Test Focus Atlas 8.9Eines für alles

Jens Klötzer

 · 10.12.2025

Das neue Focus Atlas hat Rennambitionierte, Reisende und Alltagspendler gleichermaßen im Blick
Foto: Wolfgang Papp
Die neue Generation des Gravelbikes von Focus soll für alles Mögliche gut taugen: Reisen, Alltag, Rennen. Wie gut der Spagat gelingt, klärt unser Test des Top-Modells Atlas 8.9.

Alles neu beim Focus Atlas: Die Marke aus Cloppenburg renoviert sein Gravelbike auf allen Ebenen. Sowohl die hochwertigen Carbon- als auch die günstigen Alumodelle bekommen neue Rahmen spendiert und erfahren grundlegende Änderungen. Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern, die mittlerweile mehrere Unterkategorien von Gravelbikes für verschiedene Einsatzzwecke im Programm haben, konzentriert sich Focus auf ein ausgesprochen vielseitiges Modell, das über unterschiedliche Ausstattungsvarianten und mit nachrüstbarem Zubehör das ganze Spektrum an möglichen Einsatzszenarien abdecken soll. Ambitionierte Racer sollen innerhalb der Plattform ebenso attraktive Optionen finden wie abenteuerlustige Bikepacker und praktisch orientierte Alltagspendler. Mit Blick auf die schwerpunktmäßig auf Reisetauglichkeit ausgelegten Vorgängermodelle heißt das vor allem, dass das neue Atlas sportlicher geworden ist. Ein kürzerer Radstand, steilere Winkel und eine gestrecktere Sitzposition sollen dem Rad mehr Sportsgeist und Dynamik mitgeben, das gilt für Alu und Carbon. Auch preislich scheint das Modell attraktiv aufgestellt: Als Serie 6 mit Aluminiumrahmen beginnt das Portfolio bereits bei 1799 Euro, mit leichterem Carbonrahmen gibt es das Rad ab 2699 Euro. Zum ersten Einzeltest haben wir uns die Top-Version 8.9 ins Haus geholt, die 5299 Euro kostet.

Top-Version als Sport-Version

Das Flaggschiff soll die renntauglichen Charakterzüge des Atlas unterstreichen und macht auf den ersten Blick ordentlich Eindruck. Schon wegen der stattlichen Carbonfelgen dürften viele das Rad im Vorbeifahren deutlich teurer einschätzen. Der Rahmen ist vielleicht nicht besonders eigenständig, mit geradliniger Silhouette, versteckten Leitungen und den tief angesetzten Sitzstreben gibt sich das Design schnörkellos und orientiert sich am Puls der Zeit. Ein Hingucker ist die schicke Lackierung: Das in blauen und violetten Metallic-Tönen marmorierte Lackkleid ist eine Besonderheit des Top-Modells. Sie wird von Hand aufgebracht, weshalb kein Rad genau aussieht wie das andere.

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Das Lackkleid ist eine Besonderheit des Top-Modells. Sie wird von Hand aufgebracht, weshalb kein Rad genau aussieht wie das andereFoto: Wolfgang PappDas Lackkleid ist eine Besonderheit des Top-Modells. Sie wird von Hand aufgebracht, weshalb kein Rad genau aussieht wie das andere

In Anbetracht der sportlichen Optik könnte man vom Gewicht des Rades etwas enttäuscht werden: Gut neun Kilogramm bringt die teuerste Ausführung des Atlas trotz der Carbon-Laufräder an die Waage, das ist recht weit entfernt von den vom Hersteller versprochenen 8,6 Kilogramm. Ein Teil davon geht auf die funktionale, aber doch recht schwere Rival-Gruppe, die immerhin bewirkt, dass das Atlas für ein Race-Gravelbike verhältnismäßig bezahlbar bleibt. Dass die Produktmanager die richtige Entscheidung getroffen haben, im Budgetrahmen einen hochwertigen Carbonlaufradsatz gegenüber einer teureren Schaltgruppe vorzuziehen, beweist sich im Fahreindruck. Das Atlas beschleunigt doch besser als gedacht und macht auf flachen Schotterpisten richtig Laune. Außerordentlich schnell rollende und geschmeidig federnde Schwalbe-Reifen, spürbarer Komfort an der Sattelstütze und eine durchaus sportliche, aber nicht zu extreme Sitzposition beflügeln die Fahrt zusätzlich. Wird das Gelände schwieriger, reagiert das Rad aber zunehmend sperrig. Auf verblockten Trails macht sich das Gewicht dann doch etwas bemerkbar, aber auch die Lenkgeometrie ist nicht für enge und verwinkelte Kurse gemacht, sondern legt ihren Schwerpunkt auf stabilen Geradeauslauf bei hohem Tempo. Zudem kommen die Reifen im Schlamm schnell an Grenzen, ihre Stärke ist ein geschmeidiges Abrollverhalten auf trockenen, festen Böden und auf Asphalt. Hier fordert der Anspruch, auf allen Terrains zu glänzen, kleine Kompromisse.

