Matthias Borchers
· 22.02.2022
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Rennrad-Handschuhe für die Übergangszeit müssen vor allem vor Fahrtwind und Regenschauern schützen. Praktisch sind Modelle, mit denen sich auch Displays von GPS-Computer oder Smartphone bedienen lässt. Ein Dutzend lange Handschuhe im TOUR-Test.
Das Wetter im ausgehenden Winter und ins beginnende Frühjahr hinein ist vor allem unbeständig und unberechenbar; ähnliches gilt für den Herbst und milde Wintertage. Sonne, Wolken, Wind und Regen wechseln wild, und die Temperaturen pendeln zwischen kühlen fünf oder milden fünfzehn Grad. Entsprechend anspruchsvoll ist die Aufgabe für lange Rennrad-Handschuhe unter schnell wechselnden und sehr unterschiedlichen Bedingungen. Selbst während ein und derselben Trainingsrunde kann ein Handschuh zu warm oder zu kalt sein und die Hände lange genug oder zu kurz vor Regenschauern schützen.
Bewährt haben sich Handschuhe in Laminat-Bauweise: An Hand- und Fingerrücken liegt eine dampfdurchlässige Membran unter einer dauerhaft wasserabweisend beschichteten Außenhaut. Eine zusätzliche Lage isolierenden Materials braucht es bei Temperaturen um die zehn Grad nicht zwingend, solange der Schutz vor Wind und Wasser effektiv funktioniert. Für Temperaturen um den Gefrierpunkt und drunter braucht man spezielle Winter-Handschuhe. Einen Test von zwölf Rennrad-Handschuhen für Winterfahrten finden Sie hier.
Damit man mit angezogenen Handschuhen wenigstens die Grundfunktionen im Display von GPS-Gerät oder Handy bedienen kann, muss das isolierende Funktionsmaterial des Handschuhs leitend gemacht werden. Dazu wird der Stoff mit einem stromleitenden Faden versehen, wie beispielsweise Silbergarn. Die meisten Herstellern statten Daumen und Zeigefinger beider Handschuhe auf diese Weise aus.
Sehr unterschiedlich gestalten die Hersteller die Innenhände ihrer Handschuhe. Die einen favorisieren einfaches, flexibles Material, während andere robustes, angerautes Lederimitat verwenden und an Handballen oder Handteller Gelpolster anbringen, um Nervenstränge zu entlasten und beispielsweise taube Finger zu verhindern. Ob die verschiedenen Polsterungen sinnvoll sind und wie sie wirken, ist eine ähnlich individuelle Frage wie beim Sitzpolster der Radhose. Zumal die Unterschiede so groß sind wie die Bandbreite persönlicher Vorlieben. Was dem einen zu dünn, ist der anderen zu dick; mancher will lieber ein Polster am Handballen, ein anderer am besten gar keins – aber wenigstens eine abriebfeste Partie zum Schutz der Hand bei Stürzen.
Ein Dutzend Hersteller sind unserer Testeinladung gefolgt und haben jeweils zwei Paare unterschiedlicher Größe eingesandt. Das günstigste Modell zum Preis von 27 Euro der deutschen Marke Kinetixx war gleichzeitig auch das leichteste und dünnste im Testfeld. Der teuerste ist mit 70 Euro der Softshell-Handschuh der italienischen Marke Castelli. Das flauschige Strickmodell mit Membran von Q36,5 für 60 Euro, ebenfalls aus Italien, gefiel allen Testern auf Anhieb wegen seines hohen Tragekomforts schon bei der ersten Anprobe.
Getestet haben wir alle zwölf Handschuhe in den Kategorien Wetterschutz, Tragekomfort, Handhabung und Verarbeitung. Dafür musste jeweils ein Paar von jedem Hersteller fünf Waschgänge als Teil unseres Teststandards überstehen. Waschen, Spülen und Schleudern fördert relativ deutliche Hinweise zur Produkt- und Verarbeitungsqualität zutage, beispielsweise lose Fäden, schrumpelndes Reflexmaterial oder die Farbechtheit des Materials.
Nach dem Waschen zeigt sich auch, wie haltbar die Imprägnierung ist; der anschließende Spraytest zeigt, ob Regen noch abperlt oder vom Handschuhstoff aufgesogen wird wie von einem Schwamm. Zwei Drittel der Handschuhe im Test zeigten hierbei erkennbare Schwächen; manche Modelle sind trotz anderslautender Deklaration nur für trockenes Wetter geeignet.
Wie bei den meisten anderen Bekleidungsstücken auch, lässt sich die Passform eines Handschuhs nicht streng benoten – Hände sind zu unterschiedlich. Ein paar allgemeingültige Regeln, anhand derer man die Handschuhe einordnen kann, lassen sich aber formulieren: So verhindert steifes Material an der Innenhand, dass man seine Hände geschmeidig um den Lenker legen kann. Dicke Polster wiederum, besonders an der Innenhand beziehungsweise an den Fingerwurzeln, machen den Griff indirekt oder gar schwammig. Nähte zwischen den Fingern und über oder um die Fingerkuppen herum können einengen oder drücken, besonders wenn sie wulstig sind. Zu dickes und unflexibles Material am Handrücken erfordert eine ständige, minimale Kraftanstrengung, um die Hand um den Lenker zu schließen, was auf Dauer ermüden kann.
