Jens Klötzer
· 04.03.2023
Ob breitbereifter Endurance-Renner oder Gravelbike mit Slicks: Die Gratwanderung zwischen Straße und Schotter ist für viele die neue Art, Rennrad zu fahren. Dafür braucht es stabile Laufräder. Im TOUR-Check: Sieben Modelle mit breiten Felgen um 500 Euro.
Für rund 500 Euro bekommt man solide Laufräder, die zwar nicht besonders leicht sind, aber stabil und langlebig, und die auch Geländefahrten problemlos wegstecken. Wer mit viel Gewicht unterwegs ist – zum Beispiel Gepäck – sollte eher zu den schwereren Laufrädern greifen, sie erweisen sich im Test als die steifsten.
Kopfsteinpflaster, kaputter Asphalt, Schotterstraßen, Waldwege: Für viele Rennradfahrerinnen und -fahrer ist es neuerdings eine Wonne, über scheinbar ungeeigneten Untergrund zu poltern. In der Marketingsprache der Fahrradbranche heißt das “Allroad”, in der Praxis ist es wohl schlicht die Flucht vor nervendem Straßenverkehr. Abseits gut geteerter Hauptstraßen sind Autos rar und das Naturerlebnis nah, das bringt vielen Freizeitsportlern mehr Lebensqualität als stoisches Training auf möglichst glattem Asphalt.
Dass sich immer mehr Rennradler auch ins Gelände trauen, liegt nicht nur an der massenhaften Verbreitung von Gravelbikes, die sich auch – oder vor allem – im Gelände wohlfühlen. Komfortspendende Rahmen, immer breitere und tubeless, also ohne Schlauch, montierte Reifen machen es auch mit Straßenrädern möglich, den festen Boden öfter mal zu verlassen, ohne gleich eine Panne oder einen Bandscheibenvorfall zu riskieren. Wer wenigstens die Hälfte Asphalt unter die Räder nimmt, bewertet die oft stark profilierten Gravelreifen eventuell als zu breit und zu langsam. Für gelegentliche Ausflüge in die Botanik reichen 30- oder 32-Millimeter-Reifen, was schon an vielen Endurance-Rädern üblich ist und sich auf der Straße noch nach Rennrad anfühlt.
Wer sich an den Empfehlungen der Reifenhersteller zur passenden Felgenbreite orientiert, landet mit diesem Anspruch bei gut 20 Millimetern Innenmaß. Auch wer am Gravelbike je nach Einsatz oder Saison zwischen Straßen- und Geländereifen wechseln will, findet hierin den idealen Kompromiss. Denn darauf passen schnelle 28-Millimeter-Straßenreifen ohne Einschränkungen, und auch für einen 50er-Stollenreifen ist das nicht zu schmal.
Das Problem: Während viele neue Carbonfelgen längst dieses Innenmaß aufweisen oder sogar noch breiter sind, kommen preiswerte Alu-Laufräder fürs Rennrad häufig noch mit nicht mehr zeitgemäßen 17 Millimeter Breite – optimiert für 25er-Rennradpneus. Dezidierte Gelände-Laufräder sind mit 24 Millimetern oder mehr dagegen meist zu breit für Straßenreifen. TOUR hat den Markt abgesucht nach passenden und preiswerten Laufrädern um 500 Euro.
Sieben Kandidaten konnten unserer Einladung trotz der weiterhin angespannten Liefersituation folgen, darunter große Hersteller wie DT Swiss, Mavic oder Shimano, aber auch kleinere Anbieter wie Aerycs und Leeze. Im Kurztest geht es um Gewicht, Steifigkeit und Beschleunigung; der Rundlauf nach einem Überlastungstest ist außerdem ein Indiz dafür, ob die Laufräder robust bleiben oder bei hartem Einsatz ständig nachzentriert werden müssen.
Die Laufräder im Testfeld sind allesamt Tubeless-tauglich und auch fürs Gelände ausgelegt - so zumindest das Versprechen der Hersteller. Mavic und Fulcrum weisen einen geschlossenen Felgenboden auf, was im Hinblick auf Tubeless-Reifen ein Vorteil ist: Das Felgenband, mit dem die anderen Hersteller ihre Felgen abdichten, ist ein zusätzlicher Quell für Defekte.
Die Innenbreite der Felgen liegt mit einer Ausnahme bei 22 Millimetern; nur Fulcrum stellt ein Straßen-Laufrad mit 19 Millimeter Innenmaß, weil das Gravel-Pendant mit 24 Millimeter für unseren Anspruch grenzwertig breit ausfällt. Konzeptionell lässt das Budget den Herstellern sichtbar wenig Spielraum.
