Test6 Günstige Rennräder um 1.500 Euro im TOUR-Test

Julian Schultz

 · 15.07.2021

Test: 6 Günstige Rennräder um 1.500 Euro im TOUR-TestFoto: Kerstin Leicht

Rennradfahren liegt im Trend. Entsprechend groß ist die Nachfrage nach erschwinglichen Einsteiger-Rennrädern. Unser Test von sechs Rädern um 1.500 Euro zeigt, was man zu diesen Preisen erwarten kann.

Materialkosten, Lieferengpässe, Produktionsprobleme: Rennräder werden immer teurer. Im vergangenen Jahr gaben TOUR-Leser durchschnittlich fast 3.500 Euro für ein neues Modell aus – 1.000 Euro mehr als noch vor zehn Jahren. Doch auch mit geringem Budget wird man heute fündig. Die Rennräder um 1.500 Euro im Test gleichen sich in Material und Ausstattung, haben aber dennoch ganz unterschiedliche Stärken und Schwächen.

Kleine Werbepräsenz - große Marktrelevanz?

Wer die Internetseiten der beliebtesten Radmarken nach einem preiswerten Rennrad durchforstet, wird schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Denn auf den ersten Blick findet man: nichts. Vielmehr setzen die Hersteller ihre hochpreisigen High-End-Modelle in Szene – was seine Wirkung keineswegs verfehlt: Man bekommt gehörig Lust auf eines dieser schicken Carbon-Rennräder mit elektronischer Schaltgruppe oder aggressiver Aero-Geometrie.

Doch auch wenn das Herz Ja sagt, bringt spätestens der Blick aufs Preisschild den Verstand wieder zurück ins Spiel. Stimmt ... man wollte ja ursprünglich nach einem Renner um die 1.500 Euro suchen – und nach etwas Recherche findet man sie auch. Die Rahmen bestehen fast ausschließlich aus Aluminium und bei den Schaltgruppen sind durchweg mechanische statt elektronischer Gruppen verbaut. Zudem machen die Geometrien, Übersetzungen und Reifenbreiten die Räder komfortabel und auch für weniger routinierte Radler leicht zugänglich. Unser Test zeigt, dass für vergleichsweise kleines Geld ein gut funktionierendes Rennrad zu bekommen ist.

Dass auch tatsächlich alle sechs Testräder mit Alu-Rahmen kommen, verwundert nicht, nachdem die Preise für Carbon in den vergangenen Monaten deutlich angezogen haben. Laut einem Branchen-Insider ist ein günstiger Carbonrahmen in der Herstellung inzwischen mindestens viermal so teuer wie das Pendant aus Alu – und das bekommen Radsportler dann im Geldbeutel zu spüren. Auch wer ein möglichst günstiges Komplettrad aus Carbon will, muss mindestens 20 Prozent mehr ausgeben als noch vor zwei Jahren. Einzig Canyon hatte bis zuletzt ein Carbon-Komplettrad für rund 1.500 Euro im Programm. Der Koblenzer Hersteller und Versandhändler wird dieses Felgenbremsen-Modell aber einstellen, wie ein Firmensprecher bestätigte.

Das Bremssystem ist Typsache

Der Grund: Disc-Modelle sind längst auf der Überholspur, die Nachfrage nimmt unaufhaltsam zu. Das spiegelt auch die TOUR-Leserumfrage des vergangenen Jahres wider: 85 Prozent unserer Leser gaben an, dass sie an den Erfolg der Scheibenbremse glauben. Fünf Jahre zuvor lag die Akzeptanz nicht einmal bei der Hälfte (41 Prozent). Zwar hält sich das Angebot günstiger Rennräder mit Felgen- bzw. Scheibenbremsen noch einigermaßen die Waage; in der Vorauswahl für unseren Test lag das Verhältnis bei 10:13. Doch einzig Cannondale und Stevens hatten noch Felgenbremsen-Modelle verfügbar – oder wollten diese zur Verfügung stellen.

Aber braucht man an einem preiswerten Rennrad unbedingt eine moderne und teurere Scheibenbremse? Oder tut es für rund 1.500 Euro nicht auch ein Modell mit Felgenbremse? Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Zwar schnitt die Disc in unserem ausführlichen Shimano-Vergleichstest technisch etwas besser ab als die Felgenbremse. Was Gewicht und Wartungsaufwand betrifft, bringt die Scheibenbremse aber auch klare Nachteile mit sich.

