RadschlagWeltuntergang? Es könnte schlimmer kommen...

Jürgen Löhle

 · 30.12.2025

Radschlag: Weltuntergang? Es könnte schlimmer kommen...Foto: Midjourney
Radschlag: Weltuntergang? Es könnte schlimmer kommen...
​Alle Jahre wieder – die Tage werden kürzer, die Ausfahrten folglich auch. Dafür steigen die Stunden am Stammtisch und die Kilos auf der Waage. Ein Szenario, das ziemlich auf die Stimmung drückt und sich bei all denen noch schlimmer anfühlt, die 2025 das angestrebte Jahresziel nicht erreicht haben.

Also bei fast allen. Natürlich auch bei Brägel, der sich allerdings mit 7500 Kilometern auch ein echtes Brett vorgenommen hat. Ein Brett, das er natürlich auch in diesem Jahr wieder nicht gebohrt kriegt. Aber das ist ja nun keine neue Weisheit, dass Brägels Ankündigungen oder Ideen rund um das Thema Rad schneller verpuffen als ein Pups von Dertutnix. Und da wir nun im Angesicht des Winters genug Zeit zum Sinnieren in geschlossenen Räumen haben und die Welt eh bald untergehen wird (dazu später mehr), gibt es die Idee, Brägels Radsportjahr noch einmal Revue passieren zu lassen und zu schauen, was daraus geworden ist.

Recht harmlos scheiterte seine Idee vom kontemplativen Radeln im Frühjahr. Der Lapp erklärte damals, dass in der Ruhe eine ganz besondere Kraft schlummere. Die könnten wir nur dann spüren, wenn wir ohne Handys auf unsere Trainingsrunden gehen und im Sattel vom Start bis ins Ziel den Mund halten würden – wie Mönche mit Schweigegelübde. Am Ende fuhren wir aber schweigend auch nicht schneller als mit Gelaber. Zudem war Brägel kurz vor einem Schlaganfall, weil er einen Autofahrer, der uns für seinen Geschmack zu dicht überholte, nicht verbal beleidigen und sich abreagieren durfte. Und wir verloren ein ortsunkundiges Neumitglied; der Kollege hielt zum Pinkeln an, sagte aber nichts und hatte – klar – keine Navi-App dabei.

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Wenig später plagte Brägel wieder einmal der Rücken. Das käme vom vielen Radeln, meinte er und wollte dem Problem mit Massagen und Übungen im Sportstudio zu Leibe rücken. Die thailändische Massage bei Frau Hu-Wei soll angeblich Lahme wieder zum Gehen bringen. Aber nach der einstündigen Behandlung hatte Brägel erst recht Schmerzen; die zierliche Dame habe ihn mit Händen, Ellbogen und Füßen derart traktiert, dass es eher eine Folter war. Sagt Brägel. Danach besorgte er sich ein Frühjahrs-Special im Sportstudio für drei Monate, dazu ein Indoor-Shirt in Hellgrau-Türkis. Geholfen hat es seinem Rücken – nichts. Obwohl er Kurse gebucht hat, in denen, wie er sagt, „gegongt“ werde oder nach Lehren des längst verblichenen römischen Stadthalters „Pilatus“ geturnt. Nachdem er sich beim Trainer beschwert hatte, wurde er in eine Yoga-Anfängergruppe für Männer abgeschoben, was Brägel fad fand. „Kein bisschen Wettbewerb da“, klagt er, „nur biegsame Kerle, und mein Rücken tut immer noch weh.“

Also wieder gescheitert – aber diesmal konnten wir helfen. Der alte Hans hat im Internet recherchiert, dass Rücken-Aua oft auch ein Schmerz der Seele sei, den man mit Tiefenentspannung heilen könne. Also haben wir einen therapeutischen Abend organisiert, indem wir uns zusammen mit Brägel mit einigen Flaschen Rotwein so tief wie nur irgend möglich entspannt haben. Am nächsten Morgen hatte Brägel Kopfschmerzen, der Rücken war aber besser.

