Sandra Schuberth
· 31.07.2023
Die Tour de France Femmes ist ein seit 2022 jährlich stattfindendes Radrennen. Schnell wurde es zu einem der bekanntesten Etappen-Rennen im Frauenradsport. Acht Etappen gilt es zu bewältigen.
Zwift als Titelsponsor der Tour de France der Frauen hat TOUR eingeladen, zwei Etappen vor Ort mitzuerleben - eine davon im Begleitwagen - im In-Race Car. Nach einigem Hin und Her war klar: Wir nehmen die Einladung an, ich, Sandra Schuberth, fahre nach Frankreich, denn, um Kate Veronneau, Director of Women’s Strategy bei Zwift zu zitieren:
Die Menschen lieben den Frauen-Radsport. Und der ist gekommen, um zu bleiben.
Gemeinsam mit Alejandro Rodriguez, einem Journalisten aus Madrid, würde ich die fünfte Etappe der Tour de France Femmes avec Zwift im In-Race Car von Chantal Beltman, ehemalige Profiradfahrerin, erleben. Bevor es losging, habe ich mich bei den Teambussen umgeschaut. Da war aber gegen 12 Uhr, zwei Stunden vor Rennbeginn, noch nicht viel los: Es wurden Smart-Trainer aufgestellt, auf denen die Fahrerinnen sich aufwärmen, Fahrräder ausgepackt und allerlei Organisationsarbeit geleistet.
12:30 Uhr waren wir in der VIP-Area verabredet, um unsere Fahrerin Chantal Beltman zu treffen. Elegant gekleidet und mit Mittagessen Gepäck, kam sie freudig auf uns zu. Eine kurze Vorstellungsrunde, Essen, nochmal auf die Toilette und dann ging es los. Aber wer ist eigentlich ...
Chantal Beltman, unsere heutige Fahrerin, ist ehemalige niederländische Radsportlerin, geboren 1976 in Slagharen. Ihre aktive Zeit war von 1998 bis 2009. Schließlich entschied sie sich, ihre Profi-Karriere zu beenden. Im Gespräch sagte sie dazu:
Ich hatte das Privileg, mir das Ende meiner Profikarriere selbst auszusuchen. Es war keine Verletzung, die mich dazu zwang. So konnte ich mein letztes Jahr nochmal in vollen Zügen genießen.
Sie hatte das Gefühl, einen guten Punkt zum Aufhören erreicht zu haben und dachte mit 32 auch über Familiengründung nach. Obwohl sie das Glück hatte, als Profi schon damals Geld zu verdienen, war zu der Zeit unvorstellbar, als Teamfahrerin schwanger zu werden und weiter bezahlt zu werden - mittlerweile habe sich das schon verändert, sagt sie.
Jetzt ist sie übrigens Store-Managerin in einem Fahrradladen.
Der Start liegt in naher Zukunft (14:20); wir starten etwa 13:45 mit einem Konvoi an Fahrzeugen. Wir fahren die ersten Kilometer der Strecke, dann bleiben wir stehen, steigen aus und warten. Wenige Minuten später fliegt das Peloton vorbei - fast schneller als wir gucken können. Zum Glück habe ich ein Video als Beweisstück.
Und dann muss es schnell gehen: Wir flitzen zurück zum Auto - unangenehm bei den herrschenden Temperaturen - und nehmen eine Abkürzung, um bald wieder vor dem Rennen auf der Strecke zu sein.
Geschafft. Wir sind wieder auf der Strecke, vor den Fahrerinnen. Am Streckenrand warten schon frische Getränkeflaschen darauf, abgegeben zu werden.
Und dann passiert es. Im rauschenden Tour Radio kommt eine Durchsage und Chantal sagt etwas wie: Schaut nach hinten, da ist die Spitzengruppe. Wir hoffen, dass die Gruppe ihren Abstand ausbauen kann, denn ab einem Abstand von 2 Minuten und 30 Sekunden dürfen wir zwischen Spitze und Peloton. Erst einmal müssen wir aber schnell weiter. Chantal Beltman drückt aufs Gaspedal, wir halten uns fest, die Fahrt ist schnell und kurvenreich.
Fast überall an der Strecke stehen Fans. Viele winken freudig den Fahrzeugen auf der Strecke zu - so auch uns. Sie freuen sich, wenn man zurückwinkt. Ich fühle mich, wie soll ich sagen, als wichtiger wahrgenommen als ich bin, bin ich noch neu in dem Bereich unterwegs. In den kommenden Tagen werde ich noch merken, wie wichtig auch meine Rolle als Journalistin ist.
Der Frauenradsport ist in den letzten Jahren gewachsen und spätestens mit der Tour de France der Frauen 2022 konnte ein Zeichen gesetzt werden. Um den Frauenradsport weiter zu unterstützen, die Fahrerinnen zu unterstützen, muss die Aufmerksamkeit darauf weiter wachsen. Und wie geht das? Durch Berichterstattung, durch das Informieren über Hintergründe, durch Geschichten.
