Saisonvorschau 2024 der FrauenDie Rennen - Frankreich im Fokus

Tom Mustroph

 · 05.01.2024

Saisonvorschau 2024 der Frauen: Die Rennen - Frankreich im FokusFoto: Getty Images
Der Col du Tourmalet lieferte bei der Tour de France Femmes 2023 spektakuläre Bilder. Alpe d’Huez könnte das 2024 noch toppen
Olympia oder Tour de France Femmes? Die besten Radsportlerinnen müssen sich möglicherweise für eines der beiden Events entscheiden. TOUR blickt auf die Highlights 2024.

Die neue Radsportsaison der Frauen wird durch zwei Mega-Events in Frankreich bestimmt. Bei der Tour de France Femmes geht es erstmals auf den mythischen Radsportgipfel Alpe d’Huez, kurz davor allerdings in Paris bei Olympia 2024 um Gold. Das hat für Radsportlerinnen einen besonders hohen Stellenwert. “Ein Olympiasieg ist gleichwertig für Männer wie für Frauen. Deshalb ist das für einige unserer Athletinnen ein sehr großes Ziel”, sagt Dirk Baldinger vom deutschen Rennstall Ceratizit-WNT-Pro Cycling.

Premiere: Die Kehren nach L’Alpe d’Huez sind erstmals Bestandteil der Tour de France Femmes.Foto: Getty ImagesPremiere: Die Kehren nach L’Alpe d’Huez sind erstmals Bestandteil der Tour de France Femmes.


Olympia nur alle vier Jahre

Auch Weltmeisterin und Tour-Zweite Lotty Kopecky priorisiert Olympia: “Die Tour-Strecke gefällt mir, und dass es durch Belgien geht, ist auch sehr schön. Auf der anderen Seite ist die Tour jedes Jahr und die Olympischen Spiele gibt es nur alle vier Jahre.” Trotz des möglichen Startverzichts einiger Stars wird die Bedeutung der Tour de France Femmes durch Olympia aber nicht angekratzt. “Die Tour ist das Nonplusultra. Sie hat eine enorme Reichweite. Genau wie bei den Männern überragt sie alles andere und ist die größte Marke in unserem Sport”, meint der Sportliche Leiter Ronny Lauke vom Rennstall Canyon//SRAM.

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Wie bei den Männern beginnt die World-Tour-Rennserie auch bei den Frauen mit der Santos Tour Down Under im Januar. Vor allem bei den Fahrerinnen aus Australien ist das Rennen ein Muss. Das neu formierte Team Liv-AlUla Jayco tritt sogar nur mit einheimischen Fahrerinnen an. Titelverteidigerin Grace Brown (FDJ-Suez) und die dreimalige Siegerin Amanda Spratt (Lidl-Trek) haben ebenfalls zugesagt.

Radsport-Kalender der Frauen 2024: Willunga Hill das erste Highlight

Als Höhepunkt wird erstmals der Willunga Hill befahren, der schon das Männerrennen seit vielen Jahren prägt. Immer mehr hohe Berge liegen ohnehin im Trend: Der Giro d’Italia Women 2024, erstmals vom Männer-Organisator RCS ausgerichtet, lockt mit dem Ritt zum Blockhaus, die Tour de France Femmes 2024 mit den 21 Kehren nach L’Alpe d’Huez. “Als Rennfahrer war mir der Name des Berges eigentlich egal. Die waren alle ziemlich schwer, und am Ende setzten sich die Besten durch. Der einzige Unterschied ist, dass an den ikonischen Bergen mehr Leute stehen”, kommentiert Canyon//SRAM-Chef Ronny Lauke den Hang zu Gipfel-Glamour bei den Organisatoren.

Tour de France Femmes 2024: Auslandsstart und Halbetappen

Radsportfans en masse auf dem Weg nach Alpe d’Huez: Solche Bilder liefert wohl 2024 auch der FrauenradsportFoto: Getty ImagesRadsportfans en masse auf dem Weg nach Alpe d’Huez: Solche Bilder liefert wohl 2024 auch der Frauenradsport

Tour-Renndirektorin Marion Rousse ist da euphorischer. Sie nennt den Trip nach L’Alpe d’Huez “eine Etappe von Danteschen Dimensionen”. Weitere Neuerung ist der erste Auslandsstart in Rotterdam. Ungewöhnlich sind auch die zwei Halbetappen am zweiten Tag: eine kurze und weitgehend flache Etappe über 67 Kilometer am Vormittag, danach ein Zeitfahren. “Wir wollten, obwohl wir an einem Montag starten, acht Etappen beibehalten”, erklärt Rousse und prognostiziert für die Fahrerinnen eine “Herausforderung durch die Ermüdung an diesem Tag”. Die eine oder andere Teilnehmerin wird allerdings schon gehörig vorermüdet anreisen. Denn vor dem Grand Depart am 12. August in Rotterdam steht Olympia in Paris mit dem Straßenrennen am 4. des Moants und den Bahnwettbewerben vom 5. bis 11. August auf dem Programm.

Die Auffahrt nach L’Alpe d’Huez wird eine Etappe von Danteschen Dimensionen! - Marion Rousse, Direktorin TdFF

Zeitliche Nähe von Olympia und Tour de France Femmes bereitet Sorgen

Die zeitliche Nähe der beiden Hauptevents des Jahres bereitet vielen Beteiligten einiges Kopfzerbrechen, denn wer an den Bahnrennen teilnehmen will, muss die Trainingsbelastung anders steuern und Qualifikationswettbewerbe bestreiten. “Wir als Straßenteam treten da etwas zurück und stellen die Fahrerinnen frei. Bei einigen Rennen müssen sie aber auch was fürs Team machen”, benennt Dirk Baldinger vom Team Ceratizit-WNT die Aufgabenstellung. Bei ihm betrifft das in erster Linie die Olympiasiegerin von Tokio in der Mannschaftsverfolgung Franziska Brauße, die zweimalige britische Bahnolympiasiegerin Katie Archibald sowie die dreimalige Weltmeisterin Martina Fidanza aus Italien.

“Wenn sie eine Goldmedaille holen, strahlt das auch auf das Team ab”, hofft er auf Win-win-Effekte. Positiv ist die steigende Zahl von Rennen in Deutschland. Zur traditionsreichen Thüringen-Rundfahrt (25.–30. Juni) gesellt sich der Grand Prix Stuttgart (15. September) sowie die Tour de Berlin feminin. Letztere wird auf drei Tage ausgeweitet (2.–4. August). “Die Veranstaltung wurde sehr gut angenommen. Und weil wir wollen, dass sich der Reiseaufwand für die Teams lohnt, gibt es jetzt drei Etappen”, erzählt Rennleiter Claudiu Ciurea.

Dass die letzte Etappe in Berlin am selben Tag wie das olympische Straßenrennen stattfindet, stört ihn nicht: “Wir sehen das nicht als Problem, sondern glauben, dass in dem Moment eine positive Aufmerksamkeit für den Radsport herrscht und sich das an der Strecke widerspiegelt.” Mit traditioneller Berliner Bescheidenheit könnte man festhalten: Die Tour de Berlin feminin stellt das perfekte Scharnier dar zwischen Giro d’Italia und Tour de France Femmes. Und es müssen ja nicht immer Blockhaus und L’Alpe d’Huez sein. Auch der Grunewald-Hügel “Willi” hat seine Fans.



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