Jens Klötzer
· 13.04.2023
TOUR nimmt die drei großen Komponentenhersteller Shimano, SRAM und Campagnolo genauer unter die Lupe. Shimano, der Marktführer aus Japan punktet mit breitem Angebot und verlässlicher Funktion selbst bei seinen günstigsten Produkten. Mit der jüngsten Schaltungsgeneration wird der gewohnte Preisvorteil im Wettbewerb jedoch kleiner.
Shimano steht für Metallverarbeitung in Perfektion. Carbon setzt man selbst bei der Top-Gruppe Dura-Ace nur sparsam ein, trotzdem liegt das Gewicht auf dem Niveau der Konkurrenz. Durch die Gruppen zieht sich ein einheitliches Design, in deren Hierarchie spielen die Japaner mit verschieden aufwendig beschichteten Oberflächen.
Hier gibt es Licht und Schatten. Während die jüngste Di2-Generation viel gelobt wird, gibt es in günstigeren Shimano-Gruppen Hydraulikhebel, deren Griffe recht klobig ausfallen (Tiagra). Die Schalttasten bei den Elektronikschaltungen liegen recht nah beieinander, was mitunter zu Verwechslungen führt. Die mechanischen Schaltungen werden mit einem Schwenk des Bremshebels und eines dahinterliegenden kleineren Hebels bedient – für Neulinge ist das gewöhnungsbedürftig, aber leichtgängig und präzise.
Die größte Stärke von Shimano: Die Ingenieure werden nicht müde, ständig nach Verbesserungen zu suchen. Zuletzt wurde das Schaltverhalten der elektronischen Gruppen Dura-Ace und Ultegra noch einmal verfeinert: Die Kette klettert nicht nur leise auf größere, sondern fällt ebenso geschmeidig auf kleinere Ritzel. Der elektrische Umwerfer wechselt die Kettenblätter mit verblüffender Präzision, Sicherheit und Schnelligkeit. Je günstiger die Gruppen, desto mehr Abstriche muss man machen – aber selbst die billigsten Versionen schalten zuverlässig und präzise. Kritikwürdig ist, dass es nur noch die Tiagra als sehr günstige mechanische Zehnfach-Schaltung gibt.
Ansprechverhalten und Bremsleistung sind bei den jüngsten Generationen top. Die Servo-Wave-Technologie bei Dura-Ace und Ultegra sowie die hochwertigen GRX-Hebel für Gravelbikes macht die Bremsen bei besonders hohen Bremskräften der Konkurrenz sogar überlegen, weil weniger Handkraft nötig ist. Inzwischen besser, aber noch nicht ganz sorgenfrei sind die Ice-Tech-Scheiben mit Aluminiumkern: Sie neigen bei starken Bremsungen dazu, an den Belägen zu schleifen. Bei älteren und günstigeren Gruppen gibt es eine unüberschaubare Vielfalt an Belägen und Scheiben, die das Bremsverhalten beeinflussen.
Bis vor Kurzem gab’s nirgends so viel Funktion fürs Geld wie bei Shimano. Das änderte sich mit der jüngsten Di2-Generation: Shimano zog die Preise für die elektronischen Gruppen kräftig an und musterte gleichzeitig die attraktiven mechanischen Varianten aus. Konkurrenzlos günstig ist lediglich noch die Tiagra, aber mit zehn Ritzeln nicht mehr Stand der Technik und vergleichsweise schwer. Verschleißteile sind überall und preiswert verfügbar, ein engmaschiges Netz von Shimano-Servicecentern stellt die Versorgung sicher.
Komponenten verschiedener Marken lassen sich in der Regel nicht miteinander kombinieren. Es gibt nur wenige Ausnahmen; so sind zum Beispiel die Antriebsteile der Zehnfach- und Elffach-Generationen von Shimano und SRAM austauschbar. Das kann interessant sein, weil Shimano-Verschleißteile preiswerter und besser verfügbar sind und in dieser Generation auch haltbarer.
Teile von einem Hersteller lassen sich innerhalb gewisser Grenzen über die Gruppen hinweg kombinieren. Ist die Anzahl der Ritzel auf den Kassetten identisch, passen die Teile auch mechanisch zueinander. So können beispielsweise Verschleißteile von günstigeren Gruppen genutzt werden, um Geld zu sparen. Aus höherwertigen Gruppen können zum Beispiel die Kurbeln das Gesamtgewicht etwas senken.
Auch die Übersetzung lässt sich mithilfe gruppenfremder Teile an die eigenen Bedürfnisse anpassen. So bieten preiswertere Gruppen oft bergtauglichere Kassetten oder Kettenblätter. Allerdings muss man die Kapazitätsgrenzen der Schaltwerke und Umwerfer beachten; Schaltwerke der teureren Schaltungen sind unter Umständen nicht für die großen Ritzel geeignet.