Kraftwerk ist immer noch Kult. Ein chromglänzendes Speedwell-Rennrad aus dem Jahr 1984 wechselte für 57.600 Dollar den Besitzer und wurde damit zum teuersten Musikvideo-Fahrrad der Auktionsgeschichte. Das Rad gehörte Florian Schneider, dem verstorbenen Kraftwerk-Gründer, der es im Musikvideo zur "Kling Klang Analog Mix"-Version von "Tour de France" fuhr. Die Versteigerung fand im Musicians Hall of Fame and Museum statt und übertraf alle Erwartungen der Experten.
"Julien’s Auctions" führte die Auktion der Florian Schneider Collection durch, bei der Millionenbeträge für elektronische Musikinstrumente und persönliche Gegenstände des Kraftwerk-Pioniers erzielt wurden. Das Rennrad war ursprünglich auf 4000 Dollar geschätzt worden, erreichte aber das 14-fache dieses Wertes. Drei originale Polaroid-Fotos, die Schneider auf dem Rad zeigen, gehörten zum Auktionslos. Die Bilder dokumentieren die Entstehung des ikonischen Musikvideos, das in Düsseldorf gedreht wurde.
Das versteigerte Rennrad verfügt über eine leichte Titan-Konstruktion, die in den 1980er Jahren als fortschrittlich galt. Panaracer "Gravelking"-Rennreifen sorgen für optimale Straßenhaftung, während die Chromoberfläche dem Rad sein charakteristisches Aussehen verleiht. Das Rad besitzt eine Rahmenschaltung. Diese Konfiguration war typisch für Rennräder der frühen 1980er Jahre. Kraftwerk nutzte vier identische Räder für die Bandmitglieder, wobei nur Schneiders Exemplar erhalten blieb.
Kraftwerk produzierte 1984 zwei Remix-Versionen ihres 1983er Hits "Tour de France", darunter die hauseigene "Kling Klang Analog Mix"-Fassung. Das Musikvideo zeigte alle vier Bandmitglieder in schwarzer Rennkleidung und Helmen durch Düsseldorf fahrend. Schneider fuhr dabei meist am Ende der Viererformation und grinste sichtbar während der Aufnahmen. Die schwarz-weiße Ästhetik des Videos unterstrich Kraftwerks minimalistischen Ansatz.
Der Song kombinierte Drum-Machine-Patterns mit Samples von Atemgeräuschen und Fahrradmechanik, was eine neue Klangrichtung für die Band darstellte. Ursprünglich war "Tour de France" für das Album "Techno Pop" vorgesehen, wurde aber als eigenständige Single veröffentlicht, nachdem das Albumprojekt eingestellt wurde. Die gesamte Band interessierte sich für den Radsport, was sich in der authentischen Darstellung im Video widerspiegelte.
Die "Kling Klang Analog Mix"-Version fand Verwendung im Tanzfilm "Breakin'" von 1984, wo sie eine ikonische Tanzszene untermalte. Turbo, gespielt von Michael "Boogaloo Shrimp" Chambers, tanzte zu Kraftwerks Remix vor einem Geschäft und verband elektronische Musik mit Street Dance. Diese Szene trug zur Popularität des Songs in der aufkommenden Hip-Hop-Szene bei und zeigte Kraftwerks Einfluss auf verschiedene Musikgenres.
Das ursprüngliche "Tour de France"-Video von 1983 verwendete Originalaufnahmen des berühmten Radrennens in schwarz-weiß Optik. Kraftwerk wählte bewusst mechanische Klänge und Körpergeräusche statt ihrer üblichen industriellen Sounds, was den Fokus auf menschliche Anstrengung und Radsport-Mechanik legte. Der Song nutzte Atemgeräusche und Fahrradketten-Sounds als rhythmische Elemente, was eine neue Dimension in Kraftwerks Sounddesign darstellte. Diese Innovation beeinflusste nachfolgende elektronische Musikproduktionen nachhaltig.
Die Versteigerung der Florian Schneider Collection erzielte Rekordergebnisse mit einem Gesamtwert von mehreren Millionen Dollar. Ein Kling Klang Sennheiser VSM-201 Vocoder erreichte 256.000 Dollar und übertraf die Schätzung um das Achtfache. Ein EMS Synthi A Koffer-Synthesizer wechselte für 115.200 Dollar den Besitzer, was dem 14-fachen der Schätzung entsprach. Diese Preise spiegeln Schneiders Bedeutung für die elektronische Musikgeschichte wider.
Giles Moon, VP Head of Music bei Julien's Auctions, kommentierte die weltweite Nachfrage nach Schneiders Instrumenten und persönlichen Gegenständen. Die Auktion erfüllte Schneiders testamentarischen Wunsch, dass seine Instrumente weiterhin gespielt und geteilt werden sollten. Ein Sprecher erklärte, Schneider habe gewollt, dass seine Ausrüstung zu Menschen gelangt, die sie wertschätzen - Musiker, Sammler und Klangkünstler. Das Victoria & Albert Museum in London zeigte bereits Interesse an einer Ausstellung mit Objekten aus der Sammlung.
Kraftwerk gelten als Architekten der elektronischen Musik und prägten mit Synthesizern, Drum-Machines und minimalistischen Kompositionen die Popmusik nachhaltig. Schneider lebte zurückgezogen und vermied öffentliche Auftritte, was seine Arbeitsweise und Privatpersönlichkeit mysteriös erscheinen ließ. Die Auktion bot seltene Einblicke in die Entstehungsprozesse der Band, deren Ursprünge zahlreiche Mythen und Geschichten hervorbrachten.
Die Band erweiterte die Ausdrucksmöglichkeiten populärer Musik erheblich und beeinflusste Generationen von Elektronik-Musikern. Schneiders Instrumente und persönliche Gegenstände dokumentieren vier Jahrzehnte Musikgeschichte von den frühen 1970ern bis zu seinem Tod 2020. Das Musicians Hall of Fame and Museum, gegründet 2006 von Joe und Linda Chambers, ehrt Musiker aller Genres durch Ausstellung ihrer originalen Instrumente. Die Institution beherbergt auch die GRAMMY Gallery und wird von Künstlern wie Keith Richards und Ringo Starr geschätzt.