Messlatte für Bremsleistung und DosierbarkeitTest der neuen SRAM Force AXS

Jens Klötzer

 · 18.09.2025

Anpassungsfähig - Zwölf Ritzel, Funkprotokoll und Akkus wurden beibehalten. So lassen sich viele neue Teile mit älteren kombinieren
Foto: Wolfgang Papp

SRAM startet mit der Force AXS einen neuen Versuch, die Mittelklasse-Dominanz von Shimanos Ultegra herauszufordern. Dank technischer Elemente der renommierten Top-Gruppe SRAM Red AXS stehen die Chancen dafür gut. Ein Test der SRAM Force AXS.

Diese Rennradsaison steht ganz im Zeichen neuer Komponenten: Alle drei großen Hersteller bringen neue Schaltgruppen auf den Markt. Für Gravelbikes und Straßenrenner, von sehr preiswert bis luxuriös: Wir haben die Campagnolo Super Record 13 (Test), die Shimano Cues sowie die beiden Gruppen von SRAM schon getestet.



Volle Kraft voraus - SRAM Force AXS

Anpassungsfähig - Zwölf Ritzel, Funkprotokoll und Akkus wurden beibehalten. So lassen sich viele neue Teile mit älteren kombinierenFoto: Wolfgang PappAnpassungsfähig - Zwölf Ritzel, Funkprotokoll und Akkus wurden beibehalten. So lassen sich viele neue Teile mit älteren kombinieren

Der US-amerikanische Komponentenanbieter SRAM präsentiert für 2025 ein ganzes Feuerwerk von Neuentwicklungen. Zwar war die jetzt erfolgte Überarbeitung der Gruppen Force und Rival erwartbar, nachdem die Top-Gruppe Red bereits vor einem Jahr eine gründliche Revision erfahren hat. In wirtschaftlicher Hinsicht könnten die jüngst eingeführten Produkte für die Amerikaner aber deutlich wichtiger werden, um der dominierenden japanischen Konkurrenz weitere Marktanteile abzujagen. Denn während sich SRAM in der Top-Klasse der Rennrad-Komponenten mit seinen innovativen Ansätzen schon in den vergangenen Jahren einen festen Stand erarbeitet hat, fiel dies im Massenmarkt eher schwer. Die Force ist preislich vergleichbar mit Shimanos Ultegra, die an Rennrädern seit Jahrzehnten unangefochten die meistverkaufte Komponentengruppe darstellt. Die Rival ist etwas günstiger und konkurriert mit Shimanos 105.

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Engstelle - Ein schmalerer Umwerferkäfig verbessert das Schaltverhalten. Dafür trimmt sich der Wechsler automatisch mit der KettenlinieFoto: Wolfgang PappEngstelle - Ein schmalerer Umwerferkäfig verbessert das Schaltverhalten. Dafür trimmt sich der Wechsler automatisch mit der Kettenlinie

Weil SRAM mit der Red (Test) die derzeit wohl innovativste Rennrad-Schaltgruppe stellt, waren wir auf die preislich attraktive Force der gleichen Generation besonders gespannt. Die neue Gruppe erreichte die Redaktion in Einzelteilen als Paket wenige Wochen vor der offiziellen Präsentation. Optisch sind die Teile, wenn man mit dem Design der SRAM-Gruppen vertraut ist, keine Überraschung, aber das Ensemble wirkt wertig und attraktiv: Edles Schwarz und chromartig spiegelnde Flächen wechseln sich ab, in Regenbogenfarben schimmernde Details erinnern an die Vorgängerin. Das ist durchaus so gewollt: Die meisten Komponenten sind mit denen früherer Generationen kompatibel und die Teile lassen sich mischen. So kann man ein älteres Force-­Rennrad zum Beispiel mit neuen Bremsen und Schalthebeln aufwerten.

Der Selbstaufbau gibt uns Gelegenheit, alle Teile zu wiegen und uns eingehend mit den Komponenten zu beschäftigen. Zwar wirbt SRAM nicht mit einer signifikanten Gewichtsersparnis, so manches Gramm dürften die Komponenten gegenüber ihren Vorgängern dennoch verloren haben. Viel spannender ist aber die Frage, wie sich die Gruppe gegenüber der Shimano Ultegra schlägt. In Summe liegen beide gleichauf, wobei an unserer SRAM-Kurbel ein Spider-Powermeter verbaut ist. Ohne Leistungsmessung soll die Kurbel etwa 90 Gramm leichter sein. Dieser Punkt geht also an die Amerikaner.

Leichte Montage als Vorteil

Kompromiss - Die beiden Kettenblätter lassen sich nur als Einheit wechseln. Im Gegensatz zur Red muss das Power­meter aber nicht mitgetauscht werdenFoto: Wolfgang PappKompromiss - Die beiden Kettenblätter lassen sich nur als Einheit wechseln. Im Gegensatz zur Red muss das Power­meter aber nicht mitgetauscht werden

SRAM macht sich ganz offensichtlich intensive Gedanken über die Nutzerfreundlichkeit, was nicht nur Radherstellern dabei hilft, Montagekosten zu senken, sondern auch Hobby­mechanikern das Schrauben erleichtert. Von der Red ist bereits die leicht bedienbare App und einfache Kommunikation mit dem zugehörigen Hammerhead-Computer bekannt. Für die Montage der Force-Gruppe sind kaum spezielle Vorkenntnisse notwendig. Die eingeprägten Linien auf dem Griffgummi helfen als Markierungen bei der optimalen Ausrichtung der Griffe am Lenker. Die Bremsleitungen sind mit Überdruck befüllt, so dass sie nur angeschlossen und nicht entlüftet werden müssen. Bei der Einrichtung des Umwerfers helfen Markierungen und eine mitgelieferte Schablone; die Schaltkomponenten lassen sich mit der zugehörigen App koppeln und kinderleicht einstellen. In Rekordzeit ist unser Giant Propel als Teileträger aufgebaut und fahrbereit.

Das Bedienkonzept der Hebel bleibt unverändert simpel, hinter jedem Bremshebel sitzt ein Knopf, der die Kette entweder nach links oder nach rechts auf das nächste Ritzel bewegt. Um den Umwerfer zu bewegen, drückt man beide Knöpfe gleichzeitig. Neu ist die Form der Hebel, die nun das Design der Red aufgreifen. Die Griffkörper sind schlanker und auf der Oberseite flacher, was sich auf Dauer deutlich bequemer anfühlt. Zwischen Lenker und Bremshebel ist viel Platz, dennoch lässt sich alles gut erreichen. Neu ist ein zusätzlicher Bedienknopf an der Innenseite des Griffhöckers, der eine Schaltfunktion oder den Computer ansteuern kann. Im Gegensatz zur Red ist die Oberfläche nicht glatt, sondern mit Rillen versehen, damit er sich leichter ertasten lässt. Der Nachteil ist, dass das Feedback des Knopfes durch das viele Gummi noch teigiger wirkt als bei der Red. Als Schaltknopf erfüllt er höchstens eine Notfall-Funktion, damit man einhändig fahrend noch in beide Richtungen schalten kann. Empfehlenswerter finden wir es, die Seiten des Radcomputers damit durchzublättern.

Die beste Bremse und eine gute Schaltung

Neues Markengesicht - Die Hebelform orientiert sich an der teuren Red, ein im Griffgummi integrierter Zusatzknopf befindet sich an der InnenseiteFoto: Wolfgang PappNeues Markengesicht - Die Hebelform orientiert sich an der teuren Red, ein im Griffgummi integrierter Zusatzknopf befindet sich an der Innenseite

Verbessertes Schaltverhalten und Messlatte für Bremsleistung und Dosierbarkeit

An der Funktion der Schaltgruppe haben wir zumindest über die ersten 300 Testkilometer nichts auszusetzen. Das Schaltverhalten hat sich vor allem vorne etwas verbessert, der Umwerfer mit neuer Trimmfunktion arbeitet jetzt ebenso zuverlässig und schnell wie die Konkurrenz von Shimano. Auch hinten schaltet das System präzise und ausreichend schnell, selbst unter Volllast. Insgesamt scheint der Antrieb etwas ruhiger zu laufen als die Vorgängergeneration, was schon für die Red AXS-Gruppe gilt. Uneingeschränkt begeistert sind wir von den neuen Bremsen. Die Red legte die Messlatte für Bremsleistung und Dosierbarkeit von Scheibenbremsen ein gutes Stück höher, gleiches gilt nun auch für die Force. Mit etwas mehr Hebelkraft fühlt sich der Druckpunkt etwas definierter an als bei Shimano; gleichzeitig steht genügend Bremskraft zur Verfügung, um auch aus Bremsgriffhaltung mit zwei Fingern eine Vollbremsung hinzulegen.

Einen klaren Vorsprung besitzt SRAM in Sachen Elektronik-Anbindung. Wie bei der Red ist ein Hammerhead-Radcomputer Teil des Konzepts; mit der neuen Force wird auch ein Gerät in zur Gruppe passendem Design aufgelegt. Mit den Hammerhead-Anwendungen können nicht nur Routen am Rechner geplant und danach navigiert werden; das Gerät kann ebenso den Akkustand, den eingelegten Gang und die Daten des Powermeters anzeigen, ohne dass die Komponenten dafür erst umständlich gekoppelt und eingerichtet werden müssen. Selbst der Luftdruck lässt sich während der Fahrt überwachen, sofern die entsprechenden Sensoren verbaut sind. Hier hat SRAM viel Pionierarbeit geleistet und nach aktuellem Stand die Nase klar vorne.