Alle Jahre wieder... Die guten Vorsätze

Natürlich hatte Brägel zum vergangenen Jahreswechsel auch wieder einige gute Vorsätze gefasst und in seine Gute-Vorsätze-App getippt. „Keller aufräumen“, steht da, und: „Radzeug wegwerfen, das ich nicht mehr brauche“. „Radzeug“, das Brägel nicht mehr braucht, ist aber noch nicht erfunden, und da der Lapp quasi in direkter Linie mit dem urzeitlichen Jäger und Sammler verwandt ist, kam bisher nicht viel zusammen. Alle seine acht Fahrräder bleiben natürlich da. Getrennt hat er sich nur vom Sattel eines alten Puky-Kinderrads, von diversen mit Flicken übersäten Reserve-Schläuchen, von einer Handvoll alter Trinkflaschen inklusive allerlei Schimmelkulturen, und von zwei trocken-spröden Helmen in den Modefarben der späten 90er-Jahre mit speckigem Innenfutter.

Der Keller sieht danach aber eigentlich aus wie immer. Wobei das aber auch keine Rolle mehr spielt. Brägel hat nämlich Ende September 2025 den Weltuntergang für Ende März 2026 verkündet. Das will er in irgendeinem Maya-Kalender gelesen haben. Untrügliches Zeichen hierfür seien jetzt schon apokalyptische Wolkenformationen, hirnrissige Aktionen des Orangeblonden mit der roten Krawatte aus den USA und die Begegnung mit einer hinkenden schwarzen Katze an einem Freitag, den 13. Also gut. Uns ist zwar neu, dass die Maya seinerzeit die Offenbarung des Weltuntergangs an hinkende Katzen und ein konkretes Datum geknüpft haben, aber wir lassen Brägel seine düstere Vision und beschäftigen uns lieber mit der Frage, wie sich der Weltuntergang auf das restliche Radjahr und den Winter auswirken wird.

Weltuntergang: Und wenn´s so wäre?

Keine Frage, der Wettkampf wird härter werden. Da der Planet Ende März kollabiert, müssen wir mehr Ausfahrten als sonst absolvieren, um unsere Jahreskilometer zu schaffen – die Winterpause fällt aus. Langsam fahren am Berg geht auch nicht mehr. Zusätzlich beschließen wir die Freigabe von Doping jeglicher Art – mögliche Spätfolgen erleben wir ja nicht mehr. Der alte Hans fragt nach der Moral, aber keiner hört zu. Um das Unvermeidliche mit einer gewissen Gelassenheit ertragen zu können, bestellen wir auf Brägels Kosten kistenweise schweren Rotwein, der sich besser zur geistreichen Bewältigung des Untergangs eignet als Hefe hell. Nach der zweiten Flasche finden wir die Apokalypse dann richtig schick. Und wenn eh alles den Bach runtergeht, dann aber mit Schmackes.

Der Präsi will sich gleich morgen die superteuren weißen Radschuhe kaufen, die er sich bisher immer verkniffen hat. „Weiß ist die Farbe der Hoffnung“, sagt er. Das stimmt zwar nicht, aber wer will schon grüne Radschuhe, nur weil die Welt untergeht? Vor meinem geistigen Auge taucht ein Carbonrenner unter sieben Kilo auf. Es wäre schließlich Unsinn, mit mehr als einem Euro auf dem Konto in die Grube zu fahren. Und sollte der Untergang wider Erwarten nicht stattfinden, ist das Rad bei guter Pflege nicht die schlechteste Investition. So werden wir alle, Brägel natürlich inklusive, 2025 mit einem Kaufrausch in Sachen Rad und auch in punkto Weihnachten beenden. Könnte ja sein, dass es das letzte ist. Und falls doch nicht, machen wir 2026 einfach immer weiter. Mal sehen, was Brägel an neuen Ideen und noch besseren guten Vorsätzen so einfällt.

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