Flache Alu-Felgen und meist 24 klassische Messer-Stahlspeichen prägen das Bild; nur Fulcrum und Leeze kommen mit je drei Speichen weniger aus. So vergleichbar die Konzepte, so ähnlich Gewichte – mit wenigen Ausnahmen. Überraschend leicht ist das Leeze, das etwa 200 Gramm pro Satz gegenüber dem Durchschnitt und gar 400 Gramm gegenüber dem schwersten Modell von Ritchey spart.
Schaut man sich die anderen mechanischen Werte an, wird aber klar, dass auch das ein Kompromiss ist; die Laufräder sind nicht sehr seitensteif, für schwere Fahrer daher nicht zu empfehlen. Umgekehrt können die schwersten Laufräder hier punkten: Die relativ schweren Räder von Mavic und Ritchey erweisen sich als die stabilsten. Den besten Kompromiss aus beiden Disziplinen schafft DT Swiss.
Auch die Rundlaufmessung nach dem Überlastversuch zeigt, dass die Schweizer Spezialisten ihr Handwerk verstehen. Es wird damit knapper, aber verdienter Testsieger vor dem ausgewogenen Aerycs und dem robusten Ritchey. Das DT-Swiss-Laufrad ist auch das mit dem höchsten zulässigen Systemgewicht, also auch für Radreisende mit Gepäck eine Option – selbst wenn es hin und wieder über Stock und Stein gehen sollte.
Gewichte und Steifigkeiten werden im TOUR-Labor erfasst. Die Laufräder werden ohne Zubehör (z.B. Tubeless-Ventile), jedoch mit Felgenband gewogen, falls benötigt. Die Steifigkeitsprüfung erfolgt mit 100 Newton seitlicher Last am Außendurchmesser. Steife Laufräder lenken präziser und machen in der Regel weniger Ärger, sie sind höher belastbar.
Wird nach einer Überlastprüfung mit 300 Newton Seitenlast gemessen. Höhen- und Seitenschlag von Vorder- und Hinterrad gehen zu gleichen Teilen in die Note ein.
Die Massenverteilung der Laufräder wird mit einem Trägheitsmessgerät bestimmt und mit dem Gewicht verrechnet zur notwendigen Energie, um beide Laufräder von 0 auf 30 km/h zu beschleunigen.
Gesamtnote: 2,9
Fazit: Sauber aufgebauter Satz mit Naben und Messerspeichen von DT Swiss. Breite Felge für Reifen ab 30 Millimeter. Viele Optionen, darunter auch eine 27,5-Zoll-Variante.
Gesamtnote: 2,8 und ist damit TOUR-Testsieger
Fazit: Stabiler Laufräder mit hohem zulässigem Fahrergewicht. Hochwertige Naben, breite Felge für Gravel- und Crossbereifung, aber auch für Straßenreifen ab 30 Millimeter.
Gesamtnote: 3,1
Fazit: Straßenlaufrad mit relativ schmaler Felge, die sich noch für Gravelreifen um 40 Millimeter eignet. Steifigkeit trotz wenig Speichen okay, wer mit Gepäck fährt, sollte das Gewichtslimit beachten.
>> Gesamtnote: 3,2
Fazit: Sehr leichter Laufradsatz mit hochwertigen Sapim-CX-Ray-Speichen und breiter, leichter Felge. Die Steifigkeiten sind unterm Durchschnitt, daher eher was für leichte Fahrer. Optional mit Keramiklagern.
>> Gesamtnote: 3,1
Fazit: Schwerer, aber fahrstabiler Laufradsatz mit hoher Gewichtsfreigabe. Geschlossene Tubeless-Felge ohne Felgenband. Adapter für Schnellspanner und 15-mm-Achsen als Zubehör erhältlich.
>> Gesamtnote: 2,9
Fazit: Preiswert, aber kein Leichtgewicht. Hohe Nabenflansche und stabile Speichen bringen Steifigkeit. Mit klassischen DT-Swiss-Speichen leicht zu reparieren. Nur für 6-Loch-Bremsscheiben!
>> Gesamtnote: 3,1
Fazit: Einfaches Laufrad aus Shimanos Gravel-Gruppe mit durchschnittlichen Werten. Auch als 650B-Version; nur mit Shimanos Elffach-Antrieben kompatibel.
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