Ein Nachteil der Force AXS gegenüber der Ultegra ist der höhere Preis. Die Komponenten-Gruppe wird aktuell für etwa 200 Euro mehr in den Online-Shops angeboten als eine Shimano Ultegra, auch Kompletträder werden etwas teurer werden. Hinzu kommen 10 bis 20 Prozent höhere Preise für die Verschleißteile. Wie sich die Gruppe gegenüber der Ultegra behaupten kann, wird letztlich an der Akzeptanz der Endkunden und den Margen für die Radhersteller hängen. Funktionale Nachteile hat SRAM spätestens mit der jüngsten Generation beseitigt und arbeitet weiter daran, seinen Ruf kräftig aufzupolieren. An technischen Nachteilen liegt es jetzt nicht mehr. Und dass die Amerikaner gutes Marketing verstehen, haben sie in den vergangenen Jahren eindrucksvoll gezeigt.

Langzeiterfahrungen mit der Red AXS

In der Redaktion haben wir die Top-Gruppe Red AXS als 2x12-Version mittlerweile seit 5.000 Kilometern an einem Straßenrad im Einsatz. Die Verschleißteile des Antriebs erweisen sich als durchschnittlich robust, trotz einiger Regenfahrten und eher mäßiger Pflege liegen die Abnutzungserscheinungen im üblichen Rahmen. Die Kette zeigt mittlerweile messbaren Verschleiß und befindet sich ungefähr bei der Hälfte ihrer Lebensdauer, sie sollte spätestens nach 10.000 Kilometern gewechselt werden. Die Bremsbeläge sind austauschreif und fielen zuletzt durch zunehmende Geräusche auf, was nach vielen Pässetouren und mehreren Regenfahrten aber durchaus normal ist. Defekte oder andere Auffälligkeiten zeigte die Gruppe bislang nicht.

1x13-Option für Gravelbikes

SRAM Force AXS als XPLR-Variante für GravelbikesFoto: SRAMSRAM Force AXS als XPLR-Variante für Gravelbikes

Speziell für Gravelbikes nimmt SRAM die Force AXS als XPLR-Variante ins Programm. Die Besonderheit des Getriebes: Es verfügt über 13 Ritzel, wird dafür nur mit einem einzelnen Kettenblatt betrieben. Hebel, Bremsen und Kurbelarme sind mit der Straßenversion identisch. Das spezielle Schaltwerk verfügt über eine UDH-Schnittstelle und Full-Mount-Befestigung direkt an der Steckachse, der Rahmen muss dafür entsprechend vorbereitet sein. Dadurch ist das Schaltwerk ­äußerst stabil und hält auch härtere Schläge aus; außerdem lässt es sich sehr simpel einstellen. Es ist für die Nutzung mit einer neuen 13-fach-Kassette mit Ritzeln von 10-46 Zähnen ausgelegt. Diese Abstufung bleibt bei Marktstart die einzige 13-fach-Option für die Force; auf andere Abstufungen muss man noch warten. Die Feinabstimmung erfolgt über die Kettenblattgröße: Hier sind in Zweierschritten 36 bis 48 Zähne erhältlich, außerdem lassen sich die Aero-Kettenblätter mit bis zu 50 Zähnen montieren, was auch den Einsatz am Straßenrad denkbar macht. Trotz des zusätzlichen Ritzels soll das Set-up 83 Gramm leichter geworden sein als ein bisheriges 1x12-­Getriebe. Auch für die Rival-Gruppe wird es die XPLR-Version geben; einen Test der Gravel-Gruppe finden Sie auf den folgenden Seiten.

Gewichte im Vergleich

SRAM Force AXSShimano Ultegra Di2SRAM Red AXS 2024
Schaltwerk310260286
Umwerfer181117169
Kassette267339180
Kette244255236
Kurbelgarnitur711724545
Innenlager765476
Schalt-/Bremshebel und Bremsen731641689
Bremsscheiben289218260
Akku-69-
Summe2782 Gramm2767 Gramm2441 Gramm

Force AXS und Ultegra Di2, die Konkurrenten von SRAM und Shimano in der Mittelklasse, liegen beim Gewicht nahezu gleichauf. Der Abstand zu einer Top-Gruppe wie SRAMs Red von 2024 ­beträgt rund 300 Gramm.

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