Obwohl Lapierre im Vergleich zu französischen Mitbewerbern relativ spät in den Carbonrahmenbau eingestiegen ist, mauserte sich die Marke in jüngerer Vergangenheit zum Stammgast bei “Le Tour”. Zum 22. Mal in Folge sind in diesem Jahr Rennmaschinen von Lapierre durch Frankreich gerollt – und mit dem Xelius SL ein Allrounder, der durch mutiges Rahmendesign hervorsticht. Wir schickten das Top-Modell in den Test, das bis auf die Lackierung fast identisch ist mit dem Profirad von Groupama-FDJ.
Das Markenzeichen des Xelius SL ist mit bloßem Auge am hinteren Rahmendreieck zu erkennen: Im Gegensatz zu anderen Herstellern verbindet Lapierre die Sitzstreben nicht mit dem Sitzrohr, sondern setzt diese am Oberrohr an. Das “freie” Sitzrohr kann dadurch über die gesamte Länge schwingen, mehr Federkomfort bieten aktuell nur wenige Profigeräte. Mit einer Reifenfreiheit bis 30 Millimeter meistert das Lapierre auch ruppiges Geläuf, wie FDJ-Profi Stefan Küng zuletzt bei Paris-Roubaix unter Beweis stellte, als er mit diesem Set-up Dritter (2022) und Fünfter (2023) wurde.
Noch besser aufgehoben als auf knüppelhartem Kopfsteinpflaster ist das Xelius SL in den Bergen. Die High-End-Version mit Dura-Ace-Vollausstattung kommt bis auf 114 Gramm an das UCI-Gewichtslimit heran und sammelt lässig Höhenmeter ein. Auf schnellen Passagen kommt der agile Carbonrenner jedoch an seine Grenzen: Mehr als zwei Rennklassen trennt das Xelius SL mit 229 Watt bei Tempo 45 km/h von vergleichbaren Allroundern.
Zum absolut schnellsten Material geht die Lücke noch weiter auf. Große Sprünge sind auch mit schnelleren Laufrädern als den vergleichsweise flachen Shimanos nicht drin. Auf Flachetappen ist man mit dem Aircode, dem Spezialisten in Lapierres Portfolio, etwas besser gewappnet.
Im aktuellen Modelljahr haben die Franzosen, die im vergangenen Jahr ihr 75. Firmenjubiläum feierten, sechs Versionen von 3300 bis 10000 Euro gelistet. Interessant für Fans mechanischer Schaltungen: Die beiden Basisversionen sind jeweils mit Elffach-Gruppen von Shimano ausgestattet. Durch einfache Alu-Komponenten kommen die Modelle jedoch weder an das Traumgewicht des getesteten Top-Modells heran, noch bieten sie denselben Federkomfort.
>> Das Lapierre Xelius SL 10.0 bekommt eine TOUR-Gesamtnote von 1,9
*Gewogene Gewichte.
**Herstellerangabe Testgröße fett.
***Stack/Reach projiziertes senkrechtes/waagerechtes Maß von Mitte Tretlager bis Oberkante Steuerrohr;
STR (Stack to Reach) 1,36 bedeutet eine sehr gestreckte, 1,60 eine aufrechte Sitzposition.
****Laufradgewichte inklusive Bereifung, Kassette, Schnellspanner/Steckachsen und ggf. Bremsscheiben.
*****Einzelnoten, die unterschiedlich gewichtet in die Gesamtnote einfließen, drucken wir aus Platzgründen nur zum Teil ab. Die Noten werden bis zur Endnote mit allen Nachkommastellen gerechnet; zur besseren Übersichtlichkeit geben wir aber alle Noten mit gerundeter Nachkommastelle an.
******Aerodynamik theoretisch benötigte Tretleistung, um den Luftwiderstand bei 45 km/h zu überwinden, gemessen im Windkanal mit einem tretenden Beindummy.