Der Großteil der für heute geplanten 1.000 Höhenmeter steckt mir schon in den Beinen, als dieser schier endlos scheinende, fies rutschige Schotteranstieg langsam an Steilheit verliert. Ich kann wieder tiefer einatmen und sauge genüsslich den Duft mediterraner Kräuter in die Nase. Hier oben streichelt mich eine leichte Brise und trocknet den Schweiß, der meine Haut angenehm kühlt. Nach dem Kampf bergauf im Schotter kann ich die Aussicht genießen. Tief unter mir spiegeln sich im Lago Trasimeno die Schäfchenwolken und der blaue Himmel. Sanft geschwungene Hügel umrahmen Italiens viertgrößten See und überragen ihn um bis zu 350 Meter. Unter den Reifen knistert feiner hellbeiger Schotter als passende Hintergrundmelodie für dieses grandiose Panorama. Genauso habe ich mir Graveln in Umbrien vorgestellt: Wenn der härteste Anstieg geschafft ist, genießt man einen wunderbaren Ausblick und saust danach durch Zypressenalleen entspannt bergab. In wenigen Minuten werde ich bei einer Tasse Cappuccino am Seeufer sitzen und an nichts denken außer an die schönen Momente dieser Tour …
Umbrien. Warum Umbrien? Der Name dieser Region hatte in meinen Ohren nicht den italienisch-betörenden Klang einer Emilia-Romagna oder Toskana. Aber ich war auf der Suche nach einem Reiseziel für meine Familie, also für Mann, Kleinkind und mich. Familienurlaub mit Gravelbiken in entspannter Atmosphäre. Und dabei entdeckte ich die Villa Rey in Umbrien, ein restauriertes Bauernhaus mit Pool. Schöne Landhäuser mag es viele geben, aber als Bikerin kommt man an diesem nicht vorbei: Besitzerin Silvia Rey fährt nämlich seit Jahrzehnten selbst Bike und ist die Schwester von Hans „No Way“ Rey – einem Pionier im Trial und Freeride. Die Kunststücke, die ihren Bruder aufdem Bike berühmt gemacht haben, gelingen Silvia auf andere Weise: 1990 gründete sie mit ALPStours einen der ersten Mountainbike-Reiseveranstalter, bevor sie mit ihrem Mann nach Umbrien übersiedelte und mitten in diesem weißen Fleck auf der Biker-Landkarte dieses Kleinod aufzog. Ein Kleinod im touristischen Niemandsland. Denn die meisten Reisenden aus dem Norden lassen Umbrien sprichwörtlich links liegen und besuchen lieber die nordöstlich gelegene Toskana. Da können Umbriens Tourismusmanager noch so gern pathetisch mit dem „grünen Herzen Italiens“ werben.
Dass die küstenlose Region gern unterschätzt wird, macht Umbrien für mich aber erst interessant. Statt Souvenirmeilen, überfüllter Plätze und Schwärmen von Reisebussen erwartet uns ein sanftes, stilles Hügelland. Die Landschaft mag vielleicht rauer und weniger aufgeräumt erscheinen als in der benachbarten Toskana, aber auch in Umbrien produziert man feinste Öle und Weine, dazu werden reichlich Trüffeln ausgegraben.
Von zu Hause in Deutschland bis zur Villa Rey, die in der Nähe der beschaulichen Gemeinde Panicale liegt, rund 30 Kilometer südwestlich von Umbriens Hauptstadt Perugia, sind es 1.300 Kilometer. Der erste Urlaub für unsere frischgebackene kleine Familie. Mit Kleinkind brauchen wir für die Anreise drei Tage, zwei Tankfüllungen und eine Menge Nerven. In der Villa soll dann jeder auf seine Kosten kommen. Mein Mann und ich wollen uns beim Kindbetreuen und Tourenfahren abwechseln. Das ist der Plan.
