CampagnoloDer italienische Komponentenhersteller im TOUR-Check

Jens Klötzer

 · 19.04.2023

Campagnolo: Der italienische Komponentenhersteller im TOUR-CheckFoto: Matthias Borchers

TOUR nimmt die drei großen Komponentenhersteller Shimano, SRAM und Campagnolo genauer unter die Lupe. Der italienische Hersteller Campagnolo spielt bei Kompletträdern kaum noch eine Rolle. Doch die Produkte sind technisch ausgereift, betörend edel – und eine interessante Alternative, wenn keine Elektronik ans Rad soll.

Campagnolo: Tradition und Eleganz aus Europa

Anmutung von Campagnolo

“Campa” nutzt besonders bei höherwertigen Teilen viel Carbon, was die Gruppen nicht nur leicht macht, sondern auch optisch attraktiv. Die Zwölffach-Gruppen sind makellos verarbeitet, schön ist, dass die Italiener ihrem hohen Designanspruch auch bei den günstigeren Gruppen treu bleiben. Eine Ausnahme ist die Elffach-Gruppe Centaur, deren Oberflächen und Details im Vergleich deutlich weniger wertig wirken.

Campagnolo bietet noch hochwertige Gruppen ohne Elektronik, die Chorus ist derzeit das günstigste Zwölffach-GetriebeFoto: Matthias Borchers
Campagnolo bietet noch hochwertige Gruppen ohne Elektronik, die Chorus ist derzeit das günstigste Zwölffach-Getriebe

Ergonomie von Campagnolo

Die Campagnolo-Griffkörper gelten als Handschmeichler, sie greifen sich perfekt, auch die Bremshebel sind ­ideal geformt. Campa-Fans schätzen die Bedienlogik mit getrennten Hebeln für Zeigefinger und Daumen. Kritik muss der Daumenhebel an der Innenseite einstecken, der aus dem Unterlenker für kleine Hände schwierig zu erreichen ist. Ausnahmen sind die elektronische EPS-Gruppe Super Record sowie das Gravel-Ensemble Ekar, bei denen der Knopf jeweils anders geformt ist.

Der Daumenknopf der elektronischen EPS funktioniert prima, auf den Bremshebeln finden die Finger perfekten HaltFoto: Matthias Borchers
Der Daumenknopf der elektronischen EPS funktioniert prima, auf den Bremshebeln finden die Finger perfekten Halt

Schaltung

Die Antriebskomponenten sind ausgereift und haltbar, sie laufen geräuscharm, die Gänge wechseln geschmeidig. Als einziger Hersteller bietet Campagnolo noch rein ­mechanisch arbeitende Gruppen mit zwölf Ritzeln. ­Besonders spannend ist die Chorus, die nur 250 Gramm mehr wiegt als das Top-Modell Super Record. Ebenfalls konkurrenzlos ist die Gravelgruppe Ekar, die mit 13 Ritzeln mehr abdecken kann als die 1x11- und 1x12-Antriebe der Wettbewerber; sie überzeugt auch im Langzeittest.



Bremsen

Die Leistung der Campa-Disc unterscheidet sich über die Gruppen hinweg kaum. Sie spricht sensibel an und ist kaum anfällig für Quietschgeräusche. Vergleichsweise massive Scheiben beugen Hitzeproblemen vor, unter den Rennradbremsen ist sie die standfesteste.

Die Campagnolo-Disc ist leise, kraftvoll und standfestFoto: Kerstin Leicht
Die Campagnolo-Disc ist leise, kraftvoll und standfest

Service und Kosten

Campagnolo-Fahrer sind mit einer hohen Anfangsinvestition konfrontiert: Die Gruppen sind im Schnitt teurer als vergleichbare Produkte der Konkurrenz. Auch die ­Ersatzteilpreise sind auf den ersten Blick happig, eine ­Super-Record-Kassette kostet um 300 Euro. Auf lange Sicht kann sich die Investition aber lohnen: Die Komponenten halten vergleichsweise lange und lassen sich leicht reparieren, weil viele Einzelteile einzeln erhältlich sind – defekte Bauteile müssen also nicht komplett ausgetauscht werden.

Shimano, SRAM und Campagnolo: Lassen sich Teile untereinander mischen?

Komponenten verschiedener Marken lassen sich in der Regel nicht miteinander kombinieren. Es gibt nur wenige Ausnahmen; so sind zum Beispiel die Antriebsteile der Zehnfach- und Elffach-Generationen von Shimano und SRAM austauschbar. Das kann interessant sein, weil Shimano-Verschleißteile preiswerter und besser verfügbar sind und in dieser Generation auch haltbarer.

Teile von einem Hersteller lassen sich innerhalb gewisser Grenzen über die Gruppen hinweg kombinieren. Ist die Anzahl der Ritzel auf den Kassetten identisch, passen die Teile auch mechanisch zueinander. So können beispielsweise Verschleißteile von günstigeren Gruppen genutzt werden, um Geld zu sparen. Aus höherwertigen Gruppen können zum Beispiel die Kurbeln das Gesamtgewicht etwas senken.

Besonderheit bei SRAM AXS: Rennrad-Schaltungen lassen sich mit Mountainbike-Teilen kombinierenFoto: Kerstin Leicht
Besonderheit bei SRAM AXS: Rennrad-Schaltungen lassen sich mit Mountainbike-Teilen kombinieren

Auch die Übersetzung lässt sich mit­hilfe gruppenfremder Teile an die eigenen Bedürfnisse anpassen. So bieten preiswertere Gruppen oft bergtauglichere Kassetten oder Kettenblätter. ­Allerdings muss man die Kapazitätsgrenzen der Schaltwerke und Umwerfer beachten; Schaltwerke der teureren Schaltungen sind unter Umständen nicht für die großen Ritzel geeignet.