You can tell stories. - Kate Veronneau
Das war auch die Antwort von Kate Veronneau (Director of Women’s Strategy bei Zwift) auf meine Frage, wie ich - wie wir - als Journalisten den Wachstum fördern können. Ihre Vision sind zum, Beispiel gleiche Preisgelder für Frauen und Männer - dabei muss aber der Frauenradsport den Radsport der Männer nicht kopieren. Denn er ist etwas eigenes.
Demi Vollering, Siegerin der diesjährigen Tour de France Femmes avec Zwift, bring es auf den Punkt:
Ich hoffe, wir inspirieren viele Mädchen und Frauen dazu, auf’s Rad zu steigen und Radfahren genauso zu genießen, wie wir es tun. - Demi Vollering
Dank des Frauenradsports haben Mädchen Vorbilder in Sachen Radfahren und Radsport.
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Wir stoppen ein letztes Mal vor dem Ziel. Mir ist schlecht. Die letzte Abkürzung führte uns wieder in rasanter Fahrt durch unzählige Kurven. Ich hatte mein Smartphone in der Hand, um den Liveblog zu füllen. Keine gute Kombination.
Wir warten ein paar Minuten, dann kreist der Hubschrauber in unmittelbarer Nähe - weit können die Fahrerinnen nicht sein. Und dann kommt die aktuelle Spitze, etwas später das Peloton (Video).
Wir kürzen wieder ab und fahren auf direktem Weg zum Ziel. Ab fünf Kilometer vor dem Ziel stehen Kilometermarkierungen. Was wohl den Fahrerinnen hier durch den Kopf geht? Bei mir wäre es etwas wie: “fast geschafft” oder “5 Kilometer ziehen sich manchmal sehr”.
Ich bin froh, als ich aus dem Auto steige. Die ganzen Kurven und die Fahrweise, die ein Begleitwagen an den Tag legen muss, haben mir zu schaffen gemacht. Und trotzdem waren wir etwas zu langsam, um rechtzeitig am Ziel zu sein, um als Journalisten noch in die Mixed Zone gelassen zu werden. So verfolgen wir Ricarda Bauerfeinds letzte Meter auf der großen Leinwand. Was für ein Finish! Herzlichen Glückwunsch, Ricarda!
TOUR hat Ricarda Bauerfeind besucht, ein Auszug aus dem Portrait:
Bauernfeind will gar nicht besser als andere sein, sie will nur immer besser als sie selbst sein.
Im Begleitfahrzeug ist man sehr nah am Renngeschehen und doch unendlich weit weg. Im Tour-Radio werden ununterbrochen Updates durchgegeben. “Die Ausreißergruppe ist 30 Sekunden vor dem Peloton”, “35 Sekunden”, “40 Sekunden” heißt es da. Auch gibt es Anweisungen für unsere Fahrerin Chantal Beltman “move, move, move”, wenn wir plötzlich schnell weiter sollen. Die Fahrerinnen sehen wir insgesamt drei Mal für wenige Sekunden. Danach geht es immer in Vollspeed eine Abkürzung entlang, um wieder vor das Rennen zu kommen. Was im Rennen passiert, weiß ich hauptsächlich über das Tourradio, das für mich teilweise schwer verständlich ist - es rauscht - und über unseren Liveblog, in dem heute mein Kollege Thomas Goldmann die Updates aus dem Rennen postet. Auf der Rückbank schaut Alejandro Rodriguez den Livestream, bei dem Gedanken daran, neben dem Handy noch auf ein Tablet zu schauen, sehe ich uns schon anhalten, damit ich mich übergeben kann. Also lasse ich das - und schaffe es mit flauem Magen ins Ziel.
Der nächste Termin steht bereits: Vom 12. bis zum 18. August findet die Tour de France der Frauen im kommenden Jahr statt. Premiere, denn 2022 und 2023 starteten die Frauen an dem Tag, an dem die Männer ins Ziel kamen - Tour de France 2024: 29. Juni bis 21. Juli. Zwischen der Tour de France der Männer und der der Frauen liegen die Olympischen Sommerspiele Paris 2024. Spannend wird, wie die Aufmerksamkeit auf die Tour de France der Frauen gerichtet sein wird, wenn sie nicht am letzten Tag des Männerrennens startet.
Noch eine Premiere: Erstmals startet die Tour de France Femmes im Ausland. Als Startort für die Grand Départ wurde Rotterdam auserkoren. Auch 2024 soll es acht Etappen geben, wovon die Niederlande die ersten drei ausrichtet. Weitere Details zur Strecke der Tour de France Femmes 2024 soll im Oktober bekannt gegeben werden.
Das war’s noch nicht mit dem Frauenradsport. Vom 3. bis 13. August finden in Glasgow die World Championships statt, bei denen in 13 Radsportdisziplinen Weltmeistertitel vergeben werden. >> Mehr zur Rad-WM in Glasgow.
Auch der Kalender der Women’s World Tour hat noch ein paar Rennen zu bieten: