Neo-Profis, auf die 2024 zu achten istEmil Herzog - das größte deutsche Talent

Sebastian Lindner

 · 11.01.2024

Auf Gold gebissen: 2022 war Emil Herzog der beste Junior seines Jahrgangs.
Foto: DPA Picture Alliance
2024 machen wieder reichlich Talente den Schritt zum professionellen Radsportler. TOUR wirft den Blick auf zehn Neo-Profis, die perspektivisch für Furore im Feld sorgen können. Dieses Mal Emil Herzog.

Was die Tour de France für die Profis, ist die Tour de l’Avenir für die U23. Und die Tour du Valromey für die Junioren. Emil Herzog hat sie 2022 gewonnen. Genauso wie die Friedensfahrt der Junioren, die Cottbuser Junioren-Rundfahrt, den mehrtägigen Grand Prix Rüebliland, die Grands Prix Primavera und West Bohemia. Allesamt zählen sie zu den wichtigsten Wettkämpfen in dieser Altersklasse auf der Straße. Genauso wie die Weltmeisterschaft.

Diesen Titel sicherte sich Herzog im letzten Juniorenrennen seiner Karriere. Nach einem offensiv gefahrenen Rennen sprang der Bayer nach vorne zum bis dato führenden Portugiesen Antonio Morgado und kochte den dann noch mit einem langen Sprint ab. In einem einzigen Rennen bewies der damals 17-Jährige, dass er im Prinzip Voraussetzungen hat, es auf jedem Terrain mit der Konkurrenz aufzunehmen: Kampfstärke, taktisches Gefühl, am Berg, als Zeitfahrer - was er drei Tage zuvor aber auch separat mit WM-Bronze demonstrierte - und letztlich auch als kampfstarker Sprinter.

Krankheit bremst Emil Herzog aus

Für das deutsche Team Auto Eder, die Junioren-Mannschaft von Bora-Hansgrohe, war Herzog seiner Zeit unterwegs. Den Schritt direkt zu den Profis - wie es zwei Jahre vor ihm der ähnlich stark veranlagte Marco Brenner tat und sich dabei die Finger verbrannte - wagte er nicht. Ein Jahr U23 sollte es mindestens sein. Und das verbrachte er in der amerikanischen Talenteschmiede Hagens Berman Axeon, einst gegründet als Trek Livestrong. Reihenweise Spitzenfahrer aus dem Peloton dieser Tage gingen den Weg über die USA. Jasper Philipsen, Mikkel Bjerg und Joao Almeida sind dabei nur einige wenige Siegfahrer aus der World Tour.

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Diesen Weg will auch Herzog gehen. Dafür setzt er alles auf eine Karte, brach die Ausbildung bei der Polizei und zuvor schon den Weg zum Abitur ab. Ausgezahlt hat sich das zumindest in 2023 noch nicht. Herzog brachte es von März bis Juli lediglich auf 22 Renntage. Lediglich ein Top-10-Resultat gegen internationale Konkurrenz sprang dabei heraus - plus ein 9. Platz bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften, allerdings nur in der U23-Kategorie. Gesundheitliche Probleme haben ihn ausgebremst, erklärte Herzog. “Ich hatte eine kleine Entzündung im Herzen. Das hat man relativ spät, erst Mitte September herausgefunden. Da war die Saison dann schon vorbei. Seit Anfang Oktober ist das aber das aber wieder gut. Ich fühle mich auch schon viel besser”, sagte er jüngst.

Bora-Hansgrohe-Chef Ralph Denk über Emil Herzog: “Vielleicht haben wir schon den nächsten Tom Pidcock”

Antonio Morgado, Herzogs unterlegener Konkurrent bei der WM, ging den gleichen Weg wie der Deutsche, wechselte für die Saison 2023 zu Hagens Berman. Im Gegensatz zum 19-Jährigen blieb aber der Erfolg. Er gewann die Rhodos-Rundfahrt (2.2), holte Silber bei der U23-Weltmeisterschaft in Schottland und wurde Vierter der U23-Ausgabe der Lombardei-Rundfahrt. Zur Belohnung fährt er 2024 an der Seite von Tadej Pogacar beim UAE Team Emirates.

Herzog, der eigentlich Wintersport zum Beruf machen und Langläufer werden wollte, doch aufgrund des immer stärker werdenden Schneemangels in Deutschland zum Radsportler umschulte, wird ihn trotzdem wieder sehen. Denn auch er fährt in der neuen Saison als Neo-Profi in der World Tour beim deutschen Team Bora-Hansgrohe. Der Vertrag wurde schon relativ früh unterzeichnet. “Eigentlich war schon direkt nach den Junioren klar, dass ich nach einem Jahr U23 zu Bora zurückkomme”, so Herzog. Bei Bora zählt man auf ihn. Immerhin ließ sich Teammanager Ralph Denk Anfang vergangenen Jahres dazu hinreißen, sein Juwel mit einem der talentiertesten Allrounder im Feld zu vergleichen. “Vielleicht haben wir schon den nächsten Tom Pidock.”

Richtungsweisendes Jahr als Neo-Profi bei Bora

Wie der britische Weltmeister und Olympiasieger auf dem Mountainbike war auch Herzog 2023 einige Tage auf dem Mountainbike unterwegs. Beim Weltcup-Auftakt im tschechischen Nove Mesto landete er noch auf Platz 10 im U23-Rennen. Doch danach lief es nicht mehr nach Wunsch. Bei der U23-WM landete er schließlich nur auf Rang 50.

“Es wird ein großer Schritt, aber ich bin mir sicher, dafür das richtige Umfeld gewählt zu haben”, sagte Emil Herzog im August, als Bora per Pressemitteilung die Verpflichtung des Youngsters aus dem eigenen Nachwuchs bekanntgab. “Für mich geht ein Traum in Erfüllung. Ich hatte super Jahre beim Team Auto Eder und freue mich, meine Profi-Karriere bei Bora-Hansgrohe zu starten.”

In welche Richtung sich seine Karriere dabei entwickeln soll, ist noch völlig offen. Allerdings soll Herzog nach dem Saisonstart auf Mallorca und der Oman-Rundfahrt im Anschluss nahezu die komplette Klassikersaison fahren, inklusive der wichtigen Rennen. “Ich bin nicht der leichteste, ich werde sicher kein GC-Fahrer. Die Klassiker könnten mir ganz gut liegen”, sinnierte er in einer Medienrunde während Boras Teampräsentation. “Aber ich will nicht unbedingt Klassikerfahrer werden. Ich will es ausprobieren und wenn es gut läuft, lohnt es sich in den nächsten Jahren, sich mehr darauf zu konzentrieren. Aber wenn ich sehe, dass es nicht mein Ding ist, dann ist das auch kein Problem.”



Emil Herzog

  • wurde am 6. Oktober 2004 geboren
  • besitzt einen deutschen Pass und lebt in Simmerberg im Allgäu
  • ist 1,83 m groß und wiegt 74 kg
  • fuhr bisher für das Team Auto Eder (2021 und 2022)und Hagens Berman Axeon (2023)
  • fährt ab 2024 im World-Tour-Team Bora-Hansgrohe und hat dort einen Vertrag bis Ende 2025 unterschrieben

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