Unbekannt
· 10.05.2011
Kaum ein anderes Rennrad am Markt bietet so viele technische Finessen wie das Look 695. Ob sinnvoll oder nicht, klärt dieser Test.
Mit dem Modell 695 treibt der französische Hersteller Look die Systemintegration energisch voran. Komponenten wie Sattelstütze, Lenklager und Vorbau kommen bei diesem Boliden nicht aus dem Sortiment bekannter Zulieferer, und auch im Kraftzentrum dreht sich keine Kurbel von Campagnolo, Shimano oder SRAM. Nein, auch hier ist das Look-Logo auf der Carbonkurbel ein Beleg dafür, dass es sich um eine Spezialentwicklung handelt. Neu ist die Idee zwar nicht; auch andere Marken zeigten an ihren Top-Modellen bereits integrierte Kurbeln mit eigenem Lagerstandard oder höhenverstellbare Vorbauten. Neu beim Look 695 ist aber die Vielzahl individueller technischer Lösungen.
Alles von Look
Schon von früheren Look-Modellen bekannt ist die E-Post genannte Sattelstütze, die sich mittels verschieden harter Elastomer-Elemente auf unterschiedliche Fahrergewichte und Fahrbahnuntergründe abstimmen lässt. Zudem kann man die Sattelposition bei geklemmtem Sattelgestell auf einem Schlitten 30 Millimeter horizontal verstellen. Effektiv ergibt sich so je nach Sattelmodell ein waagerechter Verstellbereich von etwa 60 Millimetern, was die Anpassung der Sitzposition im Vergleich zu herkömmlichen Klemmungen flexibler gestaltet. In der Lenkzentrale haben die Franzosen das herkömmliche Ahead-System von der Funktion entbunden, mittels Klemmkonus im Gabelschaft das Lenklager spielfrei einzustellen. Stattdessen wird das Lenklager mittels einer auf dem Gabelschaft fixierten Gewindehülse und einer Überwurfmutter geklemmt, die sich am Steuerrohr-Kragen abstützt. Vereinfacht könnte man sagen, Look hat den guten alten Gewindesteuersatz leichter und schöner gemacht.
Über dem Steuerrohr thront ein mächtiger Vorbau, in dessen Innerem sich eine clevere Konstruktion verbirgt, die mit wenig Schraubenkraft den Gabelschaft sicher klemmt. Überaus praktisch daran ist die formschlüssige Verbindung mittels zweier planparalleler Flächen auf dem Gabelschaft, weshalb Vorbau und Gabel immer exakt fluchten – der Lenker kann also gar nicht mehr schief stehen. Der fein verzahnte Klemm-Mechanismus bietet zudem die Möglichkeit, den Vorbau in einem Bereich von mehr als 20 Grad zu verstellen – Spacer sind überflüssig. Dank eines Einlegekeils vorne in der Lenkeraufnahme lässt sich die Vorbaulänge auf 100 oder 110 Millimeter einstellen. Zusammen mit der flexiblen Sattelklemmung erleichtert dies die Einstellung der Sitzposition.
Kurbel aus einem Stück
In Zusammenarbeit mit dem französischen Kurbelhersteller Spécialités T.A. hat Look eine völlig neue Carbon-Kurbelgarnitur entwickelt. Diese – und das ist wirklich spektakulär – wirkt inklusive Metall-Lagerflächen wie aus einem Stück geformt und lässt sich auch in einem Stück (Lager, Kurbeln, Kettenblätter) montieren. Einzig benötigtes Werkzeug: ein Drei-Millimeter- Innensechskant zum Öffnen eines geteilten Gewinderinges, der die Kurbel im Tretlagergehäuse fixiert. Dieses Gehäuse beherbergt die mit 65 Millimetern Außendurchmesser größten Kurbellager bei Serienrädern. Anpassen lässt sich auch die Kurbelarmlänge mittels eines verstellbaren Pedalauges, das Kurbellängen von 170, 172,5 und 175 Millimetern ermöglicht. Während der Fahrt treten die technischen Spezialitäten vornehm in den Hintergrund – das Look ist fix und einfach auf die individuelle Sitzposition angepasst und überzeugt dann mit weitgehend neutralem Fahrverhalten. Der 980 Gramm leichte Carbonrahmen wartet zwar mit einer eher geringen Lenkkopfsteifigkeit auf (71 Newtonmeter pro Grad), die sehr seitensteife Gabel fördert aber die Spurtreue. Andererseits ist sie auch in Fahrtrichtung so steif, dass sie nicht die kleinste Fahrbahnkante verzeiht. Der Komfortunterschied zum E-Post-gedämpften Heck ist eklatant.
Fazit: Lob für Look, mit vielen technischen Details neue Wege zu gehen, die vor allem die so wichtige Einstellbarkeit der Sitzposition verbessern. Dass dabei auch noch ein schicker Renner mit harmonischer Linienführung enstanden ist (den etwas klobigen Vorbau ausgenommen), macht das 695 zusätzlich zu einer heißen Nummer.
Bezug/Info Grofa, Telefon 06434/2008-200, www.grofa.com
Rahmengrößen** 49, 51, 53, 55, 57, 59 cm
Sitz-/Lenkwinkel 74/73°
Sitz-/Ober-/Steuerrohr 630/555/171 mm plus 20 mm Steuersatzkappe
Radstand/Nachlauf 995/57 mm
Stack/Reach/STR*** 568/392 mm/1,45
AUSSTATTUNG
Gabel Look HSC 7
Lenklager Look, oben 1-1/8, unten 1-1/2 Zoll
Schaltung/Bremsen Shimano Dura-Ace
Kurbel Look ZED 2
Laufräder/Reifen Fulcrum Racing Zero/ Continental GP 4000S
Lenker/Vorbau FSA SL-K/Look C-Stem
Sattel/-stütze Fizik Antares/Look E-Post
MESSWERTE & EINZELNOTEN*
Gewicht Komplettrad 6,6 Kilo (ohne Pedale)
Gewicht Rahmen/Gabel/Steuerlager 984/303/70 g
Normiertes Gewicht Rahmen-Set**** 1.395 g 1 , 7
Lenkkopfsteifigkeit 71 Nm/°: 3 , 7
Seitensteifigkeit Gabel 50 N/mm: 1 , 3
Tretlagersteifigkeit 50 N/mm: 2 , 7
Komfort Rahmen 204 N/mm: 1 , 7
Komfort Gabel 104 N/mm: 5 , 0
* In die Note fließen weitere Einzelnoten ein, die wir aus Platzgründen nicht abdrucken.
** Getestete Rahmengröße gefettet.
*** Stack/Reach: projiziertes senkrechtes/waagerechtes Maß von Mitte Tretlager bis Oberkante Steuerkappe; STR (Stack to Reach): Werte zwischen 1,45 und 1,55 bedeuten eine sportliche Sitzposition, Werte darunter rennmäßig, darüber komfortabel.
**** Bereinigtes Gewicht für Rahmengröße 57 cm und Gabelschaftlänge 225 mm.