi identisch ist mit ihrer Hausrunde. Ein paar Tipps noch, wo ich unterwegs den besten Tee bekomme, und schon starte ich in Tanger, rolle vorbei an über den Strand galoppierenden Kamelen und gebe, ehe es ins Landesinnere geht, richtig Gas auf einer autobahnbreiten, menschenleeren Straße am Atlantik.
Nur ein paar Pedalumdrehungen später tauche ich ein in ein ländliches Marokko, in dem die Menschen überwiegend von der Landwirtschaft leben oder Selbstversorger sind – wer eine Kuh oder ein paar Ziegen sein Eigen nennt, ist gut dran. Berberfrauen mit bunt verzierten Strohhüten ziehen mit ihren Tieren durch die Hügel, gehen kilometerweit, um Wasser aus einem der wenigen Brunnen zu holen. Die Kinder laufen oft genauso weit zur Schule und zurück – wenn es ein Elterntaxi gibt, dann auf dem Esel.
Hinter einer Kurve stoße ich fast mit einem zusammen. Auf dem vollbepackten Lastentier, das gemächlich über die Straße trottet, hockt ein traditionell gewandetes Mädchen; es ist in sein Smartphone versunken. Die meisten Menschen hier müssten wohl jahrelang arbeiten, um sich ein Rennrad leisten zu können, ein Handy scheint inzwischen aber fast jeder zu besitzen. Und darin ist Marokko dem reichen Deutschland weit voraus: Das Mobilfunknetz funktioniert selbst in den abgelegensten Regionen bestens.
Ansonsten ist Marokko ein unfertiges Land. Sichtbar wird das rund um Tanger an Tausenden von Bauruinen, groß geplant und nicht fertiggestellt. Das Land macht sich seit 1999 unter der Herrschaft von König Mohammed VI. auf den Weg in die Moderne – und produziert dabei krasse Gegensätze. Auffällig ist die allgegenwärtige Polizei. Auf dem Rennrad lassen sie mich in Ruhe, ansonsten wird reichlich kontrolliert. Sinnvoll wäre vor allem eine Art Umweltpolizei. Alles wird einfach in die Landschaft gekippt, selbst inmitten der Dörfer türmt sich Plastikmüll.
Es ist still auf dem Land, einsam. Als ich nach zweieinhalb Stunden im Sattel im Marktflecken Anjra etwas essen möchte, ist die Auswahl nicht groß. Es gibt Fleisch oder Fleisch: Hähnchen oder Lammgehacktes vom Holzkohlegrill. Salat war anscheinend gerade aus, zum Fleisch reicht man Brot und den obligatorischen köstlichen Tee mit viel frischer Minze und noch mehr Zucker.
Als ich wieder aufbreche, ist gerade Schulschluss. Die Mädchen beachten mich nicht, die Jungs blicken anerkennend herüber, einige strecken den Daumen in die Luft. Jaouad und seine Freunde hatten es versprochen: “Die Leute werden dich feiern.” Immer wieder staune ich über die Begegnungen unterwegs, die von großer Freundlichkeit geprägt sind. Ich bekomme eine Tüte mit Kaktusfeigen geschenkt, werde zum Tee eingeladen.
Unweit von Chefchaouen treffe ich einen jungen Mann auf einem ziemlich schrottigen Mountainbike, es ist die erste Begegnung mit einem Fahrradfahrer auf der Landstraße nach drei Tagen. Ich grüße, er grüßt freundlich zurück. Als ich ihm auf dem Rückweg erneut begegne, lächelt er und legt die Hand aufs Herz. Bisweilen sind die Begegnungen aber auch skurril. Vor einem Café unweit von Chefchaouen fragt mich ein Mann allen Ernstes, ob ich ihm mein Rennrad schenke – und scheint es nicht zu verstehen, als ich höflich ablehne.
Chefchaouen ist eine Perle, die Medina der Kleinstadt schön wie aus dem Märchenbuch. Viele Häuser sind blau getüncht, die Farbe soll, so sagen die Einheimischen, gegen den “bösen Blick” helfen. Andere erzählen, das Blau würde Nähe zum Himmel und so zu Gott schaffen, Pragmatiker hingegen behaupten, es kühle die Stadt. Chefchaouen bedeutet in der Berbersprache in etwa “zwei Hörner”.
