Matthias Borchers
· 27.11.2022
In diesem Artikel verwenden wir sogenannte Affiliate Links. Bei jedem Einkauf über diese Links erhalten wir eine Provision vom Händler. Alle vermittlungsrelevanten Links sind mit * gekennzeichnet. Mehr erfahren.
Keine Lust auf das “Gewurschtel” mit Zehenkappen, dicken Socken oder Überschuhen? Dann könnten richtige Winterschuhe der passende Partner für winterliche Ausfahrten sein. Sieben Modelle im TOUR-Test.
Wer auch im Winter ambitioniert mit dem Renner auf der Straße oder dem Gravelbike auf Schotter unterwegs ist, für den ist der gefütterte und wasserdichte Winterschuhe die richtige Wahl. Im Vergleich zum Sommerschuh, den alle Hersteller in zahlreichen Varianten und Preisklassen im Sortiment haben, ist die Auswahl an Winterschuhen allerdings überschaubar. Für unseren aktuellen Test konnten sieben Hersteller je ein Modell ins Rennen schicken. Marken wie Bontrager oder Specialized, die früher mit von der Partie waren, bieten inzwischen keine Winterschuhe mehr an; Sidi wollte mit seinem aktuellen Modell nicht an unserem Test teilnehmen.
Auf der Basis vieler Erfahrungen beim Radfahren im Winter haben wir uns dafür entschieden, Winterschuhe mit Mountainbike-Sohlen zu testen. Stehen und Gehen auf glattem, nassem oder auch matschigem Untergrund gelingt damit auf jeden Fall sicherer. Nachteil ist, dass man dafür ein passendes Mountainbike-Pedal ans Rad schrauben muss, denn die Platten bzw. Cleats der gängigen Rennradpedale passen nicht auf die MTB-Sohlen.
Wettmachen kann diesen Nachteil, dass durch die längeren Achsen der MTB-Pedale die breiteren Winterschuhe mehr Abstand zu den Kurbeln halten, was hässliche Scheuermarken vermeiden hilft. Wer auch im Winter sein gewohntes Pedalsystem bevorzugt, für den haben von den Marken im Test Fizik und Scott Winterschuhe mit Rennradsohlen im Angebot.
Außer Vaude verwenden alle Hersteller dampfdurchlässige Membrane von Gore-Tex zwischen Außenhaut und Futter; die Marke aus dem Allgäu vertraut auf das recyclingfähige Porenmaterial von Sympatex. Alle Schuhe verfügen über einen umlaufenden Kantenschutz, um Schnitte im Obermaterial durch scharfes Gestein zu verhindern. An einigen können zusätzliche Schraubstollen für besseren Halt beim Laufen im Gelände ergänzt werden. Die Modelle von Fizik und Northwave sind mit besonders dickem Teddyflausch ausgestattet. Der Fizik-Schuh gibt sich mit dem niedrigsten Schaft betont sportlich, während der Schuh von 45 NRTH mit extralangem Neoprenschaft schon fast als Stiefel durchgeht.
Unsere Testerinnen und Tester haben alle Schuhe intensiv ausprobiert und ihre Eindrücke zur Passform sowie die Erfahrungen in der Praxis dokumentiert. Unter Laborbedingungen mussten die Schuhe ihre Wasserdichtigkeit und Isolationseigenschaften unter Beweis stellen. Die gute Nachricht: Alle sieben Paare halten die Füße trocken und warm, wobei 45 NRTH und Northwave hierbei am besten abschneiden - damit sind sie eine Empfehlung für besonders kälteempfindliche Radler. Deutlich weniger wärmen die Modelle von Gaerne und Scott.
Das muss kein Nachteil sein: Zum einen ist das individuelle Kälteempfinden sehr unterschiedlich, und zum anderen kann es bei intensivem Training in stark isolierenden Schuhen schnell zu warm und damit feucht und in der Folge kalt werden. Viel Lob gab es von allen Testern für die Passform des Fizik-Treters, der sich zudem am besten an- und ausziehen lässt. Doch kein Vorteil ohne Nachteil: Wegen des kurzen Schafts läuft Regen und Spritzwasser schnell von oben in die Schuhe. Hier punkten aufgrund ihrer Konstruktion mit hohem Schaft die Modelle von Northwave und 45 NRTH. Die Ergebnisse im Detail lesen Sie unten.
Die Gesamtnote basiert auf den Bewertungen der vier Kriterien Wasserdichtigkeit, Handling, Ausstattung und Gewicht, die unterschiedlich stark einfließen. Das Isolationsvermögen der Schuhe haben wir mithilfe eines reproduzierbaren Verfahrens ermittelt. Dabei kühlt erwärmtes Wasser im Schuhinneren über den Testzeitraum ab, während der Schuh bei etwa null Grad Außentemperatur mit kaltem Wasser besprüht und dem simulierten Fahrtwind eines Ventilators ausgesetzt wird. Am besten wärmt der Schuh, bei dem das Wasser am langsamsten abkühlt. Aufgrund des individuell sehr unterschiedlichen Kälteempfindens benoten wir das Kriterium nicht, sondern geben eine Temperaturempfehlung.