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Praktisch und simpel

Doch die dürften nötig sein, damit das Atlas auch in anderen Ausrichtungen gut performt. Wir können uns bei den Probefahrten und genauerer Betrachtung des Rades sehr gut vorstellen, dass das Atlas auch als praktisches Alltags- und Reiserad gut funktionieren dürfte. Es setzt auf simple und bewährte technische Lösungen bei Sattelstütze und Lenker; letzterer lässt sich dank unter einer Abdeckung versteckter Bremsleitungen am Vorbau auch ohne übermäßigen Aufwand in der Höhe verstellen. Vom breiteren Boost-Standard bei den Laufrädern, der die Ersatzteilsuche beim Vorgängermodell erschwerte, hat sich Focus mit dem neuen Atlas wieder verabschiedet. Etliche Befestigungsösen und ein gut zugängliches, voluminöses Staufach im Unterrohr nehmen sicher das nötigste Tourengepäck auf. Für den Alltagseinsatz gibt es im Zubehör maßgeschneiderte Schutzblechlösungen für Einfach- und Zweifach-Antriebe, mit integriertem Lichtkabel oder ohne. Eine Vorbereitung für ein Dynamolicht bringen alle Atlas-Varianten bereits mit. Der schon vom Vorgänger bekannte praktische „Adventure Rack“ Gepäckträger für die Sitzstreben, welcher mit bis zu drei Gurten je Seite einen Packsack aufnehmen kann, sind mit dem neuen Atlas ebenso kompatibel wie ein neu eingeführter Frontgepäckträger, der zusätzlich fünf Kilogramm trägt. Insgesamt wurde darauf geachtet, das Gewicht so niedrig wie möglich zu verteilen, um das Fahrverhalten auch schwer beladen möglichst sicher zu machen. Nicht zuletzt sei die Freigabe für bis zu 135 Kilogramm Systemgewicht erwähnt, was über dem üblichen Maß anderer Modelle liegt.

Mitgedacht: Ein Frontgepäckträger kann am Atlas ebenso montiert werden wir ein Dynamolicht. Die Gabel verfügt über einen vorbereiteten KabelkanalFoto: Wolfgang PappMitgedacht: Ein Frontgepäckträger kann am Atlas ebenso montiert werden wir ein Dynamolicht. Die Gabel verfügt über einen vorbereiteten Kabelkanal

Reisefertig, sprich mit ab Werk verbautem Zubehör, gibt es das Atlas nur mit Aluminiumrahmen und in einer einfachen Ausstattungsvariante mit Shimano Cues 2x10-Schaltung für 1999 Euro. Das Rad soll laut Hersteller dann fast 14 Kilogramm wiegen. Wer‘s leichter möchte, muss selbst basteln, was sich aber bei den Carbonmodellen lohnen dürfte.​

Focus Atlas 8.9: Test-Note, Preis, Geometrie, Ausstattung, Messwerte, Vor- und Nachteile

  • Preis: 5299 Euro
  • Gewicht Komplettrad: 9,3 Kilo
  • Info: www.focus-bikes.com
  • Rahmengrößen: XS, S, M, L, XL
  • TOUR-Note: 1,9

GEOMETRIE

  • Sitz-/Ober-/Steuerrohr: 510/565/140 Millimeter
  • Stack/Reach/STR: 607/397 Millimeter/1,53 Stack+/Reach+/STR+662/580 Millimeter/1,14
  • Radstand/Nachlauf: 1060/64 Millimeter

AUSSTATTUNG

  • Antrieb/Schaltung: SRAM Rival AXS XPLR (1x13, 40, 10-46 Z.) | Note: 2,0
  • Bremsen: SRAM Rival | Note: 1,0
  • Reifen: Schwalbe G-One Pro 45 mm | Note: 1,0
  • Laufräder: Zipp 303 XPLR
  • Laufradgewichte: 1685/2113 Gramm (v./h.)

MESSWERTE

  • Gewicht Komplettrad: 9,2 Kilo | Note: 3,0
  • Fahrstabilität: 8,7 N/mm | Note: 1,3
  • Komfort Heck: 125 N/mm | Note: 2,0
  • Komfort Front: 90 N/mm | Note: 2,3
  • Antritt/Tretlagersteifigkeit: 60 N/mm | Note: 1,0
tour/screenshot-2025-12-09-103725_73a5a736a0704302d6ddfd8ab41b61aaFoto: TOUR

​Vorteile

ausgewogenes, spurstabiles Fahrverhalten, durchdachte Lösungen für Zubehör und Gepäck, vergleichsweise preiswert

Nachteile

relativ schwer

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