Gemeint sind damit die beiden Zweitausender Djebel Kalaa und Djebel Meggou, die die Stadt überragen. Auch wenn über sie keine Straße führt, sind Touren hier deutlich härter als in der Region Tanger. Die Anstiege durch die Hügel und Berge summieren sich auf einer 100-Kilometer-Runde schnell auf 2000 Höhenmeter.
Das Größte überhaupt? Wenn irgendwann mal ein Marokkaner an der Tour de France teilnehmen würde. (Youssef Abou Ali)
Keuchend wuchte ich mich auf der Tour nach Süden einen Hügel nach dem anderen bergauf. Oliven markieren als grüne Tupfer die braunen Hänge unterhalb der kargen Gipfel. Irgendwann kommen grüne Felder hinzu. Von Weitem ist nicht zu erkennen, worum es sich handelt, bis mir dieser eigenartige, süßlich-schwere Duft in die Nase steigt: Es sind Cannabis-Plantagen.
Schätzungen zufolge, lese ich später, lebt eine halbe Million Marokkaner vom Anbau des “Kif”, wie der Hanf hier heißt, der in Marokko 2022 für medizinische und kosmetische Zwecke legalisiert wurde. Hatten die Landwirte bis dahin auf dem Schwarzmarkt nur einen Bruchteil vom Preis des Endprodukts erhalten, so sollen sie jetzt durch das Gesetz deutlich bessergestellt sein. Welche Mengen Marokko weiterhin auf illegalen Wegen verlassen, bleibt allerdings im Dunkeln.
Auch auf einer anderen Tour von Chefchaouen aus, zum Küstenort Oued Laou, weht mir ein Duft in die Nase. Lange bevor ich die Mittelmeerküste erreiche, bilde ich mir ein, das Meer schon riechen zu können. Die Strecke führt aber zuerst durch die wilde und wunderschöne Landschaft des Parc National de Talassemtane mit tiefen Schluchten, Zedern- und Korkeichenwäldern. Bei Oued Laou ist die Landschaft sogar im Spätsommer noch grün. Und siehe da: An der flachen Küste fahren die Marokkaner sogar Fahrrad, Jungs und Mädchen zur Schule, Männer auf dem Weg zum Markt, vollbeladen mit lebendigem Federvieh.
Als ich nach einigen Tagen wieder nach Tanger zurückkehre, treffe ich Youssef Abou Ali. Den Traum, irgendwann einmal als Profi in Europa zu fahren, hatte der marokkanische Vizemeister im Einzelzeitfahren aber nie. “Nein, alles ist gut hier”, sagt er lächelnd – und schiebt hinterher: “Solange ich mein Ding mache.” Mit dem Königlich Marokkanischen Radsportverband sei es allerdings so eine Sache; selbst dort fehle das Geld. “Wenn ich beispielsweise an der Tour du Ruanda teilnehmen wollte, zahlt der Verband mir sieben Euro Spesen am Tag; das muss ich nicht haben”, erklärt Youssef.
Marokko hat sich bereits fünfmal vergeblich für die Ausrichtung der Fußball-WM beworben und 2019 erstmals für die Straßen-WM 2025 im Radsport. Auch daraus ist nicht geworden – das deutlich mehr radsportbegeisterte Ruanda erhielt den Zuschlag. “Das ist echt schade”, sagt Youssef, “aber, na ja, Radsport in Marokko ...” Er muss den Satz gar nicht zu Ende bringen, seine Miene sagt alles. Aber sogleich strahlt er wieder und sagt: “Aber weißt du, was das Größte überhaupt wäre? Wenn irgendwann einmal ein marokkanischer Rennfahrer an der Tour de France teilnehmen würde.”
Die Straßenverhältnisse in Marokkos Norden sind besser, als die meisten vermuten dürften. Gleichwohl findet man beim Rennradfahren in Nordafrika keine Verhältnisse wie im Allgäu oder an der Ostsee vor. Ein Gravelbike ist eine gute Idee, aber kein Muss. Mit einem Rennrad mit 25er- oder gar 28er-Reifen – und einem Bar Luftdruck weniger als üblich – kommt man sehr gut klar.
Die Nationalstraßen im Landesinneren sind meistens gut asphaltiert, der Verkehr hält sich in Grenzen. Auf den kleinen Provinzstraßen muss man bisweilen mit Schlaglöchern und ruppigem Belag rechnen, mit Tieren auf der Straße sowieso. Höher als auf 600 Meter muss man nicht klettern, aber fast alle Routen sind mit giftigen Anstiegen gespickt, die in Summe richtig wehtun können. Von 1,5 Meter Abstand zu Radfahrern hat kaum ein marokkanischer Autofahrer je gehört, dennoch nehmen die meisten Rücksicht.
