Rennrad-TypenDas Wettkampf-Rennrad

Julian Schultz

 · 22.09.2023

Das Segment der Wettkampf-Rennräder unterteilt sich in drei Unterkategorien: Aero-Boliden, Race-Allrounder und Bergräder.
Foto: Skyshot/Greber
Rennrad ist nicht gleich Rennrad: Die Industrie hat sich eine Vielzahl von Variationen ausgedacht, um verschiedensten Ansprüchen gerecht zu werden. Die Kategorien sind dabei nicht immer selbsterklärend, eindeutig definiert und trennscharf, was Laien vor Probleme stellt. TOUR erklärt die wichtigsten Rennrad-Gattungen, was sie ausmacht und was man damit machen kann.

Was ist ein Wettkampf-Rennrad?

Das Wettkampfmodell ist der Formel-1-Bolide unter den Rennrädern. Im Wesentlichen gibt es drei Strömungen: pfeilschnelle Aero-Boliden, vielseitige Allrounder und leichte Bergräder. Die Spezialisten teilen sich ein gemeinsames Ziel: Sie wollen möglichst schnell von A nach B kommen und versprechen maximale Leistung. Im Vergleich zum Endurance-Rennrad sitzt man auf den Rennmaschinen deutlich gestreckter. Auch der Federkomfort fällt meist geringer als beim Marathonrad aus. Auch wenn der Reiz groß ist, auf einer hochmodernen Rennmaschine wie die Top-Stars unterwegs zu sein: Für ungeübte Hobbysportler oder Einsteiger gibt es bessere Alternativen.

Was macht die Rahmen von Wettkampfrädern besonders?

Wettkampf-Rennräder sind mit ihrer aggressiven Rahmengeometrie der Gegenentwurf zum langstreckentauglichen Endurance-Rad. Durch ein kurzes Steuerrohr und langes Oberrohr wird der Fahrer in eine möglichst flache und damit aerodynamische Sitzposition gebracht. Der Quotient aus Stack (tatsächliche Rahmenhöhe) und Reach (tatsächliche Rahmenlänge) als Kennzahl für die Sitzposition liegt meist um 1,40. Spezielle Cockpits können die rennmäßige Haltung zusätzlich verstärken. Zum Vergleich: Bei Endurance-Rennrädern sind Werte um 1,55 oder mehr die Regel. Als Werkstoff setzt die Industrie durchweg auf Carbon, um möglichst leichte Modelle zu realisieren (siehe unten). Je nach Ausrichtung des Wettkampf-Rennrads sind die Carbonrohre aerodynamisch optimiert. Windschlüpfrige Rohrquerschnitte, speziell an Steuer- und Unterrohr, führen zu weniger Luftwiderstand und machen das Modell schneller. Vollintegrierte Lenker-Vorbau-Einheiten sowie Laufräder mit hohen Felgen begünstigen außerdem die Aero-Leistung, die TOUR für alle Wettkampfräder im GST-Windkanal in Immenstaad ermittelt. Weil für die flächigen Rahmenformen mehr Carbon eingesetzt wird, ist ein Aero-Bolide schwerer als ein Allrounder oder Leichtbau-Modell.

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Carbon ist bei Wettkampfrädern der Werkstoff der Wahl, da es leichter als Aluminium ist und den Herstellern beim Rahmendesign mehr Freiheiten lässt.
Foto: Matthias Borchers

Wie fällt das Fahrverhalten aus?

Im Unterschied zum klassischen Endurance-Rennrad präsentieren sich Wettkampfmodelle agiler und lassen sich direkter um Kurven steuern. Der Radstand variiert in etwa zwischen 980 und 1000 Millimetern. Tendenziell sind Aero-Spezialisten laufruhiger, in manchen Fällen auch träger als Leichtbau-Räder. Allrounder liegen per Definition zwischen den beiden Extremen.

Welche Reifen passen?

