Kritik an Weltmeisterschaft - Debatten um RuandaUmstrittenes Afrika-Debüt der Rad-WM

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 · 17.09.2025

Kritik an Weltmeisterschaft - Debatten um Ruanda: Umstrittenes Afrika-Debüt der Rad-WMFoto: Jon Super/AP/dpa
Mit dem Schriftzug «Visit Rwanda» wirbt das Land für den Tourismus im Land.
Die Rad-Weltmeisterschaft gastiert zum ersten Mal in einem afrikanischen Land. Ruanda fiebert auf das Ereignis hin. Doch es gibt Misstöne.

Felix Schröder und Eva Krafczyk, dpa

Zweifel an der Sicherheit, politische Debatten um den Gastgeber und Absagen vieler Topstars: Vor der Afrika-Premiere der Straßenrad-WM in Ruanda verstummen die Misstöne nicht. Kritiker werfen dem Land mit dem umstrittenen Staatspräsidenten Paul Kagame vor, mit dem Großereignis seine Sportswashing-Strategie fortzusetzen, um sein Image aufzupolieren. Wegen der Unterstützung der Rebellengruppe M23 im Ostkongo hatte das EU-Parlament im Frühjahr Sanktionen gegen Ruanda beschlossen und eine Absage der Rad-WM gefordert. 

Davon aber wollte David Lappartient, Präsident des Weltverbands UCI, nichts wissen. Einen Plan B gebe es nicht, sagte der Franzose schon vor einigen Monaten - nun startet die erste Rad-Weltmeisterschaft auf dem afrikanischen Kontinent am Sonntag mit den Zeitfahren in Kigali. Für die Ausrichtung der WM fließen einige Millionen Euro aus Ruanda in die Kassen der UCI. «Wenn man strenge Maßstäbe anlegt, wird es irgendwann eng, ein Ausrichterland für eine WM zu finden. Überall auf der Welt gibt es Konfliktherde», zitierte die «Sport Bild» den deutschen Teamchef Jens Zemke.

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Lipowitz geht nicht an den Start

Große Namen wie Jonas Vingegaard, Wout van Aert, Ex-Weltmeister Mathieu van der Poel und auch der neue deutsche Hoffnungsträger Florian Lipowitz fehlen im WM-Starterfeld. Immerhin will Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar aus Slowenien seinen Titel beim anspruchsvollen Elite-Rennen mit mehr als 5.475 Höhenmetern am 28. September verteidigen. 

Den Kölner Nils Politt hielten die Streckenführung des Straßenrennens und zusätzliche Herausforderungen wie Impfungen von einer Teilnahme ab, wie der 31-Jährige erklärte. Gegen Gelbfieber und Hepatitis sollten sich die Radstars vor der Reise nach Ruanda impfen lassen, auch Vorsorge-Tabletten gegen Malaria sind empfohlen. 

Das sorgt für Bedenken, wie auch Maximilian Schachmann weiß. «Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass das höchste Gut als Athlet unser Körper ist. Und Viruserkrankungen können kritisch sein. Das schreckt grundsätzlich schon mal viele Sportler ab, zu wissen, dass es ein gewisses Risiko geben könnte», sagte der gebürtige Berliner der Deutschen Presse-Agentur. Wegen einer Krankheit musste er seine WM-Teilnahme absagen.

Ruanda investiert Millionen in den Sport

Der Ärger über teure Hotels, Bedenken wegen der medizinischen Versorgung vor Ort und dazu die Nachrichten um Ruandas Rolle im Konflikt mit dem Kongo beschäftigten die Rad-Gemeinde in den Monaten vor der WM. Doch das kleine Land im Osten Afrikas drängt mit Macht auf eine größere Rolle in der Sportwelt. Sogar als Gastgeber für ein Formel-1-Rennen bringt sich Ruanda ins Gespräch.

Im Fußball prangt der Slogan der Tourismus-Initiative «Visit Rwanda» auf Trikots und Werbebanden von internationalen Spitzenclubs - darunter der FC Arsenal um den deutschen Nationalspieler Kai Havertz, Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain und der spanische Verein Atlético Madrid. 

Der FC Bayern dampfte seine Sponsoring-Partnerschaft mit Ruanda indes nach deutlicher Kritik der Fans ein. Statt gut sichtbarer Werbebanden in der Allianz-Arena gibt es nur noch einen Fördervertrag im Jugendfußball. Auch der Vater von Bayern-Trainer Vincent Kompany hatte im belgischen Parlament als Abgeordneter seine Stimme erhoben. «Besucht nicht Ruanda, besucht den Kongo», sagte Pierre Kompany. Die Familie hat ihre Wurzeln im Nachbarland Ruandas. 

Kritik von Menschenrechtlern

Die Kritik an der Unterstützung der M23-Rebellen, denen nach der Eroberung von zwei ostkongolesischen Provinzhauptstädten Menschenrechtsverbrechen vorgeworfen wurden, weist Ruanda jedoch zurück. Das Land erklärte, seine Grenzen sowie die Tutsi-Minderheit im Ostkongo zu verteidigen. Das Auswärtige Amt rät weiterhin von nicht notwendigen Reisen in das Grenzgebiet ab.

31 Jahre ist es her, dass Ruanda durch einen grausamen Völkermord in den Fokus der Weltöffentlichkeit geriet. Damals hatten radikale Milizen der Volksgruppe der Hutu in nur 100 Tagen mindestens 800.000 Angehörige der Tutsi-Minderheit und gemäßigte Hutu ermordet. 

Der seit rund 25 Jahren regierende Staatschef Kagame hat das Land nach Ansicht seiner Befürworter inzwischen wirtschaftlich stabilisiert und vereint. Menschenrechtsorganisationen stellten dagegen fest, dass Opposition und freie Presse in dem Land drangsaliert werden. Heikle Themen wie diese dürften bei aller Radsport-Begeisterung in Ruanda auch vom WM-Spektakel in Kigali nicht gänzlich an den Rand gedrängt werden.

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