So schlugen sich die Top-Talente 2023Arnaud De Lie auf dem Weg um Klassikerjäger

Sebastian Lindner

 · 17.12.2023

Auch seine zweite Saison als Profi lief für Arnaud De Lie wie am Schnürchen. Erneut konnte der junge Belgier zehn Siege einfahren.
Foto: DPA Picture Alliance
Zu Beginn der Saison 2023 hatte TOUR den Blick auf zehn Youngster geworfen, die gute Chancen auf einen Durchbruch im Peloton der Profis haben. So lief das Jahr für Arnaud De Lie.

Nach zwei Jahren als Profi hat Arnaud De Lie bereits 19 Siege auf seinem Konto. Mehr, als ein beträchtlicher Teil des Pelotons in einer gesamten Karriere einfährt. Den Durchbruch, das steht nicht zur Debatte, hat der Belgier damit längst geschafft. Doch mit wachsendem Erfolg, das liegt in der Natur der Sache, steigen auch die Ansprüche - die eigenen genau wie die aus dem Umfeld.



Deswegen war es für den 21-Jährigen wichtig, den nächsten Schritt zu gehen. Und das war in seiner zweiten Profi-Saison beim Team Lotto-Dstny der erste Sieg in einem Rennen der World Tour. Den Grand Prix de Quebec entschied De Lie in einem Bergaufsprint für sich und jubelte, sich der Bedeutung bewusst, ausgelassen.

Wenig Duelle mit den großen Sprintern

Denn abgesehen vom Erfolg in Kanada fuhr De Lie seine Siege wieder vorrangig in kleineren Rennen ein. Der Gewinn des Grand Prix du Morbihan im Mai, der Etappensieg bei der Tour de Wallonie zwei Monate später sowie der Erfolg bei Circuit Franco-Belge Ende September gehörten zur Pro Series, alle anderen waren noch tiefer eingestuft.

Wie sich De Lie im Vergleich mit der ersten Liga der Sprinter schlägt, ist daher kaum einzuschätzen. Denn die Duelle des schnellen Mannes aus den Ardennen mit seinen Landsleuten Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck), Tim Merlier (Soudal - Quick Step) oder dem ebenfalls sehr jungen Olav Kooij (Jumbo-Visma) aus den Niederlanden hatten Seltenheitswert. Als alle aber beispielsweise bei der Renewi Tour (früher Benelux-Rundfahrt) starteten, musste sich De Lie jedenfalls allen von dieser Liste geschlagen geben. Bei der Tour of Guangxi im Oktober, dem letzten World-Tour-Rennen der Saison, war es ähnlich, ein Podestplatz sprang für ihn nicht heraus.

De Lie bei Eintagesrennen besser als bei Rundfahrten

Ohnehin, so scheint es, will Arnaud De Lie seine schnellen Beine eher für Klassiker und andere Eintagesrennen reservieren. Und das klappte auch schon 2023 ganz gut. Denn noch prestigeträchtiger als sein Sieg in Quebec war De Lies Zweiter Platz im Frühjahr beim Omloop Het Nieuwsblad. Nur Dylan van Baarle, im Jahr zuvor Sieger von Paris-Roubaix, war besser.

Stichwort Paris-Roubaix: Durch seine guten Auftritte bei den Klassikern im Frühjahr, wozu auch Platz 7 bei Kuurne-Brüssel-Kuurne und Rang 6 bei Dwars door Vlaanderen gehörten, verdiente sich De Lie in der TOUR-Favoritenvorschau auf die Hölle des Nordens auch erstmals einen Stern, den er letztlich aber nicht umsetzen konnte. Ein erneuter Anlauf für Roubaix ist 2024 nicht vorgesehen, dafür aber ein erster Versuch beim Amstel Gold Race.

Arnaud De Lie - Entscheidung steht aus

Dazu steht für De Lie sein Grand-Tour-Debüt bevor. Ob es die Tour de France oder die Vuelta a Espana wird, hängt letztlich von der Strecke der Spanien-Rundfahrt ab, die am 19. Dezember vorgestellt wird.

Viel entscheidender als die Frage, ob De Lie nun Tour oder Vuelta fährt, ist aber die, in welche Richtung sich der Belgier entwickelt. Möglichkeiten hat er mehrere. Wird Arnaud De Lie zum klassischen Sprinter, der im flachen kaum zu Bezwingen ist? Oder fokussiert er sich weiterhin auf den scheinbar bereits eingeschlagenen Weg, als endschneller Mann auch gut über Hügel und Kopfsteinpflaster zu kommen, um sich als Klassikerjäger einen Namen zu machen? Die kommende Saison könnte darüber Aufschluss geben.

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