Stefanie Weinberger
· 25.10.2022
Radfahren ist gesund und macht fit - eigentlich. Trotzdem plagen auch Radler gelegentlich Schmerzen. Zusammen mit dem Orthopäden und langjährigen TOUR-Experten Dr. Christian Merkl geben wir Tipps, was Sie gegen plötzlich auftretende Schmerzen unternehmen können.
• Das Problem: Es kribbelt unangenehm in Fingern und Handflächen. Das Griffgefühl schwindet mehr und mehr, was das Schalten und Bremsen erschweren kann.
• Die Ursache: Ebenso wie die Füße müssen die Hände viel Gewicht auf kleiner Fläche tragen. Dazu kommen Erschütterungen durch die Straße. Das drückt auf die Nerven, die unter dem Handgelenk verlaufen.
• Das hilft sofort: Umgreifen, so oft es geht; Hände vom Lenker nehmen und ausschütteln, “Fingerspiele”. Falls vorhanden, etwas Weiches, zum Beispiel einen Armling, um die Auflageflächen am Lenker wickeln.
• Fürs nächste Mal: Die Stellen des Lenkers, auf denen die Hände länger ruhen, weicher polstern, zum Beispiel mit einem zweiten Lenkerband oder Gel-Pads. Tragen Sie Radhandschuhe mit guter Polsterung. Montieren Sie eventuell einen anatomisch geformten Lenker mit verbreiterter Grifffläche.
• Das Problem: Es knirscht, sticht oder zieht bei jedem Tritt im Knie, dem wichtigsten Gelenk des Radlerkörpers - besonders beim Fahren in schweren Gängen.
• Die Ursache: Meist Überlastung des Kniegelenks, wenn man in zu großen Gängen fährt. Oft verursachen auch ein falsch eingestellter Sattel oder eine unsaubere Tretbewegung die Schmerzen.
• Das hilft sofort: Runterschalten! Oft helfen Positionswechsel, fahren Sie ab und zu im Wiegetritt. Sattelhöhe anpassen: Das gestreckte Bein reicht mit der Ferse auf das tief stehende Pedal.
• Fürs nächste Mal: Sitzposition überprüfen, Pedalplatten genau einstellen, Dehnübungen für die Oberschenkel- und hüftumgreifende Muskulatur ins Trainingsprogramm aufnehmen.
• Das Problem: Die Füße fühlen sich taub und eingeschlafen an, auf längeren Fahrten brennen die Fußsohlen.
• Die Ursache: Die Füße haben beim Radfahren die Aufgabe, die Kraft aufs Rad zu übertragen. Die Mitte der Fußballen wird dabei besonders beansprucht. Senk- oder Spreizfüße verstärken das Problem ebenso wie schlecht sitzende oder enge Radschuhe.
• Das hilft sofort: Schuhe aufmachen, Fußgymnastik. Sohlenmassage kann Wunder wirken. Um den Druck gleichmäßiger auf dem Ballen zu verteilen, kann man sich ein kleines orthopädisches Hilfsmittel basteln: Platzieren Sie einen Wattebausch oder ähnliches - notfalls einen zusammengeknäuelten Grasbüschel - im Schuh vor der Pedalachse unter dem Fußgewölbe.
• Fürs nächste Mal: Probieren Sie andere Radschuhe und oder Pedale aus. Tragen Sie orthopädische Sporteinlagen oder Spreizfußbandagen (Orthopädie-Fachhandel).
• Das Problem: Der Nacken fühlt sich hart und verspannt an, es fällt zunehmend schwer, den Kopf zu heben oder zu drehen. Von der Lendenwirbelsäule können stechende Schmerzen ausgehen.
• Die Ursache: Die sportliche Sitzposition auf dem Rennrad zwingt die Wirbelsäule in eine gekrümmte Haltung. Zudem muss der Kopf nach hinten geneigt werden, um die Straße sehen zu können. Oft sind die Rumpfmuskeln zu schwach, um den Oberkörper ausreichend zu stabilisieren.
• Das hilft sofort: Möglichst aufrecht fahren, mit den Händen am Oberlenker. Position auf dem Rad oft wechseln. Lenker im Vergleich zum Sattel höher stellen und dadurch die Sattelüberhöhung verkleinern oder beseitigen. Nacken massieren (lassen) und sanft dehnen. Ansonsten bringen Erleichterung: Wärme, zum Beispiel durch ein Halstuch, das den Nacken zugleich leicht stützt, oder mit Hilfe eines Wärmepflasters. Im Notfall entzündungshemmende und schmerzlindernde Creme oder Tabletten anwenden.
• Fürs nächste Mal: Rückenfreundlichere Sitzposition einnehmen; Rumpf kräftigen; Hilfe beim Orthopäden oder Physiotherapeuten suchen.
• Das Problem: Nach längerem Fahren spürt man(n) Taubheitsgefühle im Schritt. Meistens besteht das Problem aber nur vorübergehend, während und kurz nach dem Radfahren.
• Die Ursache: Langes Sitzen auf harten, schmalen Rennsätteln drückt Nerven und Blutgefäße in der Dammregion ab.
• Das hilft sofort: Häufig aus dem Sattel gehen, Wechsel von Stehen und Sitzen mindestens alle zehn Minuten - auch zur Vorbeugung. Unterwegs Sattelspitze in kleinen Schritten nach unten neigen, jedoch nicht um mehr als einige Grad.
• Fürs nächste Mal: Sattelneigung und -höhe überprüfen (siehe auch Knieschmerz). Sattel kaufen, der zum Abstand der Sitzknochen passt. Einige Männer kommen mit Damenmodellen besser zurecht.
• Das Problem: Der Hintern schmerzt, die Haut ist wund - das Weiterfahren wird zur Qual. Besteht das Problem länger, können sich Sitzpickel oder sogar Abszesse bilden.
• Die Ursache: Lokale Druckstellen und Wundschmerzen der verletzten Haut, in die Bakterien eindringen können.
• Das hilft sofort: Im Stehen radeln - siehe Dammschmerz. Mit etwas mehr Druck in dickeren Gängen zu fahren, entlastet das Gesäß. Falls greifbar, die betreffenden Bereiche mit (Sitz-) Creme oder Vaseline einreiben. Auch Abspülen mit kaltem Wasser kann helfen.
• Fürs nächste Mal: Gegebenenfalls einen anderen, passenden Sattel ausprobieren und richtig einstellen; probieren Sie eine andere Radhose. Achten Sie peinlich genau auf Hygiene im Sitzbereich, waschen Sie Ihre Hose nach jeder Ausfahrt. Eventuell bringt eine Rasur der Schamhaare Linderung. Schützen Sie die Haut vor dem Radeln mit (Sitz-) Creme. Mit der Zeit gewöhnen sich die Nerven an den Druck.