Marokko, offiziell Königreich Marokko, liegt im Nordwesten Afrikas an der Straße von Gibraltar. Als westlichstes der fünf Maghreb- länder grenzt es im Norden an das Mittelmeer, im Westen an den Atlantischen Ozean und im Osten an Algerien. Das Land hat 34 Millionen Einwohner, größte Stadt ist Casablanca (3,4 Millionen Einwohner), Hauptstadt Rabat. Nach Jahrzehnten als Kolonie Frankreichs – der Norden stand unter spanischem Protektorat – ist das Land seit 1956 unabhängig. Staatsoberhaupt der fast ausschließlich muslimischen Bevölkerung ist seit 1999 König Mohammed VI.
Die Millionenmetropole Tanger an der Straße von Gibraltar ist der nordwestlichste Punkt des afrikanischen Kontinents und einer unserer zwei Standorte. Chefchaouen, unser zweiter Tourenstandort, liegt im nordwestlichen Teil des Rif-Gebirges, rund 100 Kilometer südöstlich von Tanger. Die 40.000-Einwohner-Stadt liegt auf einer Höhe von rund 600 Metern und wird von den Gipfeln des Djebel Kalaa (2050 Meter) und des Djebel Meggou (2123 Meter) flankiert. Chefchaouen wird auch die “Blaue Stadt” genannt, weil die meisten Häuser der Altstadt (Medina) in verschiedenen Blautönen gestrichen sind.
Zwischen den Meeren
113 Kilometer | 1200 Höhenmeter max. 14 % Steigung
Man braucht kaum eine Viertelstunde, um die Hektik der Millionenstadt Tanger hinter sich zu lassen. Die Straße führt auf einen Hügel, vorbei an einem der zahlreichen Paläste des Königs, bis zu dem Punkt, wo Mittelmeer und Atlantik sich vereinen. Schön ist es im weiteren Küstenverlauf nicht immer; mal versperren Mauern des Militärs den Blick aufs Meer, mal die der Urlaubsresidenzen diverser Scheichs. Im Landesinneren passiert man auf der Hausrunde der Association de Cyclisme de Tanger zunächst eher unspektakuläres Weideland, dann führt der Weg entlang eines Stausees und schließlich durch eine abwechslungsreiche Hügellandschaft zurück in Richtung Tanger; die letzten Kilometer leider auf recht großen Einfallstraßen.
Windige Runde
84 Kilometer | 1450 Höhenmeter max. 16 % Steigung
Nach einem Transfer in den Küstenort Ksar Sghir geht es zunächst wieder westwärts am Mittelmeer entlang, ehe eine Straße in die Hügel führt, durch karges Bauernland und vorbei an armseligen Dörfern. Nach der Unterquerung der Autobahn wartet ein giftiger Anstieg, ehe man unterhalb der zahlreichen Windräder auf dem Bergkamm in Richtung Anjra weiterfährt. Die Windenergieanlagen ergeben dort Sinn, nicht selten bläst der Wind in der Region Tanger mit 5 bis 6 Windstärken. Vorbei am Erraouz-Stausee muss man noch ein paar Kilometer klettern, ehe man auf der wunderbar ausgebauten P 4701 rund 300 Höhenmeter in Richtung Mittelmeer abfahren darf.
Canyons und Meer
109 Kilometer | 2000 Höhenmeter max. 15 % Steigung
Eine Strecke hin- und wieder zurückzufahren, ist meist eine Notlösung aus Mangel anderer Optionen; letztendlich ist es auch bei dieser Tour zwischen Chefchaouen und Dar Akoubaa so. Aber der restliche Weg durch den Nationalpark Talassemtane ist landschaftlich so grandios, dass man ihn auch zehnmal hin- und herfahren könnte – wenn man die Beine dafür hätte. Es geht durch eine wilde und raue Bergkulisse, eine Schlucht und eine sogar im Sommer grüne Ebene in der Nähe des Mittelmeers. In Oued Laou gibt es angeblich die besten Sardinen Marokkos und geniale Fisch-Tajines. Etwas Mäßigung ist allerdings angesagt, denn auf dem Rückweg nach Chefchaouen warten ein paar eklige Rampen.
