Powermeter sind Messgeräte, die auf dem Rad die Leistung des Fahrers erfassen. Mit der Tretleistung lässt sich das Training strukturieren und unterwegs das zu den eigenen Fähigkeiten passende Tempo anschlagen. Unterschiedliche Messsysteme konkurrieren. Die wichtigste Frage dabei ist: Sind die Daten zuverlässig?
“Meinen besten Trainingspartner” nannte Greg LeMond einmal sein Powermeter. Der Amerikaner war ein wahrer Pionier, einer der ersten Radprofis, die die mobilen Leistungsmessgeräte von Uli Schoberer (SRM) einsetzten – das war 1992. 32 Jahre und drei Profigenerationen später äußert sich der derzeit beste Radprofi der Welt deutlich weniger euphorisch zum Thema Leistungsmessung. Tadej Pogacar sagte dem Youtuber Peter Attia in einem Interview, dass er den Leistungsdaten nicht recht vertraue und daher auch auf Pulsmessung und Kletterleistung in Metern pro Stunde achte. An dem Punkt runzelte bestimmt ein beträchtlicher Teil der Zuschauer die Stirn und wunderte sich, was Pogacar damit wohl sagen wollte. Denn eigentlich ist die Erfahrung die: Powermeter sind über die Jahre immer besser und zugleich erschwinglicher geworden.
Über Generationen von Geräten wurden all die Probleme bearbeitet und gelöst, die die mobile Leistungsmessung anfangs so schwierig machten – der Einfluss der Umgebungstemperatur wurde eliminiert, die Rückwirkung verschiedener Kettenblätter auf die Kalibrierung beseitigt, die Messung ungleichmäßiger Tritte ermöglicht (ovale Kettenblätter), und auch unter Offroad-Bedingungen funktioniert die Technik heute mit erstaunlicher Präzision. Sogar Leistungsmess-Pedale liefern heute sehr zuverlässige Daten, obwohl die Technik dazu extrem miniaturisiert werden musste. Vertraut Tadej Pogacar seinem Powermeter wirklich nicht? Oder bringt er nur zum Ausdruck, dass er so viel überbordende Energie besitzt, dass ihm die Powerdaten herzlich egal sein können? Wir können nur spekulieren, aber viele Experten, die dieses Interview hörten, ahnten wohl augenblicklich, worum es ging und warum es sich der Interviewer verkniff, weiter nachzubohren: um Pogacar nicht zu nötigen, seinen Sponsor in die Bredouille zu bringen. Pogacars Team wird von Branchenprimus Shimano gesponsert.
Shimanos Powermessgeräte haben, ganz im Gegensatz zu der oft sehr guten Mechanik der Japaner, einen eher schlechten Ruf. Das liegt unter anderem daran, dass mehrere Tester öffentlichkeitswirksam die Probleme des Shimano-Powermeters herausgearbeitet haben. Ray Maker alias DC Rainmaker und Shane Miller alias GP Lama haben auf ihren Youtube-Kanälen die Probleme offengelegt und Messdaten ihrer Nutzer einbezogen, um die Datenbasis zu vergrößern. Nach den publizierten Daten zu urteilen hat Shimano ein Designproblem mit seinem Powermeter, das in den Tests oft, aber nicht immer komische Sachen anzeigte. Dieses erratische Verhalten befeuert die Unsicherheit, die Pogacar thematisierte.
Wir waren daher sehr gespannt, das Dura-Ace-Powermeter zu untersuchen, und haben dazu ein serienmäßig in einem Canyon Aeroad verbautes Powermeter unter die Lupe genommen, nachdem eine Testanfrage bei Shimano unbeantwortet blieb. Wer weiß, vielleicht hat Shimano klammheimlich Verbesserungen vorgenommen? Elektronik bietet im Unterschied zur Mechanik jederzeit die Möglichkeit, per Firmware-Update sogar im Nachhinein noch an Geräten zu arbeiten. Das hat Shimano getan. Konnten die Japaner damit die Schwachpunkte ihres Powermeters ausmerzen?
Nach unserer Erkenntnis nicht ganz. Die Leistungsanzeige ändert sich abhängig davon, ob die Kette auf dem kleinen oder großen Blatt gefahren wird. Auf dem kleinen Blatt zeigt das System deutlich zu viel Leistung an. Shimanos Lösung: Dem Powermeter sagen, wo die Kette gerade ist, und die Werte entsprechend korrigieren. Dazu wird das Powermeter via App mit der Schaltung verbunden. Das erinnert an die Schummel-Software der Autobranche. Aber im Mittel sind die angezeigten Werte nach dieser Korrektur tatsächlich besser, was allerdings zulasten der Darstellung der richtigen Links-Rechts-Verteilung geht, die sich durch die Manipulation umdreht. Wirklich überzeugen kann dieses Vorgehen daher nicht.
Ein anderes, neues Powermeter, das mit Abweichungen enttäuscht, welche die angegebene Messgenauigkeit übersteigen, ist das der SRAM Red AXS. In der Vergangenheit waren SRAM-Quarq-Powermeter immer eine sichere Bank. Aber das SRAM Red im Test zeigt durchweg zu viel Leistung an – unabhängig vom gefahrenen Blatt. Vier bis fünf Prozent Abweichung sind untypisch viel: 315 statt 300 Watt, das ist schon ein substanzieller Unterschied; spezifiziert ist das Gerät mit +/- 1,5 Prozent. Vollkommen synchron laufen alle Pedale von Favero, der Kurbelsatz von SRM und eine Power2max-Kurbel. Und auch die einseitig messende SRAM-Rival-Kurbel zeigt vernünftige Werte an, sofern die Beine tatsächlich das Gleiche leisten, denn die Werte der linken Seite werden einfach verdoppelt, was potenziell fehlerträchtig ist. Für wen welches Powermeter unter welchen Umständen die beste Wahl ist und was man damit anstellen kann, wenn man den Daten vertraut kann, verraten die folgenden Artikel: