Anders als bei der Gravel-Gruppe Ekar, der letzten Neuvorstellung aus Vicenza, verzichtet Campagnolo bei der Super Record auf ein zusätzliches Ritzel und setzt weiter auf eine Zwölffach-Kassette. Zuletzt wurde spekuliert, ob das Traditionsunternehmen als erster Hersteller das 13. Ritzel auch für die Straße einführt. “Wir sehen dafür im Road-Bereich keine Notwendigkeit”, teilten die Italiener mit.
Stattdessen kommt das Getriebe mit neu abgestuften Kassetten und Kettenblättern. Die Kassetten beginnen nun, wie beim Konkurrenten SRAM, bei einem Ritzel mit zehn Zähnen und sind nur noch mit dem N3W-Freilauf von Campagnolo kompatibel. Die steife Carbon-Kurbel mit Titanium-Achse und vier Längen bleibt nahezu unverändert, das Tretlager soll aber nun besser abgedichtet sein als bisher.
Die Abstufung 50/34, bisher als Kompaktkurbel bekannt, ist nun die größte im Programm und ist an die Profis gerichtet. Hinzu kommen die kleineren Kombinationen 48/32 für Hobbyrennfahrer und die tourentaugliche 45/29; auch eine 1:1-Übersetzung ist also im kleinsten Gang möglich.
Wie SRAM, mit der AXS-Technologie der Vorreiter bei Funkschaltungen, integriert auch Campagnolo die Akkus an Umwerfer und Schaltwerk. Sie können per Magnetstecker direkt am Rad geladen oder dafür entnommen werden. Integrierte, gut sichtbare LED-Anzeigen informieren bei Bedarf über den Ladezustand. Ein Tausch der beiden Batterien untereinander ist nicht möglich. Eines von mehr als 1000 Patenten, die sich die Konkurrenz aus Japan oder den USA laut Campa bereits gesichert habe.
“Unsere Mitbewerber haben die Straße mit Patenten vollgepflastert”, sagte Firmenchef Valentino Campagnolo am Rande der Vorstellung. Die Reichweite der beiden Akkus klingt mit offiziell 750 Kilometern im Vergleich mager. Laut Campa sollen aber bis zu 1000 Kilometer möglich sein. Wie gut die Akkus im Vergleich zu den Pendants von Shimano und SRAM durchhalten, wird erst der Vergleichstest zeigen. Die Knopfzellen-Batterien in den neu gestalteten, schlanken Schalthebeln halten bis zu zwei Jahre durch.
Ungewohnt für Campa-Fans: Der Daumenhebel an der Griffinnenseite ist bei der Super Record Geschichte, geschaltet wird über vier Tasten an den Bremshebeln. Mit Hilfe einer überarbeiteten App lässt sich die Schaltlogik individualisieren, wie es auch bei der Konkurrenz üblich ist. Zusatzschaltknöpfe gibt es bei der Neuvorstellung noch nicht, sind aber laut Hersteller in Arbeit. Die neue Super Record ist nur noch als Disc-Variante erhältlich. Laut Hersteller ist die Komplettgruppe mit 2520 Gramm insgesamt minimal schwerer geworden.
Die Super Record Wireless, die bei unserer Testfahrt an einer Timemachine SLR01 von BMC verbaut war, leistet sich kaum Schwächen. Die Schaltsignale werden schnell und präzise an Umwerfer und Schaltwerk übermittelt. Die Gänge wechseln geschmeidig, die Sprünge fallen angenehm klein aus. An die Schaltlogik hat man sich schnell gewöhnt, den Daumenhebel vermissten wir nicht. Beeindruckend ist das Bremsverhalten: Die Campa-Disc lässt sich extrem sensibel dosieren und verzögert exzellent. Quietsch- oder Schleifgeräusche? Nichts davon! Stattdessen surren die hitzebeständigen Bremsscheiben unter Volllast wie ein Schweizer Uhrwerk.
Die Super Record arbeitet tadellos. Dennoch fehlt der Top-Gruppe ein klares Alleinstellungsmerkmal. Und: Sie ist extrem teuer
Aufgrund ihres hohen Preises wird die Super Record Wireless eine Gruppe für Liebhaber bleiben: 5200 Euro verlangen die Italiener zum Markstart. Die “Straßenpreise” für Dura-Ace oder Red AXS sind um rund 2000 Euro günstiger. Laut Campa werden Canyon, Colnago, Pinarello, Specialized und Wilier als erste Hersteller Kompletträder mit der Funkschaltung anbieten.