Das Colnago Y1Rs pilotierte Tadej Pogačar in gelber Sonderlackierung über Montmartre und Champs-Élysées. Neben der Toursieger-Farbe sind auch die Regenbogenfarben des Weltmeisters Teil des Designs; an den Rädern mit weißem und schwarzem Rahmen, die Pogačar im Laufe der Tour auch fuhr, waren sie ebenfalls schon zu sehen. Das Rad dürfte aufgrund der Lackierung 100 bis 200 Gramm schwerer sein als das schwarze Arbeitsgerät und die 7,5-Kilogramm-Marke knapp reißen. Das (lackierte) TOUR-Testrad wog 7,4 Kilogramm. Dass Pogačar Wout van Aert auf der letzten Etappe im Anstieg des engen Stadtkurses deshalb ziehen lassen musste, darf aber als unwahrscheinlich gelten. In der aerodynamischen Qualität hat Colnagos jüngster Wurf einen deutlichen Sprung nach vorne und damit in den Kreis der besten Wettkampfrenner gemacht. „Pogi“ darf nun also mindestens drei dieser Preziosen bewegen – es sei ihm gegönnt. Wer es ihm gleichtun möchte: Die günstigste kaufbare Version kostet 12.300 Euro, die Replika von Pogačars Rad fräst ein 16.200 Euro großes Loch in den Dispo.
Wenn es um Sonderlackierungen geht, ist das Team Lidl-Trek traditionell ganz weit vorne dabei. Die US-Mannschaft machte bereits in der Vergangenheit mit spektakulären Designs auf sich aufmerksam. Klar: Der US-amerikanische Rad-Hersteller Trek aus Waterloo, Wisconsin will die größtmögliche Bühne während der Frankreich-Rundfahrt nutzen, um auf sein Individualisierungsprogramm „Project One“ aufmerksam zu machen. Die diesjährige Design-Variante trug den Namen „Couler“ (frz.: fließen) und sollte an dynamische Bewegungen erinnern. Für Normalsterbliche ist das Farbschema in limitierter Edition gegen 2.400 Euro Aufpreis erhältlich.
Alpecin-Deceuninck war auf bergigen Etappen mit Laufrädern ohne Herstellernachweis unterwegs. Laut eines Teammechanikers handelte es sich bei dem Satz um ein unveröffentlichtes Modell von Shimano, das die belgische Mannschaft in dieser Saison bereits nutzt. Der Unterschied zum C50-Laufrad aus der Dura-Ace-Kollektion, das üblicherweise von Mathieu van der Poel & Co. gefahren wird, sei eine etwas breitere Carbonfelge. Zudem waren die Laufräder mit Carbon- statt Stahlspeichen aufgebaut. Die Alpecin-Fahrer kombinierten den Prototypen mit 30-Millimeter-Reifen. Marktstart? Offen!
Der größte Werbe-Coup in Frankreich gelang Factor; der Ausrüster von Israel-Premier Tech machte mit einem der spektakulärsten Rennräder der jüngeren Vergangenheit von sich reden. Mit extrem weit ausgestellten Gabelscheiden weckte der Prototyp Assoziationen zum Bahnrad der britischen Nationalmannschaft. Zwar zeigte der britisch-taiwanische Hersteller das „Raumschiff“ auch auf der Eurobike, technische Details sind bislang aber kaum bekannt. Auch der Marktstart ist offen. Die Geheimnistuerei betraf auch die Profis. „Wir wissen selbst noch nicht viel über das Rad“, sagte Pascal Ackermann auf Nachfrage.
