Julian Schultz
· 31.05.2022
Die gute Nachricht für Einsteiger: Bei keiner anderen Fahrrad-Gattung hängt Fahrspaß so wenig vom Preis ab wie bei Gravelbikes. Wir haben vier robuste Aluminium-Gravelbikes zwischen 1699 und 2199 Euro von Bergamont, Canyon, KTM und Salsa getestet.
In der günstigen Gravelbike-Klasse zwischen 1699 und 2199 Euro muss man vor allem Abstriche beim Gewicht machen. Alle vier Gravelbikes des 2022er-Jahrgangs basieren auf Aluminiumrahmen, mit jeweils mehr als zehn Kilogramm fallen das Bergamont Grandurance, KTM X-Strada und Salsa Journeyer allerdings deutlich ab. Allein die Rahmen-Sets wiegen rund 2,5 Kilo, was unter anderem auf die stabile Bauweise und die Vielzahl der Gewindeösen (Bergamont, Salsa) zurückzuführen ist. Auch die Laufradsätze sind mit mehr als vier Kilo bleischwer. Entsprechend träge fahren sie sich im Gelände. Es geht aber auch anders, wie das Canyon Grail 7 zeigt. Das Bike des Koblenzer Direktversenders konkurriert mit seinen 9,4 Kilo mit teureren Modellen und profitiert neben dem leichten Alu-Rahmen von seiner hochwertigen Ausstattung: Die elektronische Schaltung von SRAM ist für den Verkaufspreis von 2199 Euro ungewohnter Luxus.
Das neue Grandurace hat nur noch wenige Gemeinsamkeiten mit seinem Vorgänger. Bergamont nahm einen der größten Kritikpunkte auf und erhöhte die maximale Reifenfreiheit von 35 auf 50 Millimeter. Serienmäßig rollt das Gravelbike auf 45 Millimeter breiten Pneus. Weil zudem der Radstand länger wurde, verabschiedet sich das Modell der Hamburger von seinem agilen Fahrverhalten und rollt stattdessen ausgesprochen ruhig über Schotter. Die äußerst aufrechte und langstreckentaugliche Sitzposition sowie 15 Befestigungspunkte für Taschen, Flaschen oder Schutzbleche passen ins Konzept des Bikepacking-Rades, das allerdings schon ohne Beladung mehr als zehn Kilo auf die Waage bringt. Abenteuerlustige dürften sich mehr Komfort im gröberen Gelände und eine kleinere Übersetzung wünschen. Das Grandurance 8 mit Shimanos GRX-1x11 ist eines von vier Alu-Modellen. Zur Produktpalette zählen zudem zwei Carbon-Gravelbikes sowie sechs Randonneure mit Schutzblechen und Lichtanlage.
Positiv: Platz für breite Reifen, 15 Befestigungspunkte
Negativ: hohes Gesamtgewicht, eingeschränktes Getriebe
Mit dem Canyon Grail 7 eTap ist dem Bike-Versender für das Modelljahr 2022 (mal wieder) ein Kunststück gelungen. Schließlich spendierten die Koblenzer ihrem günstigen Aluminium-Gravelbike erstmals eine elektronische Schaltung – das ist in der Preisklasse um 2000 Euro ein klares Alleinstellungsmerkmal und selbst bei teureren Rädern nicht selbstverständlich. Auch sonst lässt das recht leichte Canyon kaum Wünsche übrig. Die Kombination aus 40 Millimeter breiten Reifen und der Carbon-Sattelstütze federt Unebenheiten elegant ab. Die leicht gestreckte Sitzposition und das sehr agile Fahrverhalten ähneln dem eines Straßenrads – und unterscheiden das Grail vom komfortableren Canyon Grizl. Zudem lässt der Rundlenker, anders als das markante Doppeldecker-Cockpit am Grail CF, die Option zur Feinjustierung. Das stimmige Gesamtbild wird lediglich durch unsaubere Schweißnähte und – nicht zum ersten Mal an einem Canyon – den „klebrigen“ Sattel geschmälert. Das Alu-Grail ist in vier Ausstattungen ab 1499 Euro erhältlich.
Positiv: sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, sieben Größen (XXS und XS mit 650B)
Negativ: schlecht verarbeitete Schweißnähte
Das X-Strada 20 soll „sowohl seine sportlichen als auch gemütlichen Qualitäten zeigen“, so KTM. Das günstigste Aluminium-Gravelbike der Österreicher kann das Versprechen aber weder im TOUR-Labor noch in der Praxis bestätigen. Elf Kilogramm Gesamtgewicht machen das Aluminium-Gravelbike zum schwersten in diesem Einsteiger-Testfeld. Bereits der neue, sehr verwindungssteife Rahmen wiegt mehr als zwei Kilo, der Laufradsatz nochmal mehr als das Doppelte. Für Sportlichkeit steht einzig die gestreckte Sitzposition, die wiederum aber fast zu extrem ausfällt. Nennenswerten Federkomfort stellt das Bike nicht zur Verfügung, auf ruppigem Untergrund ist kaum ein Unterschied zu einem Straßenrad mit schmalen Reifen auszumachen, so ungefiltert kommen die Stöße an Sattel und Lenker an. Tipp: Mit bis zu 48 Millimeter breiten Reifen wird das KTM X-Strada etwas komfortabler und geländetauglicher. Ösen für Schutzbleche und Gepäckträger machen das KTM alltagstauglich. Die Österreicher bieten vier weitere Modelle (einmal Alu, dreimal Carbon) an.
Positiv: große Reifenfreiheit
Negativ: sehr schwer, kaum Federkomfort
Aus Journeyman wird Journeyer: Unter dem genderneutralen Modellnamen platzieren die Gravel-Pioniere aus den USA ihr überarbeitetes Modell weiterhin als preisgünstigen Einsteiger mit klarem Bikepacking-Fokus. Aluminium-Rahmen und Carbongabel des US-Gravelbikes bieten unzählige Aufnahmepunkte für Taschen und Flaschen – die maximale Zuladung ist allerdings nur den beiden größten Rahmengrößen vorbehalten. Auf mehrtägigen Offroad-Abenteuern profitiert man von der Laufruhe und der äußerst aufrechten Sitzposition. Der Packesel, der auf bis zu 58 Millimeter breiten 650B-Reifen über den Waldboden schleicht und dank glatter Lauffläche auch auf Asphalt passabel rollt, kommt aber schnell an seine Grenzen. Für ruppiges Terrain fehlt es an Rahmenkomfort, für zügige Beschleunigung ist das Salsa zu schwer. Bremsen und Schaltung an unserem Testrad sind zudem nicht mehr zeitgemäß. Das Journeyer ist in acht Ausstattungsvarianten mit 650B- oder 700C-Laufrädern erhältlich. Die Top-Version kommt mit Shimano GRX-Gruppe.
Positiv: extreme Reifenfreiheit, zahlreiche Befestigungspunkte
Negativ: sehr schwer, wenig Rahmenkomfort
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