Am Morgen nach unserer Ankunft bekomme ich noch ein paar Instruktionen von Gastgeberin Silvia – nicht nur zur Tagestour, auch zu Schlangen, genauer: zu giftigen Vipern. Man dürfe nicht durch hohes Gras gehen und solle die Naturtoilette am besten vermeiden. Ich würde gern sagen, dass das kein Problem für mich ist, aber ich finde nichts schlimmer als die Vorstellung von Reptilien in freier Wildbahn. Dann erzählt mir Silvia noch, dass das Gravelbike bis vor Kurzem für sie Neuland gewesen sei. Um uns Tourentipps zu geben, habe sie sich das erste Mal auf so ein „Offroad-Rennvelo“ gesetzt und ihre Wahlheimat, in der sie fast jeden Feldweg, jeden Trail vom Mountainbiken kennt, damit ganz neu erkundet. Dabei habe sie festgestellt, dass es nicht genüge, geschotterte Mountainbike-Strecken als Gravelterrain zu deklarieren. Vor allem, wenn es auf hartem Untergrund mit losem Geröll steil bergab gehe, komme so ein Offroad-Rennvelo schon mal an seine Grenzen, meint Silvia. Schlussendlich hat sie vier Graveltouren für uns entwickelt: zwei Einsteigerrunden auf Naturstraßen mit moderaten Anstiegen und zwei Runden für versiertere Gravelbiker. Bei Letzteren sind die Schotterstrecken technisch anspruchsvoller und es warten steilere Abschnitte, bergauf mit maximal 15 Prozent Steigung, bergab sogar mit bis zu 18 Prozent Gefälle.
Ich liebe dieses Gefühl, wenn man völlig in die Natur eintaucht und den Kontakt zur Zivilisation verliert
TOUR: Warum haben Sie mit Gravelbiken begonnen?
SPOSINI: Nach all den Jahren, in denen ich Mountainbike-Rennen gefahren bin, hatte ich hartes Training, Zeitstatistiken und Leistungsberechnungen satt. Ich brauchte eine andere Fahrradphilosophie: Entspannung, Kontakt mit der Natur, die Aussicht genießen und auch mal anhalten, um etwas zu unternehmen oder ein Foto von der wunderschönen Landschaft zu machen. Das ist es, was Gravelbiken für mich bedeutet.
Und all das finden Sie in Ihrer Heimat?
Ja, Umbrien ist eine wundervolle Region. Hier im Norden erheben sich nicht allzu anspruchsvolle Hügel, ideal fürs Gravelbike. Und von oben hat man meist eine herrliche Aussicht auf die Ebene mit Seen, Burgen, Abteien und mittelalterlichen Dörfern, in denen man noch die Luft eines Lebens atmen kann, das fernab des Chaos und der Hektik der Großstädte existiert. Das ist die Umgebung, in der ich geboren wurde und in der ich gern lebe.
Und wie steht es um die Gravel-Szene in Umbrien?
Die boomt, wie in ganz Italien. Laut einem Freund, der ein Fahrradgeschäft besitzt, sind Gravelbikes und E-Bikes derzeit die einzigen Sektoren, die in einem Markt, der erhebliche Probleme hat, wachsen. Viele meiner Freunde haben sich mittlerweile ein Gravelbike gekauft, und das ganze Jahr über werden zahlreiche Events organisiert, zuletzt vergangene Woche im Sagrantino-Weingebiet von Montefalco.
Haben Sie eine Lieblingstour?
Das ist schwer zu beantworten. Überall gibt es Wunderbares zu entdecken – zum Beispiel bei meiner letzten Fahrt in der Toskana in Montalcino, wo ich teilweise der Eroica-Route gefolgt bin. Und wenn wir über die Gebiete sprechen, in denen ich normalerweise fahre, würde ich die Monte-Peglia-Runde nennen (der Monte Peglia liegt 35 Kilometer südlich der Villa Rey; Anm. d. Red.), weil sie so wild ist, dass man völlig in die Natur eintaucht und den Kontakt zur Zivilisation verliert. Ich liebe dieses Gefühl.