Vorteil Scheibenbremse?

  • Bremsweg

Das wichtigste Kriterium entscheidet die Scheibenbremse knapp für sich. Bei einer Vollbremsung (10 Prozent Gefälle; 46 km/h; 95 Kilo Rad und Fahrer) kommt man um 0,5 Meter* früher zum Stillstand.

  • Reaktionszeit

Den Härtetest im Regen (12 Prozent; 60 km/h; 100 kg) entscheidet die Scheibenbremse klar. Beim Zug am Hebel liegt die volle Bremskraft sofort an. Der Grund: Die Disc in der Radmitte bekommt weniger Regentropfen ab. Bei der Felgenbremse ist der Wasserfilm erst nach ein bis zwei Radumdrehungen weggewischt.

  • Kurvengeschwindigkeit

Dank eines berechenbaren Kraftaufbaus und späteren Bremspunkts steuert das Disc-Modell um fast 6 km/h schneller um die Kurve (7 Prozent; 70 km/h Anfahrgeschwindigkeit). Das ist in technisch schwierigen Passagen ein klares Plus.

  • Durchschnittsgewicht

Diese Disziplin verliert die Disc. Im Schnitt sind Felgenbremsen-Räder um rund 850 Gramm leichter. Allerdings: Bei günstigen Rädern kann der Unterschied größer ausfallen, weil die teurere Scheibenbremstechnik günstige und damit schwerere Teile an anderer Stelle erfordert.

  • Temperatur

Plötzliches Bremsversagen unter Volllast ist bei beiden Bremssystemen nicht auszuschließen. Tipp: Achten Sie darauf, welche Scheibe verbaut ist. Gerade bei günstigen Rädern montieren manche Hersteller – im aktuellen Test Cube, Giant und Radon – oft günstigere und damit schlechtere Bremsscheiben.

  • Kosten

Räder mit Scheibenbremsen sind in der Regel teurer als solche mit Felgenbremsen. Beispiel aus dem Test: Das Rad von Canyon liegt 400 Euro über der Variante mit Felgenbremsen. Zudem sollte man beachten, dass hydraulische Scheibenbremsen aufwendiger zu warten sind.

*Anm.: Die Messdaten beruhen auf dem ausführlichen Vergleichstest von Scheiben- und Felgenbremsen von Shimanos Ultegra-Gruppe in TOUR 08/2018. Die Ergebnisse sind weiter gültig und vergleichbar mit den Shimano-105-Modellen aus unserer aktuellen Testreihe.

Marathonrad oder gestreckte Rennposition?

Neben den Bremsentypen unterscheiden sich die insgesamt ordentlich ausgestatteten Testräder auch deutlich in ihrer Ausrichtung. Die besten Beispiele dafür sind das Giant Contend AR 1 und das Stevens Aspin. Dank aufrechter Sitzposition, sehr gutem Federkomfort und der Möglichkeit, bis zu 38 Millimeter breite Reifen aufziehen zu können, präsentiert sich das Giant als komfortabelstes Rad. Das Disc-Modell der Niederländer ist entsprechend vielseitig einsetzbar und kann es sogar mit manchem Gravelbike aufnehmen. Das Aspin wiederum, das Stevens schon mehr als zehn Jahre im Programm hat, ist ein sportlicher Alu-Renner alter Schule: Auf keinem anderen Rennrad im Test sitzt man gestreckter, die knackige Übersetzung ist ein weiterer Indikator für die sportlichen Gene des Stevens.

Mit dem gemessenen Gesamtgewicht von 8,2 Kilogramm schicken die Hamburger das Aspin auch als leichtestes Rad in den Test. Insgesamt aber bestätigen die Testräder den Trend, dass vor allem günstige Räder immer schwerer werden. Die satten 10 Kilogramm des Cube Attain SL markieren den unrühmlichen Spitzenwert in diesem Testfeld. Das sind rund drei Kilo mehr als bei Top-Rennern, die allerdings auch ein Vielfaches kosten.

Neben dem Gewicht muss man in der unteren Preisklasse auch Abstriche in der Verarbeitungsqualität in Kauf nehmen. Klappernde Bremszüge oder grobe Schweißnähte sind keine Seltenheit. Selbst das Canyon Endurace AL Disc 7.0, das sich knapp den Testsieg vor dem Stevens Aspin sichert, könnte schöner verarbeitet sein.

