Vor dem knallharten Schlussprogramm in den Alpen bot sich für die Sprintspezialisten auf der 16. Etappe die letzte Chance für einen Tagessieg. Bei dsm-firmenich PostNL hat inzwischen John Degenkolb die Rolle als “Schnellster Mann” inne, nachdem Teamkollege Fabio Jakobsen die Rundfahrt vorzeitig verlassen hatte. Wir haben uns das Arbeitsgerät des Routiniers, der einer von insgesamt acht Deutschen bei der Tour de France 2024 ist, genauer angeschaut: das Scott Foil RC.
Nach dem Einstieg der niederländischen Post als neuem Sponsor fährt “Dege” in diesem Jahr auf einem weiß lackierten Foil RC. Das Markenzeichen des Scott ist - anders als bei der Vorgängerversion - dessen erstklassige Aerodynamik. Flächige Rohrformen und eine grazile Front katapultieren den Boliden im Windkanal auf 206 Watt bei 45 km/h und machen das Scott zu einer der stärksten Waffen im Sprint. Im TOUR-Test sind nur zwei Räder aus dem Peloton schneller: das Canyon Aeroad (Alpecin-Deceuninck, Movistar) und Cervélo S5 (Visma | Lease a Bike). Nominell holt auch das Cannondale SystemSix (EF Education EasyPost) ein paar Watt gegenüber dem Scott heraus, das US-Team setzt in Frankreich aber ausschließlich auf das leichtere SuperSix.
Beim Gewicht sortiert sich das Arbeitsgerät von Degenkolb im Bereich anderer Aero-Maschinen ein: 7,6 Kilogramm bringt das Setup mit 60 Zentimeter hohen Carbonfelgen von Shimano auf die Waage. In den Bergen, die in den kommenden Tagen noch auf den Road Captian bei DSM warten, ein Nachteil gegenüber Race-Allroundern oder Leichtbau-Modellen. Interessant: Die Rennmaschine von Romain Bardet, der erste Gelbträger der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt, basiert auf einem modifizierten Carbonrahmen. Wie im Vorjahr sei das Foil RC des Franzosen um 200 Gramm leichter. An Ober- und Unterrohr werde etwas an Carbon gespart, wie ein Teammechaniker erklärte. Auch Warren Barguil kann auf das leichtere Modell zurückgreifen.
Das geschwungene Aero-Cockpit von Syncros sitzt auch an den Serienrädern, mit 150 Millimetern fällt der Vorbau allerdings extrem lang aus. Profis wie Degenkolb gleichen damit den kurzen Rahmen aus, für viele Hobbyfahrer dürfte die Lenker-Vorbau-Kombi aber zu Nackenbeschwerden führen. Auch Sattelstütze und Sattel stammen von Scotts hauseigenem Komponentenspezialisten Syncros. Die Aero-Stütze ist im Gegensatz zum Serienmodell einteilig und dürfte damit nicht an den hervorragenden Komfort herankommen, den wir für das Foil RC im Testlabor ermittelten.
Wie viele Teams ist dsm-firmenich PostNL mit Tubeless-Gummis von Vittoria unterwegs, Degenkolb auf 26 Millimeter breiten Corsa Pro. Für ein Plus an Pannenschutz setzt der gebürtige Geraer auf eine Schaumstoffeinlage am Vorderreifen, wie das “L” auf der Reifenflanke verrät. Der sogenannte Liner, ebenfalls von Vittoria entwickelt, soll “das Sturzrisiko bei einem Platten verringern”, so ein Teammechaniker: “Hinten verzichten wir darauf aus Gewichtsgründen.” Die Beschriftung “05” auf der Baumwollkarkase des Pneus steht übrigens für die letzte Befüllung mit Dichtmilch.