Nach den ersten Kilometern weiß ich: Silvia hat großartige Arbeit geleistet. Einige der asphaltierten Nebenstraßen sind, sagen wir mal: wartungsbedürftig. Mein Bike rumpelt über holperigen, geflickten Belag, in dem ab und zu tiefe Risse klaffen, breit genug, um selbst einen Gravelreifen zu verschlucken. Hier wäre das Rennrad die deutlich schlechtere Wahl. Meine breiten, profilierten Pneus, mit geringem Luftdruck gefahren, nehmen den Sträßchen die Ruppigkeit. Und weil in diesem Landstrich nicht viel los ist, werde ich beim Umkurven der Risse auch nicht vom Verkehr gestört. Dann geht es runter vom Asphalt, in ein Terrain, für das mein Bike gebaut wurde: auf eine „strada bianca“, wie man hier sagt. Die eher aus der Toskana benanten und berühmten weißen Straßen sind fein geschotterte, verdichtete Naturstraßen aus hellem Kalk, die in den ländlichen Gegenden abgelegene Gehöfte und Dörfer verbinden. Und weil sie nur von relativ wenigen Menschen benutzt werden, sind sie bislang der Asphaltierung entkommen. Je hügeliger und einsamer es wird, desto gröber und teilweise auch lose wird ihr Belag. Perfektes Gravelterrain.
Kurz vor Ende meiner ersten Runde lege ich noch einen Stopp in Panicale ein, das sich die Struktur eines mittelalterlichen befestigten Dorfes bewahrt hat; es liegt, umrahmt von einer mächtigen Mauer, auf der Spitze eines Hügels über dem Lago Trasimeno. Seine alten, aus Bruchstein und Ziegeln gemauerten Bauwerke sind gut erhalten, trotzdem bevölkern keine Touristenmassen die Gassen und gepflasterten Plätze. Genüsslich gönne ich mir auf der Piazza Umberto I. am mehr als 500 Jahre alten Travertin-Brunnen einen Kaffee, danach die lokale Spezialität Torta al Testo, ein Fladenbrot aus dem Holzofen, belegt mit Prosciutto und Pecorino. Ich schaue mich um und genieße die kurze Zeitreise ins Mittelalter auf der Piazza mit dem achteckigen Brunnen, der früher die Zisterne des Ortes war. An diesem Nachmittag ist der Platz fast menschenleer. Aber dann kommt ein Mann um die Ecke und geht direkt auf mich zu. Federico Sposini ist nämlich mit mir verabredet. Silvia vermittelte den Kontakt, denn Federico, der in Panicale als Hausarzt arbeitet und erst seit 2023 ein Gravelbike besitzt, gilt hier in der noch jungen Schotterszene schon als Experte für Graveltouren. Viel Zeit bringt er aber nicht mit, die nächsten Patienten warten schon. Wir unterhalten uns kurz übers Graveln und seine Lieblingstouren (siehe Interview), dann eilt er zurück in die Praxis.
Ich nehme mir noch etwas Zeit für Panicale und die letzten Kilometer – und erreiche die Villa Rey im schönsten Sonnenuntergang. Die Blütenpollen einer riesigen Pappel schweben durch die milde Frühlingsluft. Einer der anderen Gäste, die gerade von einer Mountainbike-Tour zurückgekommen sind, spielt versonnen auf seiner akustischen Gitarre. Es ist Anfang Mai, der deutsche Winter war lang und dunkel. Die tief stehende Sonne scheint in unser geräumiges Gästehäuschen, und ich bin voller Vorfreude auf die kommenden Tage. Abends sitzen alle Gäste im Haupthaus an einem riesigen Tisch. Silvia tischt auf und kann zu jedem Gang eine Geschichte erzählen. Es gibt Artischocken-Carpaccio, Zitronenrisotto und Mousse au Chocolat mit lokalem Olivenöl. Dazu serviert sie im Eichenfass gelagerten Traubensaft vom eigenen Weinberg – mit einem wuchtigen Aroma und Hans Rey auf dem Etikett.
Mein Mann kann es kaum erwarten, auch mit seinem Gravelbike loszulegen. Weil ich aber ungern verzichten möchte, nachdem die erste Tour so schön war, teilen wir uns die nächsten Tage auf: Jeder darf ein paar Stunden mit dem Rad unterwegs sein. So werden wir zum eingespielten Gravel-Kind-Team. Auf den beiden schweren Touren zum Lago Trasimeno und ins obere Tibertal bin ich sogar froh, dass wir uns Kilometer und Höhenmeter teilen. Denn ich merke, dass mich, die Mountainbikerin, lange Gravelrunden körperlich ungewohnt belasten. Aber auf der Fahrt durch malerische Zypressenalleen und durch die hügelige umbrische Wildnis verdränge ich, dass die Beine brennen. Dazu kommt die Vorfreude auf das wunderbare Essen am Abend. Ich kann mir einen Gravelbike-Familienurlaub nicht schöner vorstellen. Und, so verspreche ich es Silvia, falls ich nicht schon vorher wiederkomme, wird sie mich spätestens in 15 Jahren erneut hier sehen, dann, wenn der Knirps selbst mit dem Gravelbike mitfahren kann.
