Julian Schultz
· 22.09.2023
Erst im Frühjahr 2023 hatte Pinarello mit der X-Serie eine neue, langstreckentaugliche Modellreihe präsentiert. Die Plattform löste das Paris als Marathonrad im Sortiment der Traditionsmarke ab. Dank entspannter Rahmengeometrie, großer Reifenfreiheit und flexibler Sitzstreben versprachen die Italiener “kompromisslosen Komfort”. Mit dem Dogma X geht der Hersteller aus Treviso nun eine Stufe weiter.
Speziell geformte Sitzstreben, die an zwei Stellen mit dem Sitzrohr verbunden und miteinander verknüpft sind, sollen Vibrationen noch besser dämpfen. Gepaart mit einer exklusiven Carbonqualität des japanischen Spezialisten Toray (T1100 1K) und etwas größerer Reifenfreiheit von 35 statt 32 Millimetern stehe die Neuheit damit für “höchsten Komfort”.
Der Rahmen bringt laut Herstellerangabe 950 Gramm (Größe 53) auf die Waage, die Gabel soll 400 Gramm wiegen. Komplettradgewichte nannte Pinarello bislang nicht. Zum Vergleich: Die kürzlich vorgestellten Marathonmodelle von Canyon, Giant und Specialized wiegen in der Top-Ausstattung knapp über sieben Kilogramm. Die Rahmen des Defy Advanced SL und S-Works Roubaix sind in mittlerer Rahmengröße um bis zu 165 Gramm leichter.
Im Vergleich zur X-Serie bringt der Rahmen den Fahrer in eine sportlichere Position, da das Steuerrohr knapp zwei Zentimeter kürzer ist. Zudem verbaut Pinarello bei allen Ausstattungsvarianten des Dogma X eine aerodynamisch optimierte Lenker-Vorbau-Kombi. Im Vergleich zu einer Variante mit externen Leitungen soll diese einen Vorteil von fünf Watt bringen. Die Systemintegration erhöht allerdings auch den Wartungsaufwand.
Bei den neuen Varianten der X-Serie, dessen Modellnamen X9, X7 und X5 an die SUVs eines bayerischen Automobilhersteller erinnern, setzen die Italiener ebenfalls auf die neue Federtechnik. Jedoch sind die Sitzstreben nicht gegenseitig abgestützt und die Carbonqualität (T900 und T700) nicht ganz aus dem obersten Regal. Der 960 bzw. 990 Gramm schwere Rahmen wird damit zwar weniger Flex bieten, jedoch könnten die ab Werk montierten 35-Millimeter-Pneus diesen Nachteil kompensieren - und das Pinarello im Stile eines Allroad-Bikes für Schotterpisten wappnen.
Zum Konzept eines vielseitigen und langstreckentauglichen Alleskönners passt die Komfortgeometrie des Rahmens, der wie das Dogma X den asymmetrischen Hinterbau vom Wettkampfrad Dogma F übernimmt. Mit 1,58 fällt der STR-Quotient deutlich größer als beim Dogma X aus. Nur wenige Endurance- bzw. Allroad-Modelle bieten aktuell eine derart aufrechte Sitzposition. Auf Anschraubpunkte für Schutzbleche oder Oberrohrtasche muss man sowohl bei den X-Versionen als auch dem Dogma X verzichten.
Pinarello bietet das Dogma X in sechs, hochwertigen Ausstattungsvarianten an. Funkschaltungen von Campagnolo (Super Record WRL), Shimano (Dura-Ace Di2 Powermeter, Dura-Ace Di2) oder SRAM (Red AXS) werden mit Carbon-Laufradsätzen von Campagnolo, DT Swiss oder Princeton kombiniert. Für noch mehr Exklusivität lässt sich das Endurance-Rad im Konfigurator (MyWay) individuell lackieren.
Man ahnt es bereits: Die Neuheit, in elf Größen (!) und vier Farbversionen erhältlich, ist ein exorbitant teures Vergnügen. Keines der Modelle ist für unter 15.000 Euro (!) erhältlich, was es aktuell zum teuersten Marathonrad der Welt macht. Durch Preise bis 16.350 Euro wird das neue Pinarello aller Voraussicht nach ein Nischendasein fristen. Auch im World-Tour-Peloton wird das Dogma X nicht zu sehen sein. Das Team Ineos-Grenadier werde die Frühjahrsklassiker im kommenden Jahr weiter auf dem Dogma F bestreiten, so Pinarello.
Die drei Neuzugänge der X-Serie schalten mit einer Ausnahme ebenfalls elektronisch mit Gruppen von Shimano (Dura-Ace Di2, Ultegra Di2, 105 Di2) oder SRAM (Red AXS, Force AXS). Während das X9 und X7 mit Carbonlaufrädern von Most ausgestattet ist, rollt das X5 wahlweise auch auf einem Alu-Satz von Fulcrum. Die X-Familie ist in neun Größen sowie fünf Lackierungen erhältlich und im Marktvergleich ebenfalls teuer: 6150 bis 11.900 Euro kosten die Ausstattungsvarianten. Die im Frühjahr vorgestellten X3 und X1 sind zu Preisen zwischen 3900 und 6070 Euro erhältlich.