Julian Schultz
· 03.12.2021
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Schutzbleche am Rennrad? Puristen rümpfen darüber die Nase – aber tatsächlich ist es das Erkennnungszeichen für alle Rennradler, die im Herbst und Winter wirklich Rad fahren wollen. Acht Rennrad-Schutzbleche zum Anschrauben und Anstecken im Test. Plus: Montage-Tipps.
Der zurückliegende Sommer war wahrlich nichts für Rennradler. Es regnete nicht nur gefühlt die ganze Zeit - auch statistisch waren die Monate Juni, Juli und August die regenreichsten seit zehn Jahren. Wer ausgiebige Touren unternahm und nach einem vielversprechenden Frühjahr weiter fleißig Kilometer sammelte, der war entweder hart im Nehmen oder verfügte am Rad über: Schutzbleche. Nun steht die Hochsaison fürs Radeln bei unwirtlichem Wetter an - höchste Zeit für unseren Test von je vier Modellen zur Fest- und Schnellmontage.
Das wichtigste Kriterium ist und bleibt der Schutz vor Spritzwasser - und zwar vor dem, das von den Reifen aufgewirbelt wird. Deshalb ist nur ein langes Schutzblech ein guter Schmutzschutz. Wenig überraschend schneiden deshalb die festmontierten Modelle besser ab, weil sie länger sind als Steckbleche und dank stabiler Befestigung auch auf ruppigem Terrain an Ort und Stelle bleiben. “Das ist für uns entscheidend”, sagt Sven Kordes, Chefentwickler bei Zubehörspezialist SKS Germany. Denn: “Ein Schutzblech, das ständig klappert, will ich nach fünf Minuten wieder abmontieren.”
Specializeds geschraubte Dry-Tech Fender und die Steckbleche von Mudhugger markieren die Extreme im Test hinsichtlich der Länge. Die Specialized-Schützer umgreifen die Räder in einem weiten Bereich, während die Mudhugger so kurz sind, dass sie nur als schnell zu montierendes Provisorium in Frage kommen.
Wichtig für beide Arten von Schutzblechen ist, dass sie sich einfach montieren lassen - mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Steckbleche, die erst nach 20 Minuten Gefummel startklar sind, bleiben erfahrungsgemäß in der Garage. Das Anbringen fest montierter Bleche erfordert mehr Zeit - kann einen aber auch zur Weißglut treiben, wenn Montageteile und Befestigungspunkte nicht zusammenpassen. Davor sind im Übrigen auch moderne Marathonräder oder Gravelbikes nicht gefeit, deren integrierte Ösen oder Gewinde die einfache Montage von Zubehör versprechen. Dann heißt es Improvisieren, wie unsere Montage-Tipps (siehe Seite 40) zeigen.
Kaum Unterschiede gibt es hinsichtlich des Materials: Kunststoff ist Trumpf. Einzig Specialized verwendet bei seinem Testsieger-Set wärmebehandeltes Aluminium. Carbon-Modelle wie die Flexi-Carbon für 170 Euro, die wir in TOUR 11/2019 testeten, sind teuer und sehr selten.
Dass Schutzbleche von vielen Rennradlern nach wie vor kritisch beäugt werden, wundert SKS-Entwicklungsleiter Kordes nicht. “Der Rennradfahrer möchte sein meist teures Rad auf ein Minimum reduziert haben. Das Schutzblech darf deshalb eigentlich gar nicht auffallen”, sagt er und ergänzt augenzwinkernd: “Ein Porsche-Fahrer montiert ja auch keinen Dachträger an sein Auto.” Das stimmt wohl. Fürs Porsche-Fahren braucht man aber auch nicht bei Wind und Wetter im Freien zu trainieren.
Steckbleche sind in der Regel schnell montiert und leicht, eignen sich aber eher für gelegentlichen Einsatz bei Nässe. Wer unabhängig von der Wettervorhersage Rad fahren will, sollte zu fest montierten Blechen greifen. Mit den Besten bleiben Rücken und Füße auch bei längeren Regenfahrten trocken. Die Montage kann allerdings zur Geduldsprobe werden. Wichtig vor dem Kauf: Befestigungspunkte am Rad checken!
Unsere vier Modelle bieten allesamt einen guten Nässeschutz. Die Montage ist allerdings etwas aufwendig und erfordert Geschick.
Alle fest zu montierenden Schutzbleche aus unserem Test schützen gut bis sehr gut vor Nässe. Am besten gelingt das den Specialized Dry-Tech Fender - kein Schutzblech-Set umschließt die Laufräder auf größerem Umfang als das der US-Amerikaner. Dadurch schützt man nicht nur die eigenen Füße und den Rücken zuverlässig, beim Windschattenfahren behält auch der Hintermann den nötigen Durchblick.
Die robusten Aluminium-Bleche sind mit 80 Euro aber auch die mit Abstand teuersten Modelle im Test. Das in drei Größen erhältliche Set bietet Platz für bis zu 55 Millimeter breite Reifen - damit eignet es sich auch für Gravelbikes. Knapp dahinter reihen sich die ebenfalls in drei Varianten erhältlichen Bontrager NCS ein. Mit mehr als 600 Gramm sind diese zwar das schwerste Set im Test, doch darauf sollte man bei Schutzblechen nicht allzu großen Wert legen, sie bleiben ja in der Regel nicht dauerhaft am Rad.
Die schlechteste Gesamtnote bei den festen Schutzblechen geht an die Procraft Rainbow. Sie haben uns bei der Montage am meisten Geduld abverlangt. Zwar mussten wir auch bei den Schmutzfängern von Bontrager und SKS zum Bolzenschneider greifen, um die Streben zu kürzen, bei Procraft erwiesen sie sich allerdings als besonders widerspenstig. Außerdem sind die Kanten der Schützer kaum gerundet, der Kunststoff ist insgesamt sehr weich. Hier punkten die tadellos verarbeiteten SKS Bluemels Shiny 35. In Sachen Sicherheit bieten die Schützer von Procraft und SKS einen Auslösemechanismus: Verfängt sich ein Zweig zwischen Schutzblech und Rad, entkoppeln sich die Streben, damit das Rad nicht blockiert. Den Schmutzfängern der beiden US-amerikanischen Hersteller fehlt diese Lösung.
Fazit: Die glänzenden Kunststoff-Bleche lassen sich relativ schnell montieren, die Streben können einfach angepasst werden. Schwerstes Set im Test.
Fazit: Bei der Montage ist auch wegen der knapp gehaltenen Anleitung Geduld gefragt. Ist das glänzende Kunststoff-Set dann aber am Rad angebracht, erfüllt es seinen Zweck und schützt vor Spritzwasser.
Fazit: Tadellos verarbeitet, mit Sicherheits-Clip zum Lösen der Streben. Kritikpunkt: Die Strebenlänge am hinteren Schützer war bei der Montage am Testrad weitgehend ausgereizt.
Fazit: Der Testsieger schmiegt sich weit um den Reifen und bietet einen exzellenten Spritzschutz. hochwertig verarbeitet. Vergleichsweise schwer und relativ teuer.
Nicht alle Schutzblech-Modelle schützen ausreichend vor Nässe und Schmutz. Die Anbringung ist dagegen unkompliziert und schnell erledigt.
Im Gegensatz zu den festmontierten Schutzblechen muss man bei den Schnellmontage-Modellen kleinere Abstriche beim Nässeschutz in Kauf nehmen. Am besten schneiden hier die SKS Speedrocker ab, die Reifen bis zu 42 Millimeter umschließen und laut Herstellerangaben speziell für Gravelbikes entwickelt wurden. Auch die BBB SlimGuard halten einen trocken - allerdings mit Einschränkungen. Der Grund: Die Schmutzfänger passen ausschließlich an Felgenbremsen-Räder mit einfachem Bremsbolzen, sind nur für Reifen bis maximal 28 Millimeter geeignet und benötigen genügend Freiraum zwischen Sitzrohr und Reifen.
Bei unserem Testmodell, einem älteren Scott Foil, war das nicht der Fall. Aus diesem Grund mussten wir auf das steckbare Teilstück zwischen Sitzstreben und Sitzrohr verzichten - und wurden entsprechend an den Füßen nass. Nur bedingt empfehlenswert sind die - nur einzeln erhältlichen - Gravelhugger von Mudhugger. Das hintere Blech schützt aufgrund der Befestigung an den Sitzstreben nur Po und Rücken. Füße und Antrieb bekommen ordentlich Spritzwasser und Dreck ab - außer man ist zum Improvisieren bereit und verlängert das Schutzblech selbst.
Die Befestigung mit Gummiringen und Kabelbindern ist simpel, dafür geht sie am schnellsten. Besser gefiel uns die Befestigung der Crud Roadracer MK3. Dank eines äußerst stabilen und klebbaren Klettverschlusssystems lässt sich das Schutzblech-Set an nahezu jeder Rahmenform anbringen und mühelos ausrichten. Leider wirkt der Kunststoff billig und ist vergleichsweise weich. Mit 248 Gramm sind die Roadracer dafür das leichteste Set im Test.
Fazit: Die schmalsten Schutzbleche im Test lassen sich nur an Bremsbolzen und Schnellspannachse anbringen. Bei Aero-Rennern muss man auf das Steckblech zwischen Sitzstrebe und Sitzrohr wegen des fehlenden Freiraums verzichten.
Fazit: Das lange vordere Schutzblech schützt gut vor Nässe, das assymetrische hintere hält den Antrieb relativ trocken und sauber. Abzüge gibt es wegen des Materials, der Kunststoff wirkt billig und ist vergleichsweise weich.
Fazit: Bis zu 50 Millimeter breite Schlappen haben unter den Kunststoff-Blechen Platz; wenig Nässeschutz, vor allem hinten, weil das Schutzblech nur bis zu den Sitzstreben reicht. Sehr einfach zu montieren.
Fazit: Empfehlung vor allem für Gravelbikes. Vielfältig einstellbar, guter Spritzschutz. Vergleichsweise schwer.
Keine Eile, bitte: Die Montage fester Schutzbleche am Rennrad braucht Zeit, weil oft individuelle Anpassungen erforderlich sind. Aber auch der Anbau von Steckblechen zur gelegentlichen Nutzung will vorbereitet sein.
Richtige Breite der Schutzbleche
Als Faustformel für die passende Breite eines Schutzbleches empfiehlt sich an beiden Rändern je ein halber Zentimeter Überstand. Für 28-Millimeter-Pneus sollte das Schutzblech demnach rund 38 Millimeter breit sein. Gleichzeitig müssen Sie darauf achten, dass die Schmutzfänger noch durch die Streben beziehungsweise Gabel passen.
Abstand halten
Die Schutzbleche sollten mindestens einen Zentimeter Abstand vom Reifen haben, vor allem bei grobstolligem Profil, damit aufgewirbelte oder im Profil steckende Steine sich nicht verklemmen können.
Befestigungspunkte überprüfen
Vor dem Kauf von passenden Schutzblechen sollten Sie Ihr Rennrad hinsichtlich möglicher Befestigungspunkte unter die Lupe nehmen. Vor allem Gravelbikes verfügen inzwischen zwar über entsprechende Montageösen, die aber nicht zwingend an der richtigen Stelle sitzen.
Schutzfolie verwenden
Bei vielen Schmutzfängern zur Schnellmontage zählt eine Schutzfolie zum Lieferumfang. Diese sollten Sie zwischen Schutzblech und Rahmen/Gabel anbringen, um den Lack zu schonen.
Passendes Werkzeug
Insbesondere bei Festmontage-Schutzblechen sollten Sie daran denken, dass die Streben möglicherweise mit einem Bolzenschneider oder einer kleinen Eisensäge gekürzt werden müssen.
Vorsicht bei der Anpassung
Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollten Sie die Streben erst kürzen, nachdem die Schutzbleche endgültig montiert sind und Sie den Reifenfreigang überprüft haben. Andernfalls lassen sich diese möglicherweise nicht mehr am Rahmen befestigen. Um sich an den scharfen Enden nicht zu schneiden, können Sie diese mit Kunststoffkappen abdecken.
Schellen zum Nachrüsten
Befinden sich an Ihrem Rennrad keine Befestigungsösen, können Sie den Rahmen mit speziellen Schellen nachrüsten. Messen Sie vor dem Kauf unbedingt die Rohrdurchmesser.
Spritzschutz verlängern
Um den Nässeschutz am Vorderrad zusätzlich zu erhöhen, können Sie sich selbst einen Spritzlappen basteln. Hierfür eignet sich beispielsweise ein alter Reifen. Markieren Sie die notwendigen Löcher, falten Sie den Reifen an der markierten Stelle über Kreuz und schneiden Sie die Ecke ab. Abschließend befestigen Sie den Lappen mit Kabelbindern am Schutzblech. Der Schützer sollte rund zehn Zentimeter über dem Boden enden. Füße und Antrieb bleiben dadurch trocken.