Die prominenteste Neuheit war das Cervélo S5 von Jonas Vingegaard. Der Däne absolvierte alle 3.300 Kilometer von Lille nach Paris auf dem aerodynamisch ausgefeilten Renner. Kurios: Bis zur vierten Etappe war das Modell offiziell noch gar nicht vorgestellt bzw. auf dem Markt. Die Öffentlichkeit bekam das Cervélo mit dem markanten Lenker natürlich trotzdem zu sehen. Das galt auch für die zweite Neuheit der Kanadier: Das Leichtbau-Modell R5 erfuhr ebenfalls ein Update, in Frankreich war es als Prototyp unterwegs. In den Handel kommt das Bergrad, das in Pyrenäen und Alpen von Sepp Kuss (im Bild unten) und Matteo Jorgensen gefahren wurde, am 5. September. Ziel, so der Hersteller, sei es gewesen, das Rad in Größe 56 auf Punkt sechs Kilo zu hungern, was laut TOUR-Waage gelungen ist.
1.350 Euro! So viel kostet die neue Sitzgelegenheit von Prologo, auf der unter anderem Jonas Vingegaard den Kampf gegen die Uhr auf der fünften Etappe bestritt. Der Predator 01TT CPC soll dank einer speziellen Antirutsch-Beschichtung helfen, „die bestmögliche aerodynamische Position zu halten“. Die medienwirksame Vorstellung des Sattels während der Tour wurde allerdings von erheblichem Zeitverlust Vingegaards auf seinen Rivalen Tadej Pogačar begleitet.
Am Rad von Soudal-Profi Pascal Enkhoorn prangte ein auffälliger Sattel von Specialized: Die 3-D-gedruckte Sitzfläche aus durchsichtigem Material, die Schale signalrot – bei der US-Marke ein Zeichen für „Racing Only“-Produkte. Ein Prototyp also? Nein. Der S-Works Power Evo Mirror kam während der Tour in den Handel, für stolze 449 Euro, allerdings nur in Schwarz. Das in Frankreich präsentierte Design habe Specialized gewählt, „damit darüber berichtet wird“.
Das Wilier Filante SLR, im Einsatz bei Groupama-FDJ, ist eine der dienstältesten Rennmaschinen im Peloton. Damit das nicht so auffällt, pinselten die Italiener den Race-Allrounder mit einer neuen Farbe an – und wählten blumige Worte für das Lackkleid: „Es ist ein neues Gewand, eine einmalige Schöpfung, die nur einmal zum Leben erwacht.“ Kompletträder in „Eisoptik“ gibt es ab 9.400 Euro.
Den Auftakt in Lille nutzte Decathlon, um seine Marken wie Van Rysel, Ausrüster des „eigenen“ Profi-Teams, oder B’Twin zu präsentieren. Auf dem riesigen Firmenareal unweit des Grand Départ konnte man Prototypenwerkstatt, Testlabor und ein neues Marathonrad (EDR CF Ultra) besichtigen. Es entstand der Eindruck, zu Besuch bei einem „schlafenden Riesen“ zu sein, der es dank großer Finanzkraft mit etablierten Marken aufnehmen will.
Die französische Traditionsmarke Hutchinson feierte ihre Rückkehr als Team-Ausstatter zur Tour de France mit einem exklusiven Pneu für Intermarché-Wanty. Das Top-Modell Blackbird Race, meist in 28 oder 30 Millimeter Breite montiert, werde laut Teammechaniker Mikey van Kruiningen für jeden Profi individuell angefertigt. Erkennbar an der handschriftlichen Notiz auf der Flanke.
Der Reifenhersteller aus Korbach, seit vielen Jahren offizieller Partner der Tour de France, schickte heuer mit dem „Archetype“ (110 Euro) gleich ein komplett neues Modell ins Rennen. Offiziell wurde der Gummi in enger Zusammenarbeit mit UAE Team Emirates - XRG entwickelt. Im Einsatz waren die Reifen vornehmlich aber bei anderen Teams wie Movistar. Erst auf der Schlussetappe rollte auch Gesamtsieger Tadej Pogačar mit den 30-Millimeter-Pneus über die Champs-Élysées.