115,4 Ziel
Chefchaouen, Place Debnat Elmakhze
Oliven- und Marihuana-Plantagen
113 Kilometer | 2100 Höhenmeter max. 12 % Steigung
Von Chefchaouen bergab nach Südwesten und auf der N 2 Richtung Al Hoceima. Die Straße steigt moderat bis Bab Taza, ehe man sich ab dort weiter am Hang entlanghangelt, mit bester Fernsicht über ein weites Tal mit Oliven, Marihuana-Plantagen und einigen abgelegenen Dörfern. Nach 40 Kilometern biegt man ab auf ein Sträßchen, das sich im steten Auf und Ab windet. Bisweilen rollt es ganz gut, hin und wieder ist der Belag aber ruppig schlecht; insbesondere bei den Abfahrten muss man sich konzentrieren. Nach rund 60 Kilometern geht es weiter auf einer Art Landstraße, ehe man in Bab Taza wieder auf die wenig befahrene Nationalstraße trifft. Nach einer rund zehn Kilometer langen Abfahrt wartet der ungefähr ebenso lange Schlussanstieg nach Chefchaouen.
Für die Einreise nach Marokko benötigt man einen Reisepass, der bei Einreise noch sechs Monate gültig sein muss.
Außerdem muss man vor der Reise ein Gesundheitsformular (Fiche Sanitaire du Passager) ausfüllen. Die aktuellen Corona-Bestimmungen findet man auf der Homepage des marokkanischen Fremdenverkehrsamtes.
Flüge von Deutschland nach Tanger landen fast immer in Madrid oder Barcelona zwischen (Iberia oder Vueling). Hin- und Rückflug kosten ab 200 Euro, der Transport des Fahrrads ist mit 50 Euro pro Strecke vergleichsweise günstig. Das Rennrad muss in einem Koffer oder Karton verpackt sein.
Bei einem der international agierenden Anbieter wie Hertz oder Europcar bekommt man für eine Woche beispielsweise einen Dacia Dokker für rund 200 Euro zum Basistarif. Für Marokko reicht offiziell der deutsche Führerschein, bisweilen verlangen Mietwagenfirmen vor Ort dennoch den internationalen Führerschein – deshalb vorher beim Verleiher fragen!
Die Anreise führt über Algeciras in Andalusien und ab dort mit der Fähre nach Nordafrika, entweder in die spanische Exklave Ceuta oder nach Tanger. Bis Algeciras sind es von Frankfurt am Main rund 2500 Kilometer. Hin- und Rückfahrt für die Fähren kosten für zwei Personen im Pkw ab 150 Euro. Die Überfahrt dauert jeweils rund eine Stunde; der Fährhafen Tanger-Med liegt 40 Kilometer nordöstlich der Stadt.
Tanger gilt als Marokkos kühlste Stadt: 22,5 Grad misst man im Jahresdurchschnitt, im Sommer wird es selten über 32 Grad heiß. Das Klima an unserem zweiten Standort Chefchaouen ist im Sommer heiß und trocken, im Winter mild. Die meisten Niederschläge fallen von November bis März.
Beste Reisezeit ist März bis Mai, wenn alles ergrünt, sowie September und Oktober. Tipp: Nicht während des Fastenmonats Ramadan reisen; vom 23. März bis 21. April 2023 sind außerhalb der Touristenorte fast alle Restaurants zu.
Hotel Farah, Telefon 00212/(0)5393/43550
Das Fünf-Sterne-Hotel liegt rund sieben Kilometer westlich der Stadt am Meer in der Zone Touristique Ghandouri (Taxipreis in die City: rund zwei Euro). Wer ein Bier nach der Tour mag oder Wein zum Essen, hat keine andere Wahl, denn nur in den Nobelhotels wird Alkohol ausgeschenkt. Doppelzimmer mit Frühstück ab 120 Euro. Günstigere Alternative: das in der Stadt unterhalb der Medina gelegene Hotel Continental.
Riad Hicham, Telefon 00212/(0)5398/82125
Direkt in der Medina gelegen. Abends wird es deutlich ruhiger. Das Haus mit seinen Innenhöfen und Terrassen ist hübsch, die Zimmer sind groß, aber mit wenig Geschmack eingerichtet. Doppelzimmer mit Frühstück ab 80 Euro.