Angenehm hingegen ist ein langer, weicher Bund, der verhindert, dass Zugluft in die Jackenärmel kriecht. Je elastischer der Bund, desto leichter lassen sich die Handschuhe an- und ausziehen. Klettriemen sind dann praktisch, wenn sie sich auch mit Handschuh leicht greifen lassen und der Bund sich in der Weite großzügig anpassen lässt.
Das Tippen und Wischen auf den Touchscreens der GPS-Computer und Smartphones funktionierte unterschiedlich gut, groß sind die Unterschiede jedoch nicht. Ob man auf einer digitalen Tastatur Texte tippen kann, hängt eher vom Schnitt und Volumen der Handschuhfinger ab als von der Leitfähigkeit der textilen Tipp-Fläche. Äußerlich erkennbare Merkmale dafür, wie sensibel die Touchfunktion bei einem Rennrad-Handschuh funktioniert, gibt es kaum; verzichten würden wir auf dieses Feature dennoch nicht mehr, denn es ist ausgesprochen lästig, wenn man jedesmal die Handschuhe ausziehen muss, um den GPS-Computer zu bedienen, ans Telefon zu gehen oder ein schnelles Handy-Foto zu schießen. Wirklich wichtig ist beim Handschuh aber der Tragekomfort und der Schutz vor Kälte, Wind und Regen.
Die Displays der meisten aktuellen Smartphones sind als kapazitive Touchscreens ausgeführt, sogenannte resistive Touchscreens findet man inzwischen seltener und überwiegend bei älteren GPS- oder Navigationsgeräten. Letztere reagieren auf Druck, der zwei elektrisch leitfähige Schichten punktuell verbindet. Solche Displays sind preislich günstiger, aber schlechter ablesbar und verschleißanfällig. Kapazitive Displays sind berührungsempfindlich und erlauben komplexere Mehrfinger-Gesten. Sie bestehen aus einer Glasplatte, auf der eine durchsichtige, leitfähige Folie angebracht ist. Über Wechselstrom entsteht ein elektrisches Feld, das auf Berührung mit dem bloßen Finger reagiert. Die Technik ist im Vergleich teurer, die Displays sind aber langlebiger und widerstandsfähiger gegen Kratzer.
Test-Fazit: Der Handschuh fällt relativ klein aus und fühlt sich sehr fest an; Nähte und Materialkanten sind innen spürbar; hochwertig verarbeitet, gute Touchfunktion. Nur für trockenes Wetter geeignet.
Test-Fazit: Schmiegt sich elastisch um die Hand, die Finger sind vergleichsweise lang, dünn und flexibel; das Griffgefühl am Lenker ist leicht schwammig; guter Regenschutz; etwas träge Touchfunktion. Die geklebten Flächen lösen sich nach dem Waschen ab.
Test-Fazit: Die Innenhand des klein ausfallenden Handschuhs ist relativ steif, An- und Ausziehen geht schwer; nach der Wäsche lose Nähte an Daumen und Bund; sehr gute Touchfunktion. Eher für trockenes Wetter geeignet.
Test-Fazit: Passen gut an kräftigen Händen und Fingern; direktes Griffgefühl am Lenker, bequemer Sitz, leicht an- und auszuziehen; tadellose Touchfunktion. Die im Neuzustand gute Imprägnierung lässt nach der Wäsche deutlich nach.
Test-Fazit: Normale Passform mit relativ langen Fingern, die an der Fingerwurzel eng anliegen; deutlich spürbare Naht am Daumen; guter Grip am Lenker, Touchfunktion nicht immer treffsicher; top verarbeitet. Die im Neuzustand gute Imprägnierung lässt nach der Wäsche etwas nach.
Test-Fazit: Ein Handschuh für schlanke Finger und Hände, wegen der steifen Innenhand etwas mühsam an- und auszuziehen. Tippen mit dem Daumen ist schwierig. Nur für trockenes Wetter, auch in Neonfarben erhältlich.
Test-Fazit: Normale Passform, sehr komfortabel an der Hand, sehr gutes Griffgefühl am Lenker, Touchfunktion sehr präzise und sensibel; separate Schlaufe erleichtert das An- und Ausziehen. Im Neuzustand gut imprägniert, nach der Wäsche saugt die Außenhaut sichtbar Wasser auf.
Test-Fazit: Passform für schlanke Hände, die Nähte und Polster sind leicht spürbar; der unelastische Reflexstreifen drückt auf den Handrücken; gute Touchfunktion; eher für trockenes Wetter und gelegentlichen Niesel; top verarbeitet.
Test-Fazit: Sehr angenehm zu tragen, sitzt wie eine zweite Haut; Touchfunktion nur an den Zeigefingern, etwas träge; top verarbeitet; das Strickmaterial saugt relativ schnell Wasser. Entgegen der Modellbezeichnung eher für trockenes Wetter geeignet.