Wasserdichtigkeit (30 %)
Die Schuhe werden mit Packpapier und Papierhandtüchern ausgestopft und anschließend über eine festgelegte Dauer einem Wasserstrahl ausgesetzt. Anschließend dokumentieren wir, an welcher Stelle wie viel Wasser in den Schuh eindringt.
Handling (30 %)
Hier entscheiden Bauart und Bedienung von Drehverschlüssen und Schnürungen darüber, wie gut sich ein Schuh auch in Fahrt anpassen lässt. Die Beschaffenheit von Klettverschlüssen, der Zunge oder Fersenform können das An- und Ausziehen erleichtern oder erschweren. Auf Sohlen mit integrierten, weichen Gummiblöcken geht man sicherer als auf sehr harten Sohlen.
Ausstattung (30 %)
Am besten schneiden hier Schuhe ab, deren Drehverschlüsse sich in beide Richtungen fein justieren lassen, die mit einer Innensohle zur Fußgewölbe-Unterstützung ausgestattet sind, die Montage zusätzlicher Schraubstollen erlauben und über ausreichend und sinnvoll platziertes Reflexmaterial verfügen.
Gewicht (10 %)
Der Gewichtsunterschied zwischen dem schwersten (Vaude) und dem leichtesten Schuh (Northwave) beträgt immerhin ein halbes Pfund. Leichte Schuhe tragen sich bei gleich guter Passform komfortabler als schwere und trocknen in der Regel auch etwas schneller.
Wasserdichtigkeit (30 %) Note 1,0
Handling (30 %) Note 1,4
Ausstattung (30 %) Note 1,5
Gewicht (10 %) Note 3,0
Fazit: Der Winterschuh fällt klein aus, Nummer größer probieren; sehr warm, bester Spritzschutz dank sehr hohem Schaft, lässt sich dank Klettverschluss leicht an- und ausziehen, die Weitenanpassung in Fahrt klappt ebenfalls sehr gut, viel Reflexmaterial.
Wasserdichtigkeit (30 %) Note 2,0
Handling (30 %) Note 1,8
Ausstattung (30 %) Note 2,0
Gewicht (10 %) Note 2,0
Fazit: Tolle Passform; das Material schützt sehr gut vor Wasser, das flauschige Futter wärmt gut; über den niedrigen Schaft kann leicht Spritzwasser eindringen; der Boa-Verschluss rastet lediglich in eine Richtung. Das Modell mit Rennradsohle heißt “Tempo”
Wasserdichtigkeit (30 %) Note 2,0
Handling (30 %) Note 1,2
Ausstattung (30 %) Note 1,5
Gewicht (10 %) Note 2,0
Fazit: Der Schuh fällt klein aus, Nummer größer probieren; in halben Größen erhältlich; der leichteste Schuh im Test lässt sich während der Fahrt fein in der Weite justieren; hinter der Zunge kann Spritzwasser eindringen; für Temperaturen über null Grad und starke Schwitzer.
Wasserdichtigkeit (30 %) Note 1,0
Handling (30 %) Note 2,2
Ausstattung (30 %) Note 1,0
Gewicht (10 %) Note 1,0
Fazit: Testsieger. Fällt insgesamt groß aus, Nummer kleiner probieren; beim An- und Ausziehen hilft ein Schuhlöffel, der Drehverschluss benötigt etwas Übung und lässt sich mit Handschuhen nicht immer sicher greifen. Sehr guter Wetterschutz.
Wasserdichtigkeit (30 %) Note 2,0
Handling (30 %) Note 2,4
Ausstattung (30 %) Note 2,0
Gewicht (10 %) Note 3,0
Fazit: Fällt relativ groß aus und bietet viel Platz in der Zehenbox, eventuell Nummer kleiner probieren; nicht so warm, bietet jedoch guten Spritzschutz mit Reißverschluss; Größenanpassung mittels Schnürung etwas fummelig, zwingt unterwegs zum Absteigen.
Wasserdichtigkeit (30 %) Note 2,0
Handling (30 %) Note 1,8
Ausstattung (30 %) Note 1,5
Gewicht (10 %) Note 2,0
Fazit: Komfortabler Schuh beim An- und Ausziehen, die Weiteneinstellung funktioniert auch in Fahrt und mit Handschuhen sehr gut; Sohle mit viel Grip; gut gegen Spritzwasser geschützt; die Innensohle unterstützt das Fußgewölbe.
Wasserdichtigkeit (30 %) Note 2,0
Handling (30 %) Note 2,4
Ausstattung (30 %) Note 2,0
Gewicht (10 %) Note 3,0
Fazit: Fällt klein und schmal aus, Nummer größer probieren; der wärmste Schuh im Test ist gut gegen Spritzwasser geschützt; eine schraubbare Abdeckung macht die Sohle tauglich für flache Pedale; der Drehverschluss ist unter dem Spritzschutz ungünstig platziert; relativ schwer.