Thomas Goldmann
· 29.11.2022
2022 haben einige Radsport-Stars ihre Karriere beendet - so auch Tom Dumoulin. TOUR blickt zurück auf die Laufbahn des Niederländers und seine größten Erfolge.
Ende Juli 2022 stand Tom Dumoulin bei der Clasica San Sebastian letztmals bei einem Profirennen am Start. Er stieg bei dem klassischen Eintagesrennen im Baskenland vorzeitig vom Rad. “Der Tank ist leer, die Beine fühlen sich schwer an und die Trainingseinheiten funktionieren nicht, wie ich gehofft hatte”, erklärte der Niederländer auf Instagram, als er einige Tage später seinen sofortigen Rücktritt vom Profi-Radsport verkündete.
Bereits Anfang Juni dieses Jahres hatte der damals 31-Jährige mitgeteilt, das Rad nach dieser Saison an den Nagel zu hängen. Sein letztes großes Ziel waren die Weltmeisterschaften in Australien, die er dann allerdings doch nicht mehr in Angriff nahm. Trotzdem kann der Mann aus Maastricht auf eine glorreiche Karriere zurückblicken, die 2011 beim Rabobank Continental Team begann.
2012 wechselte Dumoulin zum Team Argos-Shimano, für das er 2014 (unter dem Namen Giant-Shimano) mit einem Erfolg im Zeitfahren des Criterium International erstmals siegreich war. In der Folge lies Dumoulin mit Zeitfahrsiegen bei den niederländischen Meisterschaften und der Eneco Tour aufhorchen. Spätestens nach den Weltmeisterschaften 2014 und seiner Bronzemedaille im Einzelzeitfahren hinter Bradley Wiggins und Tony Martin hatten ihn die meisten Radsportfans auf dem Zettel.
Seinen ersten großen Auftritt bei einer dreiwöchigen Landesrundfahrt hatte Dumoulin 2015 bei der Vuelta a Espana. Auf der 9. Etappe holte er sich bei einer Bergankunft erstmals das Rote Trikot des Gesamtführenden, das er wenig später wieder abgab, es sich jedoch im Einzelzeitfahren auf Etappe 17 zurückholte. Dumoulin stand bereits kurz vor dem Vuelta-Sieg, erst am vorletzten Tag wurde ihm das Rote Trikot erneut von Fabio Aru ausgezogen.
2016 sicherte sich Dumoulin beim Auftaktzeitfahren des Giro d’Italia in den Niederlanden das Rosa Trikot und gewann bei der Tour de France zwei Etappen - darunter die schwere Bergankunft in Andorra Arcalis. Kurz nach der Frankreich-Rundfahrt reichte es bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro zur Silbermedaille für den Niederländer. Nur Fabian Cancellara war an diesem Tag stärker.
2017 krönte Dumoulin seine Karriere mit dem Gesamtsieg beim Giro d’Italia, wo er auch zwei Etappen gewann. Vor dem 16. Abschnitt führte Dumoulin bereits mit fast drei Minuten vor Nairo Quintana in der Gesamtwertung, doch nachdem der Mann im Rosa Trikot auf dem Weg nach Bormio von Magenproblemen geplagt wurde und unterwegs unfreiwillig seine Notdurft verrichten musste, verlor er an diesem Tag mehr als zwei Minuten seines Vorsprungs und bei der Bergankunft in Piancavallo drei Tage vor dem Ende der Rundfahrt das Rosa Trikot an Quintana.
Doch Dumoulin konnte sich einmal mehr auf seine Stärke im Kampf gegen die Uhr verlassen. Vor der letzten Etappe belegte der damalige Sunweb-Profi noch Rang vier im Gesamtklassement. Auf den 29,3 Kilometern zwischen Monza und Mailand verwandelte er einen Rückstand von 53 Sekunden auf Quintana in einen Vorsprung von 31 Sekunden und krönte sich zum ersten niederländischen Gesamtsieger des Giro d’Italia. 2017 lief es für Dumoulin zudem bei der WM in Oslo überragend. Nach dem Triumph im Mannschaftszeitfahren gewann er auch im Einzelzeitfahren wenige Tage später die Goldmedaille.
2018 lag Dumoulin beim Giro erneut in aussichtsreicher Position. Nach Etappe 18 trennten ihn nur 28 Sekunden vom zu diesem Zeitpunkt führenden Simon Yates. Der Brite brach am darauffolgenden Tag ein. Allerdings war es nicht Dumoulin, der das Rosa Trikot erbte, sondern Chris Froome. Der viermalige Tour-de-France-Sieger lies seinem Angriff am Colle delle Finestre ein historisches 80-Kilometer-Solo folgen, so dass für Dumoulin bei diesem Giro am Ende nur Rang zwei blieb.
Wenige Wochen später verwehrte dem Niederländer erneut ein Sky-Profi den Zutritt auf das oberste Treppchen. Bei der Tour de France fuhr Dumoulin mit einem Etappensieg im Einzelzeitfahren auf dem vorletzten Abschnitt auf Rang zwei hinter Geraint Thomas.
Kurz vor Saisonende setzte Dumoulin mit Silber im Mannschafts- und Einzelzeitfahren und einem vierten Platz im Straßenrennen bei der WM in Innsbruck nochmal ein Ausrufezeichen.
2019 zog er erneut aus, um den Giro d’Italia zu gewinnen, doch nach der 5. Etappe musste er aufgeben. Es kam zum Bruch mit Team Sunweb. Dumoulin heuerte zur Saison 2020 beim Team Jumbo-Visma an. An seine großen Zeiten konnte er dort allerdings nicht anknüpfen. Bei der Tour de France 2020 reichte es im Dienste von Primoz Roglc zu Rang sieben, die Vuelta gab er rund einen Monat später nach bereits sieben Etappen auf. Anfang 2021 verkündete Dumoulin, dass er sich eine Auszeit vom Radsport nehmen wolle, von der er im Juni 2021 bei der Tour de Suisse zurückkehrte. Bei den Olympischen Spielen in Tokio reichte es nochmal zu Silber im Einzelzeitfahren hinter Primoz Roglic.