Test-Fazit: Vergleichsweise voluminöser Handschuh; etwas indirektes Griffgefühl am Lenker; sehr guter Nässeschutz, leicht an- und auszuziehen; top verarbeitet. Die Zonen der Touchfunktion sind etwas steif, aber sensibel.
Test-Fazit: Schmiegt sich fest an die Hand; direktes Gefühl am Lenker, guter Grip; Touchfunktion nur am rechten Zeigefinger; angenehm langer Bund, haltbare Imprägnierung, sehr gut verarbeitet; auch als Version für Frauen erhältlich.
Test-Fazit: Sehr leicht und dünn, eher für milde Temperaturen um oder über zehn Grad geeignet; lassen sich sehr leicht an- und ausziehen, die Touchzonen funktionieren sensibel; die im Neuzustand gute Imprägnierung hält der Wäsche relativ gut stand.
Ausgangspunkt zur Bestimmung von Handschuhgrößen in Europa sind alte Zoll (1 Pouce entspricht 2,7 Zentimetern) und deren Umrechnung in Zentimeter. Einem Handumfang von 27 Zentimetern entspricht also der Größe „10“. Diesen Größen sind die international üblichen Buchstabenwerte zugeordnet, der Männergröße „10“ beispielsweise „XL“. Für Frauen- (und Kinder-)hände gibt es eine eigene Größentabelle, wobei die Zoll-/Zentimeter-Angaben identisch mit den Männer-Werten sind, nicht aber die zugeordneten Buchstabenwerte.
Und um es noch etwas komplizierter zu machen: Auch die Umrechnung von Zentimeter in alte Zoll wird nicht einheitlich gehandhabt. Bei manchen Herstellern entsprechen 27 Zentimeter Handumfang beispielsweise der Größe „10.5“. Da die Handschuhe je nach Hersteller auch noch unterschiedlich ausfallen, liefern Größentabellen wichtige Anhaltspunkte, aber keine Garantie für den passenden Handschuh.
Die Gesamtnote setzt sich zusammen aus insgesamt vier Kriterien, die wir nach Relevanz gewichtet haben. Alle Labor- und Praxisversuche haben wir selbst durchgeführt. Alle Testhandschuhe wurden einheitlich nach Anleitung in der Waschmaschine gewaschen.
Wetterschutz (30 %) Winddicht sind alle Handschuhe, Unterschiede gibt es bei der Fläche, die der Handschuh bedeckt. Die Modelle von Giant oder Gore Wear beispielsweise schützen die Handgelenke großzügig, GripGrab oder Ziener kaum. Sehr große Unterschiede beim Abperlverhalten konnten wir im Labor mit dem Spray-Test ermitteln. Während sich die Außenhaut bei den Handschuhen von Alé oder GripGrab oder Q36,5 vollsaugte wie ein Schwamm, perlten die Wassertropfen selbst nach dem Wasch-Test bei Roeckl oder Sportful zuverlässig ab.
Tragekomfort (30 %) Handschuhe mit hohem Tragekomfort sollten so flexibel wie möglich sein, innen bei jeder Bewegung genügend Spielraum lassen und keinerlei Druckstellen an den Fingerkuppen oder -wurzeln verursachen. Als wahrer Handschmeichler auch am Lenker präsentierte sich bei diesen Kriterien der Strick-Handschuh von Q36,5, gefolgt von den klassischen Softshell-Varianten von Castelli, Sportful und Gore Wear.
Handling und Touch-Funktion (30 %) Beim Handling haben wir ausprobiert, wie sich die Handschuhe an- und ausziehen lassen. Die meisten Modelle machen wenig Probleme, wobei sich der sehr eng geschnittene Craft lediglich mit Aufwand über die Hand stülpen und wieder abstreifen lässt und man beim Roeckl darauf achten muss, dass bei schwitzig-klebrigen Händen das Futter im Handschuh verbleibt. Die besten Noten für die Touchfunktion erhielten die Modelle mit leitenden Kuppen an Daumen- und Zeigefinger links wie rechts. Im Praxisversuch mit Smartphones und GPS-Computern mit kapazitiven Touchscreens haben wir zudem ermittelt, wie sensibel und treffsicher sie sich bedienen lassen. Die Handschuhe von Craft, Giant und Kinetixx konnten am meisten überzeugen, während Castelli oder GripGrab beim Wischen und Tippen teilweise etwas mehr Geduld verlangen.
Verarbeitung (10 %) Die Verarbeitung der Handschuhe haben wir einmal im Neuzustand bewertet und einmal nach insgesamt zehn Stunden in der Waschmaschine. Bei den meisten Kandidaten konnten wir kaum Fehler oder Verschleiß feststellen, weshalb sich die Noten auf hohem Niveau bewegen, ohne große Unterschiede.
Den vollständigen Test mit detaillierten Einzelnoten der langen Rennrad-Handschuhe finden Sie unten zum Download für 1,99 Euro.
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