Die Region Umbrien liegt mitten in Italien, umgeben von Toskana, Latium und den Marken; Hauptstadt ist Perugia. Umbrien ist von ausgedehnten Bergrücken mit Weidewirtschaft und Ackerbau geprägt. Unser Standort, die Villa Rey in Tavernelle, das zur Gemeinde Panicale gehört, liegt im Westen Umbriens, etwa 130 Kilometer südöstlich von Florenz und rund 30 Kilometer südwestlich von Perugia zwischen dem Lago Trasimeno, dem viertgrößten See Italiens, und dem Nestore, einem Nebenfluss des Tiber. Die meist bewaldeten Hügel erreichen Höhen von knapp über 800 Metern, Tavernelle liegt auf rund 240 Meter Höhe.
Castiglione del Lago. Über Castiglione del Lago und Panicale nach Tavernelle. Von Frankfurt am Main über die Schweiz, dann über Mailand und Bologna sind es rund 1.100 Kilometer, hin und zurück fallen insgesamt rund 170 Euro Mautkosten an.
Flug: Zu den Flughäfen in Rom und Florenz sind es 170 beziehungsweise 150 Kilometer. Der näher gelegene Flughafen Perugia, 40 Kilometer östlich von Tavernelle, wird von Deutschland aus nicht direkt angeflogen.
Bahn: Zeitaufwendig und wegen mehrerer Umstiege umständlich. Von Frankfurt am Main über München und Florenz nach Castiglione del Lago oder über München und Bologna nach Chiusi-Chianciano Terme in etwas mehr als 13 Stunden ohne Radmitnahme; weiter per Taxi ans Ziel. Bei Zügen mit Radtransport verlängert sich die Reisezeit auf mindestens 22 Stunden – deshalb besser den Renner zerlegt in Radtasche oder Radkoffer kostenlos mitnehmen.
Einheimische Radler fahren das ganze Jahr, die beste Zeit liegt aber zwischen Mitte April und Oktober, wenn die Tagestemperaturen im Schnitt über 17 Grad klettern. Juli und August sind die wärmsten und regenärmsten Monate, mit Tagestemperaturen zwischen 25 und 30 Grad – aber im August, in den italienischen Sommerferien, kann der Verkehr auf den Straßen nerven. Der ruhige Herbst mit milden Temperaturen bis in den Oktober ist eine ideale Reisezeit, auch wenn es mit fortschreitendem Jahr mehr regnet.
Country House Villa Rey, Telefon 0039/3396855155, www.villarey.eu
Silvia Rey und Jürgen Komolka, beide begeisterte Mountainbiker, führen den liebevoll restaurierten Bauernhof mitten in Olivenhainen und Weinbergen. Die beiden sind auf Radler eingestellt und geben gern Tipps zu Touren. Doppelzimmer mit Frühstück ab 195 Euro. Auf Anfrage: Halbpension mit einem ausgezeichneten Abendmenü, vorzugsweise aus Pro dukten von Biobetrieben der Region für 55 Euro pro Person. Wer sieben Nächte bucht, zahlt pro Person für Übernachtung mit Halbpension 1.090 Euro. Auch alpstours.eu bietet Wochenpakete in der Villa Rey an – mit geführten Touren oder eigenständigem Fahren per GPS-Tracks.
Ristorante Lillo Tatini, Telefon 0039/075837771, www.lillotatini.it
Regionale Zutaten, traditionelle Gerichte aus der Toskana und Umbrien, modern interpretiert – das alles in einem hübschen, großen Raum, der wie ein Wohnzimmer wirkt. Vorher reservieren!
Hotel Rastrello, Telefon 0039/3534126302, https://rastrello.com
Ideal für einen Sundowner mit Lago-Trasimeno-Blick: Bar und Garten im Hotel Rastrello.
Am Westufer des Lago Trasimeno findet man in Castiglione del Lago zwei gut ausgestattete Läden mit Werkstatt.