Bei Bahrain - Victorious war ein Prototyp von Sponsor Merida im Einsatz, der mutmaßlich das etwas in die Jahre gekommene Reacto Team ersetzen wird. Chefmechaniker Filip Tisma wollte oder durfte aber keine Infos über das Rad preisgeben. Auch nicht, warum Sprinter Phil Bauhaus nicht auf dem neuen Modell saß. Die auffälligste Änderung zeigt sich am Steuerrohr, gemäß des aktuellen UCI-Reglements fällt es länger aus und ist mit schärferen Linien designt als beim aktuellen Reacto. Gegenüber Aero-Spezialisten reizt das Merida das technisch Mögliche jedoch nicht komplett aus. Die Updates dürften den Wettkampfrenner dennoch ein paar Watt schneller machen. Zu Marktstart und Preisen ist bislang nichts bekannt.
Verkehrte Welt bei Uno-X: Das norwegische Team war mit einem neuen Rennanzug unterwegs, dessen Reißverschluss am Rücken platziert war. Der Breakaway Suit soll dadurch Luftverwirbelungen minimieren. Zu kaufen gibt es das Teil nicht.
Schneller dank TPU-Schlauch? Das verspricht zumindest Pirelli. Der neue SmarTube RS soll in Kombination mit dem P Zero Race RS das schnellste Set-up der Italiener sein. Wenig überraschend: Lidl-Trek setzte die Kombi bereits ein. Der Schlauch für Reifenbreiten zwischen 26 und 35 Millimeter kostet 30 Euro.
Pünktlich zum Grand Départ präsentierte Swiss Side einen neuen Laufradsatz. Der Hadron³ Ultimate soll trotz einer breiteren Felge aerodynamisch noch besser sein – insbesondere mit dem optimierten Reifen Aero 111 von Continental. Die Laufrad-Reifen-Kombi war unter anderem bei Felix Gall (Decathlon-AG2R La Mondiale) im Einsatz. Die drei Modelle in unterschiedlichen Höhen kosten je 2.699 Euro.
Neben dem markanten Prototypen fiel Factor mit einer Speziallackierung des Ostro VAM in Aquarell-Optik auf. Die Farben sollen den Sonnenaufgang symbolisieren. Jedes der pink-himmelblauen Teamräder war ein Unikat, kein Farbschema glich exakt dem anderen. Die auffällige Lackierung gibt’s seit der Frankreich-Rundfahrt auch für Hobbysportler. Mit Shimanos Dura-Ace kostet das Rad 11.299 Euro.
Das UAE-Team war in der Schlusswoche mit einem Computerhalter aus dem 3-D-Drucker unterwegs. Ähnliche Halterungen nutzte 2024 schon INEOS Grenadiers. In diesem Jahr jedoch nicht mehr, weil sie auf TOUR-Nachfrage von der UCI verboten worden seien. Wie es sich mit dem Teil für das Colnago Y1Rs verhielt, konnte man uns bei UAE nicht sagen. Auch nicht, ob es den Halter irgendwann zu kaufen gibt.
Mit einem hervorragenden siebten Platz in der Gesamtwertung war Arkéa-Profi Kévin Vauquelin ein perfekter Werbeträger für Bianchi. Schließlich flitzte der bestplatzierte Franzose oft durchs TV-Bild – und damit auch sein Oltre RC in effektvoller Lackierung, mit der die Italiener auf „Officina Bianchi“ aufmerksam machten. Damit steigt die Traditionsmarke ins Custom-Geschäft ein. Sechs Designs stehen für die Top-Modelle Oltre, Specialissima und Impulso zur Auswahl. Die Variante von Vauquelin heißt „Bluemarin Drip“. Preise teilte Bianchi wie üblich nicht mit.
Bei Tudor Pro Cycling um Marius Mayrhofer gab es einen bislang noch nicht vorgestellten Reifen von Schwalbe zu sehen. Der Pneu war als „Pro One“ beschriftet, trug jedoch ein neues Markenlogo und verzichtete auf den markanten blauen Streifen an der Flanke. „Es ist eine spezielle Gummimischung für nasse Straßen“, sagte uns ein Mechaniker. Bei minimal höherem Rollwiderstand soll der Reifen mehr Grip bieten. Ob es ihn künftig zu kaufen gibt, ist offen.