Kristian Bauer
· 12.04.2023
Ex-Profi Marcus Burghardt wurde zum Vize-Präsident Vertragssport im Bund Deutscher Radfahrer (BDR) gewählt. Im letzten Jahr hat er bereits als kooptiertes Mitglied im BDR mitgearbeitet. Was will er verändern?
TOUR: Warum haben Sie sich entschieden im BDR mitzuarbeiten?
Burghardt: Wenn man sich einmal die Fotos anschaut, braucht das Präsidium eine Verjüngung. Ich denke auch, dass vielleicht so manche Ansichten ein bisschen veraltet sind. Dass man vielleicht paar Strukturen aufbrechen muss, alles ein bisschen cooler gestaltet. Dass man auch von ganz unten wieder anfängt, wieder die die Kinder zum Radfahren bekommt. Was jetzt nicht mein Hauptaugenmerk ist, weil das Breitensport ist, aber trotzdem werde ich da versuchen unterstützend mitzuwirken, dass man wieder auch dahin kommt, wo wir früher waren, als wir drei Profi-Mannschaften hatten. Als wir Felder hatten mit 200 Startern bei einer süddeutschen Meisterschaft. Wenn du den Rennsport vorantreiben willst, dann brauchst du Konkurrenz im Land.
TOUR: Sie sind auch selbst im Nachwuchsbereich aktiv?
Burghardt: Ja, das mache ich schon lange: seit 2007 versuche ich mich in der Nachwuchsarbeit zu engagieren. Aber das müsste man wirklich flächendeckend, deutschlandweit organisiert bekommen. Das ist jetzt nicht mein Hauptaugenmerk oder Aufgabenbereich, sondern das ist Spitzensport und Profisport.
TOUR: Was ist ihr Ziel im Profisportbereich?
Burghardt: Was ich mir auf alle Fälle wünschen würde, ist dass die deutschen Rennfahrer wieder mehr Nationalstolz haben. Dass sie versuchen bei den deutschen Rennen zu fahren und zumindest bei Weltmeisterschaften und Olympia. Wir haben es ja gesehen im letzten Jahr in Australien: da war es sehr schwierig eine Mannschaft zu nominieren, weil die Fahrer nicht motiviert waren oder die Teamchefs die Fahrer nicht freigegeben haben. Da brauchst du auch die Unterstützung der UCI: in meinen Augen muss die UCI mehr Punkte vergeben bei den Weltmeisterschaften auch für die hinteren Plätze. Damit da die Motivation noch da ist, auch eine WM zu fahren. Ich kenne das gar nicht von früher, von meiner Zeit: da gab es das nicht, dass die Teamchefs die Rennfahrer nicht freigegeben haben. Da war eigentlich jede Mannschaft froh, wenn sie Fahrer am Start hatte.
TOUR: Haben Sie sich in Ihrer aktiven Zeit gewünscht, dass der BDR mehr hinter Ihnen steht?
Burghardt: Im Grunde nicht. Da, wo wir gefahren sind, hat der Verband schon geschaut, dass alles passt. Das ist auch mein Hauptaugenmerk: wenn die Profis schon frei bekommen oder sich Zeit nehmen, für die Rennen, dann muss sichergestellt sein, dass alles funktioniert.
TOUR: Was ist Ihre konkrete Aufgabe bei der EM oder WM?
Burghardt: Die Mannschaft mit nominieren. Wir sind zu viert und müssen uns einig sein. Ich war 2022 bei der deutschen Meisterschaft dabei und habe die EM mitgemacht. Gemeinsam mit dem Bundestrainer und dem Sportdirektor habe ich die Mannschaft nominiert. Das war mein letzter Einsatz.
TOUR: Sie haben auch erklärt, dass Frauen im Präsidium wichtig wären …
Burghardt: Es ist nicht so, dass man Frauen blockiert, aber es ist auch schwierig, für eine Frau so eine Position im Ehrenamt zu machen und da muss man halt ansetzen. Dass man das ein bisschen anders gestaltet, dass es auch für eine Frau, die zwei Kinder hat, möglich ist, sich in so einer Position mit einzubringen. In Präsenz in Frankfurt am Main mit drei, vier Stunden Anreise ist das schwierig. Da muss man vielleicht mehr digital machen. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es dem Verband guttun würde.
TOUR: Seit 2022 haben Sie Ihren eigenen Radmarathon (Shades of Speed). Wie laufen da die Anmeldungen?
Burghardt: Wir haben über 1000 Anmeldungen, von daher sind wir zufrieden. Wir haben noch bisschen Probleme mit Genehmigungen, weil wir dieses Jahr im Sommer sind. Wenn du sowas machst, musst du auch auf Feedback hören und das haben wir gemacht. Da waren ein paar Punkte, die auch berechtigt waren. Es soll eine Veranstaltung sein, bei der es um Genuss und Radfahren geht. Wir machen viele Verpflegungsstellen im Vergleich zu anderen Veranstaltungen. Man muss ja nicht immer nur hasten, sondern kann sich auch mal was gönnen und genießen.
Teams: Wiesenhof (U23) , T-Mobile, Team Highroad , Team Columbia , Team Columbia HTC , BMC Racing Team , Bora-Hansgrohe
Erfolge: Sieg bei Gent-Welvegem 2007, 18.Etappe Tour de France 2008, zwei Etappensiege Tour de Suisse 2010, Deutscher Meister Profi 2017