Die guten, alten 23 Millimeter schmalen Rennreifen haben am Wettkampfrad längst ausgedient. Der aktuelle Standard sind 28 Millimeter. Pneus in dieser Abmessung bieten den besten Kompromiss aus Komfort und Rollwiderstand - und kompensieren den kleinen Aero-Nachteil gegenüber schmaleren Reifen. Rahmen und Gabel lassen inzwischen auch bei Race-Modellen Platz für bis zu 32-Millimeter-Pneus. Je nach Maulweite der Carbonfelge können die Reifen in der Realität noch etwas breiter ausfallen. Die meisten Wettkampf-Rennräder rollen auf modernen TLR-Pneus (Tubeless-Ready), die entweder mit Schlauch oder mit Dichtmilch gefahren werden können. Auf letztere Variante setzt auch das Gros im World-Tour-Peloton.

28 Millimeter breite Reifen sind der Standard bei Wettkampfrädern. Maximal lassen die Rennmaschinen bis zu 32 Millimeter breite Pneus zu.Foto: Borchers28 Millimeter breite Reifen sind der Standard bei Wettkampfrädern. Maximal lassen die Rennmaschinen bis zu 32 Millimeter breite Pneus zu.

Was gibt es bei den Übersetzungen zu beachten?

Während die Rahmen-Sets der Wettkampfmaschinen auch von den Profis gefahren werden, sind die Getriebe der im Handel erhältlichen Räder meist etwas leichter abgestimmt. Am weitesten verbreitet ist die Semikompakt-Kurbel mit 52/36 Zähnen. Gepaart mit einem relativ kleinen Ritzelpaket (10-30 Zähne) braucht es ein paar Trainingskilometer in den Beinen, um die Kurbel auch im steilen Terrain drehen zu können. Für Fans von mechanischer Schalttechnik eine schlechte Nachricht: Neue Modelle werden fast nur noch mit elektronischen Gruppen von Shimano oder SRAM ausgestattet. Antriebe von Campagnolo findet man an Fachhandelsrädern kaum.

Elektro statt Mechanik: Wettkampfräder schalten inzwischen fast ausschließlich elektronisch. Am weitesten verbreitet ist die Semi-Kompaktkurbel.Foto: BorchersElektro statt Mechanik: Wettkampfräder schalten inzwischen fast ausschließlich elektronisch. Am weitesten verbreitet ist die Semi-Kompaktkurbel.

Was kosten Wettkampf-Rennräder?

Das technische Know-how, das in den Race-Modellen steckt, lassen sich die Hersteller leider auch bezahlen. Unter 3000 Euro findet man kaum noch Wettkampfräder. Im Mittel werden rund 5000 Euro oder mehr fällig. Nach oben kennen die Preise fast keine Grenzen. Die Profi-Boliden der namhaftesten Hersteller liegen meist deutlich im fünfstelligen Bereich.

Was wiegen Wettkampf-Rennräder?

Dank hochwertiger Rahmenqualität, exklusiver Schalttechnik und leichter Carbonkomponenten unterbieten die leichtesten Versionen das UCI-Gewichtslimit von 6,8 Kilogramm. Teure Aero-Spezialisten sind mindestens um 400 bis 500 Gramm schwerer. Im günstigeren Preisbereich können Kompletträder aufgrund schwerer Anbauteile aus Aluminium bis zu neun Kilogramm wiegen.

Das Profi-Rad von Tadej Pogacar (Colnago V4Rs) hing mit Pedalen, Computer, Flaschen, Transponder und GPS-Sender mit 7,42 Kilogramm an der TOUR-Waage. Die leichtesten Wettkampfräder ohne Zubehör wiegen rund 6,6 Kilogramm, die schwersten Modelle können bis zu 9,0 Kilogramm auf die Waage bringen.Foto: Jens KlötzerDas Profi-Rad von Tadej Pogacar (Colnago V4Rs) hing mit Pedalen, Computer, Flaschen, Transponder und GPS-Sender mit 7,42 Kilogramm an der TOUR-Waage. Die leichtesten Wettkampfräder ohne Zubehör wiegen rund 6,6 Kilogramm, die schwersten Modelle können bis zu 9,0 Kilogramm auf die Waage bringen.


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