Bereits sechs Jahre liegt die Präsentation des aktuellen Silex zurück, wobei Merida zu Beginn des großen Gravel-Booms ein unorthodoxes Konzept zeigte: Durch die auffällige Sloping-Geometrie mit stark abfallendem Oberrohr ist der Rahmen ans Mountainbike angelehnt. Speziell der Lenker ist sehr hoch positioniert, wodurch der Fahrer in eine ausgesprochen aufrechte Sitzposition gebracht wird.
Der Stack (tatsächliche Rahmenhöhe) erreicht einen Extremwert von 626 Millimetern in mittlerer Rahmenhöhe. Zum Vergleich: Üblicherweise sind Gravelbikes an Marathonräder angelehnt, für die ein Stack von maximal 600 Millimeter charakteristisch ist. Kombiniert mit einem langen Reach (tatsächliche Rahmenlänge) und Radstand verhält sich das aktuelle Silex ausgesprochen spurtreu, wie unser Test des Silex 700 (TOUR 5/2020) zeigt.
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Die neue Version, die laut eines Unternehmenssprechers von Merida “demnächst der Öffentlichkeit vorgestellt wird”, zeichnet sich zwar weiter durch ein Sloping-Rahmen aus. Wie auf Bildern und Videos von der Gravel-WM in Venetien zu erkennen ist, dürfte die zweite Generation des Silex sportlicher konzipiert sein und eher an ein Straßenrad angelehnt sein. Speziell das Steuerrohr ist deutlich kürzer, wodurch die Sitzposition etwas gestreckter ausfallen wird. Zudem scheint das Bike aerodynamisch optimiert worden zu sein: Das Steuerrohr wurde nicht nur kürzer, sondern zeichnet sich auch durch eine konkave Sanduhr-Form aus. Zudem verlaufen die Leitungen - zumindest bei Mohoric’ WM-Version - komplett integriert.
Ein spannendes Detail ist der relativ wuchtige Sitzknoten. Die Konstruktion beherbergt nicht nur die Klemmung der Sattelstütze, sondern dürfte durch auch den Federkomfort maßgeblich beeinflussen. Wie beim Wettkampf-Allrounder Scultura steckt eine runde Sattelstütze im Rahmen, was die Option erlaubt, eine Dropper Post nachzurüsten. Mohoric machte 2022 mit einem ähnlichen Setup bei Mailand-Sanremo auf sich aufmerksam, als er Meridas Wettkampf-Allrounder Scultura Team mit einer Teleskopsattelstütze nachrüstete und zum Sieg beim Frühjahrsklassiker raste.
Bei der Reifenfreiheit ist das Silex der ersten Generation bis 42 Millimeter freigegeben. Die unveröffentlichte Neuheit scheint etwas mehr Platz zu lassen. In Italien fuhr Mohoric einen 40-Millimeter-Pneu von Continental. Den Bildern nach zu urteilen, ist an Gabel und Rahmen aber Platz für etwas breitere Schlappen.
Über die Ausstattungsvarianten lässt sich indes nur wild spekulieren. Aktuell führt Merida das Silex auf seiner Homepage in zehn Ausstattungsvarianten mit Alu- oder Carbonrahmen. Mit dem Scultura Endurance GR nahmen die Taiwaner zuletzt eine zweite, geländegängige Plattform ins Sortiment auf. Durch eine maximale Reifenfreiheit von 35 Millimetern ist die Neuheit tendenziell in der jungen Kategorie der Allroadbikes zu verorten.
Kurios: Auch beim Frauen-Rennen der Gravel-WM triumphierte ein bislang unveröffentlichtes Modell. Kasia Niewiadoma (Polen) siegte auf einem getarnten Modell von Canyon, bei dem es sich um das in Kürze erwartete neue Grail handeln dürfte. Das Gravelbike der Koblenzer hatte bereits im Juni beim Unbound für Aufsehen gesorgt, als Carolin Schiff damit bei einem der bedeutendsten Schotterrennen der Welt triumphierte. Die Bremerin war in Venetien verletzungsbedingt nicht am Start, das Canyon dafür aber bei gleich mehreren Athleten im Einsatz. Neben Niewiadoma fuhr unter anderem Ex-Straßenprofi Alejandro Valverde (Spanien) die Neuheit, die durch das Firmenlogo am Unterrohr als Canyon zu erkennen war.
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Die markanteste Änderung zum aktuellen Grail, das seit 2018 auf dem Markt ist: Der viel diskutierte Doppellenker ist offenbar Geschichte. Stattdessen besteht die Steuerzentrale nun offenbar aus einem aero-optimierten Cockpit. Wie beim Merida ist auch am Canyon der Sitzknoten neu gestaltet, wobei die Sitzstreben etwas weiter vorne mit dem Oberrohr verbunden sind. Anders als beim CF SLX, der aktuellen Top-Version, nutzte Niewiadoma ein Modell ohne die komfortable Blattfederstütze.
Durch die vielen Renneinsätze des als Grail kolportierten Modells dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis Canyon auch offiziell den Vorhang lüftet. Aktuell bieten die Koblenzer ihr erstes Gravelbike in zwei Qualitätsstufen (CF SLX, CF SL) an, viele Ausstattungsvarianten sind allerdings nur noch in Randgrößen erhältlich.