Sebastian Lindner
· 04.05.2023
Als Georg Steinhauser zur Saison 2022 ins Profilager wechselte, nannte ihn sein neuer Teammanager Jonathan Vaughters den “aktuell wahrscheinlich talentiertesten U23-Fahrer der Welt”. So langsam deutet der 21-Jährige an, warum daran etwas dran ist.
Jüngster Beweis dafür war sein sechster Platz bei Eschborn-Frankfurt. Beim Sieg des Dänen Sören Kragh Andersen (Alpecin-Deceuninck) feierte der Allgäuer das beste Ergebnis auf der World Tour in seiner noch jungen Karriere. Dazu zählte er zu den angriffslustigsten Fahrern des Tages. Bereits bei der zweiten Überfahrt des Feldbergs ging Steinhauser in die Offensive und sorgte damit dafür, dass die Spitzengruppe um Max Walscheid (Cofidis) gestellt wurde.
Als der Schweizer Marc Hirschi (UAE Team Emirates) am Mammolshainer Stich, dem letzten Anstieg des Rennens, attackierte, war Steinhauser wieder dabei. “Ich hätte die Initiative selber nicht ergriffen, aber nachdem Hirschi gefahren ist, konnte ich Gott sei dank mitfahren. Dann stand die Gruppe und es hieß alles oder nichts”, erzählte er dem Cycling Magazine im Ziel. Die Gruppe harmonierte gut und rettete sich ein paar Sekunden vor dem Feld ins Ziel. Daran hatte auch der junge Deutsche seinen Anteil.
“Am Ende wurde es ziemlich hart für mich, was man dann auch im Sprint gesehen hat”, schilderte Steinhauser, der ohnehin profiliertes Terrain bevorzugt, seine schweren Beine auf den letzten Metern. Und trotzdem genoss er das Rennen. “Als Junior bin ich mal Dritter geworden, das war schon cool. Und jetzt bei den Profis in der ersten Gruppe ins Ziel zu kommen, ist schon mega.”
Und es war nicht das erste Mal, dass Georg Steinhauser in seiner zweiten Saison als Profi für das Team EF Education EasyPost überzeugte, was Manager Vaughters in seiner Aussage aus dem Oktober 2021 bestätigen dürfte. Bei der Tour of the Alps Mitte April fuhr Steinhauser auf der letzten Etappe hinter seinem Teamkollegen Simon Carr auf Platz zwei. Teamtaktische Gründe verhinderten da vielleicht seinen ersten Sieg als Profi, denn die Beine hätten durchaus mehr hergegeben, wie er sagte. Doch mit der Konkurrenz am Hinterrad die Lücke zu Carr zuzufahren, war keine Alternative.
Was Steinhauser aus seinen Erfolgen jüngsten Erfolgen mitnimmt? Selbstvertrauen. “Ich kann mir jetzt selber mehr vertrauen”, sagte er dem Cycling Magazine. Das dürfte seinen Leistungen künftig noch mehr Schub geben. Dazu kommt, dass er zum ersten Mal in einer Saison seinen Fokus voll auf den Radsport legen kann.
Noch im letzten Jahr absolvierte Steinhauser neben dem Training eine Ausbildung zum Metallarbeiter. Im Familienbetrieb im heimischen Scheidegg. Vater Tobias, Geschäftsführer und einst selbst Radprofi unter anderem bei Mapei, Gerolsteiner und T-Mobile, hatte darauf bestanden. “Ich arbeite jeden Tag von 7 bis 12.30 Uhr. Am Nachmittag sitze ich auf dem Rad. Es ist etwas stressig”, sagte der Sohn damals bei der Vertragsunterschrift bei EF Education.
Das fällt für Steinhauser, der zuvor für das österreichische Kontinental-Team Tirol KTM Cycling fuhr und unter anderem Zweiter bei der Bulgarien-Rundfahrt, 16. der Tour de l’Avenir - der Tour de France für Nachwuchsfahrer - und Dritter im U23-Rennen der Lombardei-Rundfahrt wurde, mittlerweile aber weg.
Nächstes Rennen im Plan von Steinhauser ist die Tour of Norway Ende Mai. Ein Prolog - Platz acht beim Auftaktzeitfahren der Tour de Romandie des letzten Jahres beweist, dass er auch auf der Kurzdistanz gegen die Uhr erfolgreich sein kann - und drei zum Teil hügelige Etappen sollten ihm ähnlich gut liegen wie etwa Eschborn-Frankfurt.