Die kleinen Schwächen kompensiert das Canyon mit einer für den Radpreis hochwertigen Ausstattung. Die Rahmengeometrie platziert den Radler relativ aufrecht im Sattel sitzend, was auch weniger Trainierten längere Touren erlaubt. Und die Möglichkeit, bis zu 32 Millimeter breite Reifen zu montieren, unterstreicht die Vielseitigkeit des Testsiegers.

Die getesteten Rennräder für 1.500 Euro im Detail

Cannondale CAAD Optimo 2

  Cannondale CAAD Optimo 2Foto: Kerstin Leicht
Cannondale CAAD Optimo 2

Preis: 1.299 Euro >> z.B. hier erhältlich*

Gewicht: 9,7 Kilo

Rahmengrößen: 48, 51, 54, 56, 58 cm

AUSSTATTUNG

Antrieb: FSA Omega ME Alloy (50/34, 11-32 Z.)

Schaltung: Shimano Tiagra

Bremsen: Promax RC-476

Laufräder/Reifen: Maddux RS 30/Vittoria Zaffiro 25 mm

Canyon Endurace AL Disc 7.0

  Canyon Endurace AL Disc 7.0Foto: Kerstin Leicht
Canyon Endurace AL Disc 7.0

Preis 1.599 Euro

Gewicht 8,9 Kilo

Rahmengrößen: XXS, XS, S, M, L, XL, XXL

AUSSTATTUNG

Antrieb:; Shimano 105 (52/36, 11-34 Z.)

Schaltung: Shimano 105

Bremsen: Shimano 105 Disc (160/160 mm)

Laufräder/Reifen: DT Swiss E 1850 Spline/Continental Grand Prix 28mm

Cube Attain SL

  Cube Attain SLFoto: Kerstin Leicht
Cube Attain SL

Preis: 1.499 Euro >> z.B. hier erhältlich*

Gewicht: 10 Kilo

Rahmengrößen: 50, 53, 56, 58, 60, 62 cm

AUSSTATTUNG

Antrieb: Shimano FC-RS510 (50/34, 11-34 Z.)

Schaltung: Shimano 105

Bremsen: Shimano 105 Disc (160/160 mm)

Laufräder/Reifen: Cube RA 1.9/Continental Ultra Sport 28 mm

Giant Contend AR 1

  Giant Contend AR 1Foto: Kerstin Leicht
Giant Contend AR 1

Preis 1.599 Euro

Gewicht 9,5 Kilo

Rahmengrößen: S, M, ML, L, XL

AUSSTATTUNG

Antrieb: Shimano FC-RS510 (50/34, 11-34 Z.)

Schaltung: Shimano 105

Bremsen: Shimano 105 Disc (160/160 mm)

Laufräder/Reifen: Giant P-R2 Disc, Giant Gavia Fondo II 32 mm

Radon R1 Ultegra

  Radon R1 UltegraFoto: Kerstin Leicht
Radon R1 Ultegra

Preis 1.629 Euro

Gewicht 9,3 Kilo

Rahmengrößen: 50, 53, 56, 58, 60, 63 cm

AUSSTATTUNG

Antrieb: Shimano Ultegra (50/34, 11-34 Z.)

Schaltung: Shimano Ultegra

Bremsen: Shimano Ultegra Disc (160/160 mm)

Laufräder/Reifen: Fulcrum Racing 900 DB, Continental Grand Sport Race 28 mm

Stevens Aspin 105 (Custom)

  Stevens Aspin 105 (Custom)Foto: Kerstin Leicht
Stevens Aspin 105 (Custom)

Preis: 1.628 Euro

Gewicht: 8,2 Kilo

Rahmengrößen: 50, 52, 54, 56, 58, 60, 62, 64 cm

AUSSTATTUNG

Antrieb: Shimano 105 (52/36, 11-34 Z.)

Schaltung: Shimano 105

Bremsen: Shimano 105

Laufräder/Reifen: Fulcrum Racing 600/Continental Grand Prix 5000 25 mm

Den vollständigen Vergleichstest der sechs Einsteiger-Rennräder um 1.500 Euro mit detaillierten Noten und Messwerten von Gewicht, Steifigkeit und Ausstattung finden Sie unten zum Download für 1,99 Euro.

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