Als Look zuletzt ein Team für die Tour de France mit Rädern ausstattete, startete das Großereignis in Deutschland. Sechs Jahre später ist der französische Komplettrad- und Komponentenhersteller auf der Landkarte zurück. Als Sponsor von Cofidis. Darauf sind die Franzosen stolz. So stolz, dass sie dem World-Tour-Team einen neuen Boliden zur Verfügung stellten (siehe unten im Artikel).
Da die Rennmaschine bislang allerdings nur den Profis um Simon Geschke vorbehalten ist und erste serienreife Räder frühestens ab Sommer erhältlich sein sollen, luden wir stattdessen den aktuellen Aero-Renner aus Looks Sortiment ein: das 795 Blade RS. Ein Modell, das idealtypisch für die Eigenständigkeit der Traditionsmarke aus Nevers steht – und in gewisser Weise auch die Problemchen des einstigen Dauergasts bei der Tour de France offenlegt.
Spektakulär war das Blade RS schon zu seiner Markteinführung vor fünf Jahren. Das integrierte Cockpit, der auffällige Sitzknoten und das voluminöse Tretlagergehäuse grenzen das Rad bis heute von den Aero-Rennrädern der Konkurrenz ab. Doch seit der Modellpflege 2021 besticht das Look nicht nur mit extravagantem Design, sondern auch mit einem originären Fertigungsverfahren des Rahmens.
Denn im Unterschied zu herkömmlichen Carbonrahmen besteht dieser beim 795 Blade RS aus zwei Teilen: einem tragenden inneren und einem äußeren Rahmen. Die kostspielige Technologie ermöglicht Look, das Gewicht des aero-optimierten Rahmens in Grenzen zu halten: Im Vergleich zum Vorgängermodell aus klassischer Fertigung bringt der Rahmen fast 200 Gramm weniger auf die Waage. Ein Fortschritt.
Allerdings knacken vergleichbare Aero-Rahmen inzwischen die Ein-Kilo-Marke und sind um bis zu 300 Gramm leichter. Apropos Knacken: Durch den Fertigungsprozess entsteht ein Hohlraum zwischen innerem und äußerem Rahmen, der leicht knackend etwas nachgibt, wenn man sich auf dem Oberrohr abstützt.
Bei der Aero-Leistung muss die Rennmaschine ebenfalls abreißen lassen. Mit 217 Watt bei 45 km/h liegt das Blade RS zwar auf dem Niveau von guten Allroundern, ist aber um mehr als eine Rennklasse langsamer als die aktuell schnellsten Profimodelle.
Die gute Nachricht: Dank leichter und steifer Vollcarbon-Laufräder von Corima, der französische Laufradspezialist ist seit 2016 unter dem Dach von Look, lässt sich mehr als passabel Tempo bolzen.
Aus engen Kurven heraus benötigt das extrem fahrstabile Look zwar etwas Anlaufzeit, um in Schwung zu kommen, einmal in Fahrt hält es aber spielerisch die Geschwindigkeit. Lediglich auf rauem Belag muss man etwas vom Gas gehen, da die Aero-Stütze relativ unnachgiebig ist und von den schmalen Serienreifen nicht allzu viel Federkomfort ausgeht. Ein Tausch auf bis zu 30 Millimeter breite Pneus würde helfen.
Look bietet das 795, dessen Rahmen-Sets für den europäischen Markt in Taiwan gefertigt werden, in zwei Ausführungen an: Dem hier getesteten Blade RS spendieren die Franzosen neben dem speziellen Fertigungsverfahren eine teurere Carbonqualität und rufen Preise zwischen 8490 und 11990 Euro auf. Das etwas schwerere Blade wird zwischen 6790 und 7290 Euro angeboten.
Viel Geld für ein Rennrad, das sich zwar durch seine Extravaganz von der breiten Masse abhebt, bei Gewicht und Aerodynamik jedoch nicht ganz auf Augenhöhe mit vergleichbaren Aero-Modellen liegt. Umso gespannter darf man auf den vermeintlichen Nachfolger sein, der im Gegensatz zum aktuellen Modell bei der Tour de France mit von der Partie sein wird.
>> Das Look 795 Blade RS bekommt eine TOUR-Gesamtnote von 1,9
Seit Anfang des Jahres pilotiert das Team Cofidis um Simon Geschke den vermeintlichen Nachfolger des aktuellen 795 Blade durchs Peloton. Der Prototyp, der bereits von der UCI abgenommen, aber noch ohne Modellnamen ist, präsentiert sich konventioneller als das Aero-Modell.
Look verabschiedet sich unter anderem vom extravaganten Hinterbau. Eine gewisse Ähnlichkeit zum S-Works Tarmac SL 7 von Specialized, einem der besten Race-Allrounder in der World-Tour, ist unverkennbar. Auf Nachfrage bei Grofa, dem deutschen Importeur von Look, soll die Neuheit ab Sommer erhältlich sein.
*Gewogene Gewichte.
**Herstellerangabe Testgröße fett.
***Stack/Reach projiziertes senkrechtes/waagerechtes Maß von Mitte Tretlager bis Oberkante Steuerrohr;
STR (Stack to Reach) 1,36 bedeutet eine sehr gestreckte, 1,60 eine aufrechte Sitzposition.
****Laufradgewichte inklusive Bereifung, Kassette, Schnellspanner/Steckachsen und ggf. Bremsscheiben.
*****Einzelnoten, die unterschiedlich gewichtet in die Gesamtnote einfließen, drucken wir aus Platzgründen nur zum Teil ab. Die Noten werden bis zur Endnote mit allen Nachkommastellen gerechnet; zur besseren Übersichtlichkeit geben wir aber alle Noten mit gerundeter Nachkommastelle an.
******Aerodynamik theoretisch benötigte Tretleistung, um den Luftwiderstand bei 45 km/h zu überwinden, gemessen im Windkanal mit einem tretenden Beindummy.