Cicli Valentini: Telefon 0039/075951663 www.ciclivalentini.it
Cicli Marinelli Ferrettini: Telefon 0039/075953126 https://trasimenobike.eu
Das Weingut Lungarotti (lungarotti.it) in Torgiano (Tour 4, 35 Kilometer östlich der Villa Rey) steht für exzellente Weißweine und Rotweine mit viel Eleganz. Das Weingut Madrevite veranstaltet im Sommer Picknicks zum Sonnenuntergang auf den Wiesen oberhalb des Chiusi Sees, 20 Kilometer westlich von unserem Standort. Infos unter www.madrevite.com/eventi-madrevite
Umbrien besitzt viele wunderschöne Altstädte: Perugia, Assisi, Orvieto, Spoleto, Todi und Città della Pieve lohnen alle einen Besuch.
Das Heiligtum von Mongiovino oder der Madonna von Mongiovino liegt am Nordrand von Tavernelle, direkt unterhalb der alten Burg von Mongiovino. Es wurde 1524 erbaut und beherbergt Werke wie die Kreuzabnahme von Arrigo Fiammingo, eine Auferstehung von Nicolò Pomarancio, die Krönung Mariens auf der Kuppel von Mattia Batini sowie das wundertätige Bild der Madonna mit Kind aus dem 14. Jahrhundert.
In der Abtei Settefrati, der Abtei der sieben Brüder bei Pietrafitta (zehn Kilometer südöstlich der Villa Rey), betreibt Federico Sposinis Schwester ein Agriturismo. Die Benediktinerabtei aus dem zwölften Jahrhundert wurde im Jahr 1500 von der Familie Della Corgna, einer der angesehensten Adelsfamilien am Lago Trasimeno, in ein Jagdschloss umgewandelt, insbesondere von Kardinal Fulvio Della Corgna, der sie mit grotesken Motiven bemalen ließ.
Reiseführer: „Umbrien“, 280 Seiten, Michael Müller Verlag 2022, 18,90 Euro.
Karte: Michelin Local 359 „Umbrien, Marken“, 1 : 200.000, Travel House Media 2023; 10 Euro.
www.umbriatourism.it – offizielle Seite des regionalen Fremdenverkehrsamtes
Diese und viele andere Touren finden Sie unter touren.bike-magazin.de.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
TOUR-Abonnenten erhalten die GPS-Daten gratis hier auf der Website. Einfach anmelden und unter “Mein Bereich” downloaden.
Typisch Mittelgebirge: In den Hügeln geht es meist bergauf oder bergab, lange Rollerstrecken findet man nur in den größeren Tälern oder an den Ufern des Lago Trasimeno. Die Steigungen bleiben aber meist im einstelligen Prozentbereich, giftige Rampen sind selten. Asphalt: Manche Straßen sind in jämmerlichem Zustand, besonders in der Nähe des Lago Trasimeno. Aufgerissener Asphalt und Schlaglöcher erfordern hohe Konzentration, besonders in den Abfahrten. Eine eigene Linie zu fahren, ist aber in der Regel möglich, denn die meisten Straßen sind sehr verkehrsarm. Schotter: Viele der Gravelpassagen führen über Strade Bianche, die berühmten weißen Schotterstraßen, die abgelegene Dörfer und Bauernhöfe verbinden. Je hügeliger und einsamer es wird, desto gröber und teilweise auch lose wird ihr Belag. Dazu kommen Feldwege, die nach Regen so schlammig und rutschig werden können, dass man sie bei schlechtem Wetter besser umfährt.
56 Kilometer | 1.000 Höhenmeter | 23 Prozent Schotter | 77 Prozent Asphalt
„I Borghi più Belli“ ist eine italienische Qualifizierung für besonders schöne Dörfer. Auf dieser Tour gibt es gleich drei davon zu entdecken: Città della Pieve, Paciano und Panicale. Wir erreichen die sehenswerten Festungsdörfer über verkehrsarme Landstraßen. In allen drei lohnt sich ein Rundgang durch die mittelalterlichen Gassen, entlang der aus Naturstein und Lehmziegeln gemauerten, unverputzten Häuser. Diese Tour eignet sich wegen des hohen Asphalt Anteils gut für Gravel Einsteiger. Lediglich für die stellenweise steile Abfahrt von Città della Pieve hinunter ins Tal braucht man etwas Mut und Erfahrung. Danach verläuft die Tour auf festem Schotter in der Ebene entlang der Grenze zur Toskana, wo drei längere Anstiege auf Asphalt mit sechs bis zehn Prozent Steigung warten und zwei kurze noch steilere Abschnitte. Der Lohn: eine großartige Aussicht über die Hügel von Toskana und Umbrien.
