Thomas Goldmann
· 22.05.2024
Beim Giro d’Italia 2024 hat Georg Steinhauser für den ersten deutschen Etappensieg gesorgt. Der 22-Jährige, der für EF Education EasyPost fährt, setzte sich als Ausreißer nach 159 schweren Kilometern zwischen Wolkenstein in Gröden und dem Passo Brocon durch. Rang zwei ging an Tadej Pogacar (UAE Team Emirates), der das Rosa Trikot souverän verteidigte.
Der Sieg von Steinhauser hatte sich in gewisser Weise angedeutet. Schließlich glänzte der 22-Jährige bereits am Sonntag mit Platz drei auf der Königsetappe nach Livigno. Und auch auf der 17. Etappe war Georg Steinhauser, Sohn des früheren Radprofis Tobias Steinhauser, von Anfang an hellwach und prägte die Etappe zunächst in einer Ausreißergruppe, die sich nach der Abfahrt vom Sellajoch absetzte.
Die Gruppe wurde zwischenzeitlich wieder vom Peloton eingeholt, doch Steinhauser setzte sich gemeinsam mit Amanuel Ghebreigzabhier (Lidl-Trek) nochmals ab, ließ seinen Mitstreiter bei der ersten Überfahrt des Passo Brocon stehen und rettete rund anderthalb Minuten Vorsprung auf Pogacar ins Ziel.
“Das ist unglaublich! Auf der 8. Etappe habe ich bereits gemerkt, dass ich gute Beine habe, um hier vielleicht eine Etappe zu gewinnen. Die Königsetappe war bereits unglaublich. Damit konnte ich schon zufrieden sein. Heute habe ich bereits bei der Einschreibkontrolle gemerkt, dass ich gute Beine habe und vielleicht gewinnen werde. Ich bin am Anfang in die Ausreißergruppe gegangen. Es war ein bisschen komisch, denn wir wurden wieder eingeholt. Ich habe es nochmal probiert und es hat geklappt”, sagte Georg Steinhauser nach seinem ersten Profisieg.
Und auch der Vater Tobias war mächtig stolz: “Das ist pure Emotion. Ich gönne es ihm so. Es war ein super Rennen. Er ist auf alle Fälle besser als der Papa. Er hat es verdient”, sagte der einstige Teamkollege von Jan Ullrich bei Eurosport. Ullrich war lange mit Georg Steinhausers Tante Sara verheiratet.
Vom Start weg wurde attackiert - aus gutem Grund: Schließlich ging es gleich auf das Sellajoch, das mit 2244 Metern Höhe nach dem Ausfall des Umbrailpasses die Cima Coppi war, der höchste Punkt des Giro d’Italia 2024. Diese und die damit verbundenen 50 Punkte sicherte sich dort oben Giulio Pellizzari (VF Group-Bardiani CSF - Faizane) vor Nairo Quintana (Movistar). Nach der Abfahrt bildete sich eine größere Ausreißergruppe, die zunächst acht Fahrer umfasste - auch hier war Georg Steinhauser bereits dabei: Nairo Quintana (Movistar), Julian Alaphilippe (Soudal - Quick Step), Giulio Pellizzari (VF Group-Bardiani CSF - Faizane), Georg Steinhauser (EF Education EasyPost), Marco Frigo (Israel-Premier Tech), Damiano Caruso (Bahrain-Victorious), Amanuel Ghebreigzabhier (Lidl-Trek) und Davide Ballerini (Astana Qazaqstan Team) bildeten zunächst die Spitze des Rennens. Im Anstieg zum Passo Rolle schlossen mit Nicola Conci (Alpecin-Deceuninck) und Attila Valter (Visma | Lease a Bike) zwei weitere Fahrer auf.
Im Peloton ließ UAE Team Emirates die Spitzengruppe gewähren. Allerdings war Team dsm-firmenich PostNL unzufrieden mit der Rennsituation und erhöhte am Passo Rolle das Tempo und brachte die Ausreißer wieder in Schlagdistanz. Am Passo Gobbera holten die Mannen um Bardet die Spitzengruppe schließlich ein. Kurz vor der Kuppe brach die niederländische Mannschaft ihre Aktion ab. Offenbar fühlte sich Bardet doch nicht dazu in der Lage, zu attackieren. Amanuel Ghebreigzabhier nutzte den günstigen Moment aus und attackierte erneut aus dem Peloton heraus. Georg Steinhauser folgte und schloss die Lücke zum Mann aus Eritrea in der Abfahrt. Zu diesem Zeitpunkt waren noch rund 50 Kilometer zu fahren.
Dahinter übernahm Ineos Grenadiers das Kommando in der Gruppe um das Rosa Trikot von Tadej Pogacar, wohl aber nur, um in der Abfahrt sicher von vorne zu fahren. Bei der ersten Überfahrt des Passo Brocon ging das Wechselspielchen im Peloton weiter. Zunächst setzte sich wieder dsm-firmenich PostNL an die Spitze, dann kurzzeitig Soudal - Quick Step, ehe UAE Team Emirates wieder übernahm. Auch Simon Geschke (Cofidis) probierte es nochmal mit einer Attacke, kam aber nicht weg.
An der Spitze schüttelte derweil Steinhauser Ghebreigzabhier ab und ging als Solist auf die letzte rutschige Abfahrt des Tages. Die meisterte der 22-Jährige ohne Probleme und nahm rund drei Minuten Vorsprung auf die Pogacar-Gruppe mit in den Schlussanstieg.
Fast zwölf Kilometer ging es nochmal bergauf für den Youngster, der sein Ding an der Spitze durchzog. Im Peloton fuhr Ineos Grenadiers zwar ein gewisses Tempo. Die Briten machten aber zunächst keine Zeit auf den Deutschen gut.
Erst als Daniel Felipe Martinez (Bora-Hansgrohe) attackierte, begann der Vorsprung von Steinhauser langsam zu schmelzen. Der Kolumbianer konnte sich aber nicht von der Konkurrenz absetzen. Somit übernahm Tadej Pogacar selbst die Tempoarbeit und fuhr seinen Gegnern davon.
Um Steinhauser einzuholen, war es aber schon zu spät. Der Profi von EF Education EasyPost konnte seinen ersten Sieg als Radprofi als Solist voll auskosten.