TOUR Redaktion
· 21.01.2023
Zu knappes Überholen wird von Radfahrern als bedrohlich wahrgenommen. Seit April 2020 müssen Kraftfahrzeuge laut Gesetz beim Überholen innerorts 1,50 Meter Abstand halten und außerorts 2 Meter. Aber wie kann man den Abstand messen und kontrollieren?
Grundsätzlich lässt sich der Abstand zum Überholen per Laser, Ultraschall, Infrarot oder Video bzw. Foto ermitteln. Messtechnisch schwierig sind die Bezugspunkte wie Fahrzeug-Außenspiegel und Fahrradlenker. Das Projekt OpenBikeSensor stellt auf seiner Website einen Bauplan für einen Abstandssensor bereit. Der Sensor misst den Überholabstand und zeichnet die GPS-Daten auf, aber keine Fahrzeuginformationen. Ziel ist es, vor allem gefährliche Stellen in der Infrastruktur zu ermitteln. Der Sensor wurde in vielen Forschungsprojekten verwendet und 2022 mit dem Deutschen Fahrradpreis ausgezeichnet.
Im Eigenbau kostet er rund 60 Euro. Noch keine technische Lösung gibt es für die Polizei. Dazu müsste die Industrie die Zulassung eines entsprechenden Geräts bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) beantragen. Polizeibeamte können aber Verstöße zur Anzeige bringen, bei denen der Abstand augenscheinlich nicht eingehalten wurde. Noch einfacher ist es, wenn die Straßenbreite ein Überholen mit ausreichendem Abstand nicht zulässt und trotzdem überholt wird. In Baden-Württemberg gab es regelmäßige Schwerpunktkontrollen in Stuttgart, Freiburg, Heidelberg und anderen Städten.
Die belgische Stadt Brügge hat ihre Innenstadt zur Fahrradzone erklärt. In den 90 Straßen der Zone dürfen Radfahrer in der Mitte der Straße fahren. Motorisierte Fahrzeuge dürfen Radfahrer nicht überholen. In der gesamten Zone gilt 30 km/h Höchstgeschwindigkeit.
Die italienische Profiradsportvereinigung ACCPI hat einen Gesetzentwurf vorgestellt, der einen Überholabstand von 1,5 Metern festlegt. “Italien ist das Land mit der höchsten Todesrate pro geradeltem Kilometer. Den neuesten Zahlen zufolge stirbt in Italien alle zwei Tage ein Radfahrer”, lautet die Begründung. Zu den Unterstützern zählt die italienische Radsportlegende Maurizio Fondriest. Es ist der fünfte Versuch, ein Gesetz für mehr Radfahrerschutz anzuschieben.