75 Kilometer | 950 Höhenmeter | 50 Prozent Schotter/Radweg, 50 Prozent Asphalt
Unter Rennradlern ist die Toskana berühmt für ihre „strade bianche“, ihre weißen Schotterstraßen. Auch in Umbrien gibt es davon einige, und über eine gut befestigte – und deshalb für Einsteiger gut geeignete – verläuft diese Runde. Die Anstiege führen sanft und aussichtsreich durchs Hügelland zwischen Umbrien und der Toskana, wo sich hinter jedem Hügel großartige Panoramen öffnen. Auch die drei Seen auf dieser Tour sind sehr schön zum Anschauen, aber leider nicht zum Schwimmen geeignet. Den großen Lago Trasimeno sieht man nur aus der Ferne. Den kleineren Seen, die nach den toskanischen Städtchen Chiusi und Montepulciano benannt sind, kommt man sehr nahe, wenn man durch den Schilfgürtel ihrer Vogelschutzreviere rollt. 20 flache Gravelkilometer kommen so auf dem Bonifica Radweg zusammen, dazu 2,5 Kilometer über lehmige Feldwege (nicht bei Regen fahren!). Gegen Ende braucht man noch ein paar Körner für die letzten Anstiege auf Schotter. Dabei kann man bei einem Stopp in den zwei wunderschönen mittelalterlichen Orten Paciano und Panicale die Energiespeicher bei bestem Kaffee mit typisch umbrischen Snacks wieder auffüllen.
81 Kilometer | 1.100 Höhenmeter | 42 Prozent Schotter/Radweg | 58 Prozent Asphalt
Zu Beginn der Runde geht es auf einsamen Landstraßen durch sanfte Hügel, die mit Sonnenblumenfeldern und Weinbergen überzogen sind – ideal zum Aufwärmen für die kommenden fünf Kilometer. Die führen nämlich bis zu 15 Prozent steil hinauf in das malerische Dorf Agello und sind damit der anstrengendste Teil dieser Tour. Auf der Abfahrt ins Val di Lupo genießt man die Aussicht auf Italiens viertgrößten See, den Lago Trasimeno. Und schon geht’s wieder bergauf, jetzt auf einer „strada bianca“. Olivenhaine und kleine buschige Eichen flankieren den Weg, der sich immer höher schraubt mit einer Steigung zwischen sechs und zwölf Prozent. Oberhalb von Passignano erreichen wir auf fast 600 Meter Höhe die höchsten Hügel, die den See umrahmen. Dort oben ist man in herrlicher Ruhe meist allein unterwegs, weil sich kaum jemand die Mühe macht, hinaufzukommen. Genussvoll geht es hinunter nach Passignano, wo man mehr als 20 flache Kilometer dem Radweg folgt. Der Uferweg Richtung Süden ist gesäumt von grünen Hügeln voller Olivenhaine und Wälder.
106 Kilometer | 1.150 Höhenmeter | 50 Prozent Schotter/Feldweg | 50 Prozent Asphalt
Nördlich von Perugia entspringt der Tiber in den Bergen des Apennin. In seinem oberen Tal schlängelt er sich noch als bescheidener Fluss durchs Land, erst später fließt er als bedeutender und begradigter Strom ins Mittelmeer. Bis wir in sein Tal gelangen, durchqueren wir auf einer „strada bianca“ fruchtbares Hügelland im ständigen Auf und Ab von kurzen, giftigen Anstiegen – an Höhenmetern wird nicht gespart. Die Landschaft ist ein Gemälde. Stattliche Zypressenalleen führen zu Herrenhäusern, die in die Jahre gekommen sind. Tabak, Sonnenblumen, Weizen: Die Ebenen werden landwirtschaftlich genutzt. Dann geht es durch Hügelland, das von Ginsterhainen und Quasteichenwäldern überzogen ist. Die Tour durchs obere Tibertal ist lang und sportlich; mit der einen oder anderen Pause sollte man bis zu sieben Stunden Fahrzeit einplanen.