Das Nationalgericht Tajine, ein traditioneller Eintopf, wird in einem Tontopf mit konisch zulaufendem Deckel langsam gegart, vegetarisch serviert, mit Gemüse und Fleisch oder mit Fisch. Restaurants tischen häufig auch Couscous auf, zudem Harira, eine Suppe mit Fleisch, Kichererbsen, Linsen, Tomaten und verschiedenen Gewürzen. Das alles gilt für Städte und Touristenorte, auf dem Land ist die Auswahl an Essen eher dürftig und sehr fleischlastig, sie beschränkt sich auf Hackfleischbällchen (Köfte) und Fleischspieße aus Lamm und Hühnchen.
Ersteres wird immer frisch zubereitet; es kann allerdings sein, dass der Wirt dazu die Füße der Lämmer und ähnliches mit durch den Fleischwolf dreht … Dazu serviert man meistens einen einfachen Salat. Sehr lecker für unterwegs sind marokkanische Kekse und Kuchenteilchen. Zu trinken gibt es überall den typischen starken grünen Tee Marokkos, mit frischer Minze und sehr viel Zucker. Alkohol bekommt man ausschließlich in den Luxushotels in Tanger und im Supermarché Marrakech in der Rue Nouvelle unweit des Boulevard Mohamed V.
Restaurant Miramare, Telefon 00212/(0)665060791
Direkt an der Strandpromenade gelegen. Ein Gedicht: gegrillte Sardinen sowie Fisch-Tajine mit Schwertfisch.
Staatliches Marokkanisches Fremdenverkehrsamt, Telefon 0211/370551
Die Medina von Chefchaouen ist ein Gesamtkunstwerk und eine der schönsten Marokkos. Einfach treiben lassen durch die Altstadtgassen, wo die meisten Häuser in Blau gestrichen sind. In der Medina von Chefchaouen geht es gesittet zu, man ist inzwischen auf Touristen eingestellt. Rau und pur ist die von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgezeichnete Medina im 65 Kilometer nördlich von Chefchaouen gelegenen Tétouan. Und auch in Tanger lohnt ein Spaziergang von der Kasbah (Festung) hinunter durch die Gassen der Medina bis zum Meer.
Mohamed Said Bike , Avenida Aicha Moussafer, Telefon 00212/(0)698179220
Erstaunlich gut sortierter Fahrradladen.
Morocco Bike Tours, Telefon 00212/(0)524447019
Der Radreiseveranstalter bietet ab 2023 eine sechstägige Rennrad-Tour von Tanger bis Nador entlang der Mittelmeerküste an, samt Unterkunft und Vollverpflegung sowie Begleitung durch einen englisch- und französischsprachigen Guide. Die Reise soll rund 500 Euro kosten; wer vom Veranstalter ein Rennrad leihen will, zahlt dafür je nach Modell 100 bis 150 Euro.
Für Radtouren geeignete Marokko-Karten bekommt man weder in Deutschland (der Maßstab ist viel zu klein) noch in Marokko. Am besten hilft Google-Maps: Wenn man die nur auf Arabisch verzeichneten Orte anklickt, ploppen die Namen in lateinischer Schrift auf.
Für einen Euro bekommt man knapp 11 Dirham (November 2022); gewechselt wird auch am Bankautomaten. Mit Karte kann man selten zahlen, auch nicht in Tanger.
Das Netz funktioniert selbst in abgelegenen Bergregionen. Wegen der hohen Roaming-Gebühren (1,99 pro Minute) raten wir zu einer marokkanischen SIM-Karte (z. B. Maroc Telecom) – zu kaufen an fast jedem Kiosk. Internet für eine Woche plus Telefonguthaben für zweieinhalb Stunden kosten 6 bis 8 Euro.
In Tanger sprechen viele Französisch, auf dem Land kommt man nur mit Arabisch oder “Händen und Füßen” weiter. In Chefchaouen wird vielfach auch Spanisch gesprochen.
Tanger und Chefchaouen gelten als verhältnismäßig sicher. Die Rauschgift-Kriminalität rund um Tanger und Chefchaouen ist nicht mit der im östlichen Rif-Gebirge zu vergleichen. Dennoch wird einem auch in Chefchaouen Haschisch angeboten. Finger weg! “Kif”, wie Haschisch in Marokko heißt, ist zwar allgegenwärtig, dennoch kann der Besitz von Drogen in Marokko zu mehrjährigen Freiheitsstrafen führen.