Das Drehbuch für das Duell der beiden neuen Topscheinwerfer von Lupine und Supernova verspricht Spannung. Die beiden deutschen Hersteller aus Gundelfingen bei Freiburg, beziehungsweise Neumarkt in der Oberpfalz, haben jeweils gut zwei Jahre Entwicklungszeit investiert von der ersten Skizze bis zum fertigen Serienscheinwerfer, und beide Kandidaten protzen mit Leistung: Die Leuchte aus der Oberpfalz will, bezogen auf ihre Leuchtleistung, der kompakteste Akku-Scheinwerfer am Markt sein. Die Gundelfinger halten dagegen und präsentieren den ersten Dynamoscheinwerfer mit Aufblendlicht. Beide Strahler bieten modernste LED-Technik auf, der Hauptunterschied besteht in ihrer Stromversorgung.
Was ist besser? Der flexible, jedoch endliche Akku-Strom oder die „Bio-Stromquelle“ des Dynamos, dessen Lichtstrom fließt, so lange sich die Beine drehen? Diese Frage stellen sich bereits Generationen von Radlern, und die Antwort ist heute nicht einfacher als vor Jahren, weil beide Stromquellen ihre Vor- und Nachteile haben. Der Akku ist kompakt und auch an mehreren Rädern im eigenen Fuhrpark flexibel einsetzbar. Sein Nachteil: Kein Stromspeicher hält ewig durch, und je fulminanter sein Auftritt, also je mehr Leistung ihm der Scheinwerfer abverlangt, desto früher leert er sich und lässt es dunkel werden.
Des Akkus Schwäche ist des Dynamos Stärke. Er liefert beständig Strom, solange sich das Vorderrad dreht, und er funktioniert zuverlässig dank gekapselter Bauweise. Ob es ein Nachteil ist, dass ein Dynamo-Laufrad mehr wiegt und mehr Montageaufwand bedeutet? Fertige Laufräder mit bewährten Dynamos beispielsweise von Shimano kosten im Online-Fachhandel ab 150 Euro und damit lediglich ein paar Euro mehr als ein Akku-Upgrade von Lupine.
Dem Argument, dass die hellsten Scheinwerfer lediglich mit potenten Akkus befeuert werden können, weil Dynamos nicht genügend Watt produzieren, begegnen der Fortschritt bei der Steuerelektronik und sinkender Strombedarf moderner LED. Supernova verspricht, dass fast jeder Standard-Dynamo mit sechs Volt Spannung bei einer Leistung von drei Watt ausreicht als Stromquelle für den neuen Dynamo-Scheinwerfer inklusive Aufblendlicht. Dynamos, die zu schwach sind, werden auf der Website aufgelistet.
Was beide Kandidaten verbindet, ist der jeweils große Einsatz an Konstruktionszeit und Geld. David Gedanitz, Marketingchef und Salesmanager bei Supernova, möchte nicht sagen, wie viel Euro Konstruktion und Werkzeugbau für den M99 DY Pro verschlungen haben. Er betont jedoch, dass ein vielköpfiges Team etwa zwei Jahre benötigt habe von der ersten Skizze bis zum verpackten Serienscheinwerfer. Dr. Wolf-Dieter Koch, Geschäftsführer bei Lupine, berichtet von einem ähnlichen Einsatz von Zeit und Arbeitskraft und nennt konkret eine Zahl: 100.000 Euro kosten die Werkzeuge für den SL MiniMax AF.
Selbst Technikbegeisterte sehen High-End-Scheinwerfern, wie den beiden Test-Leuchten von Lupine und Supernova, diesen Aufwand auf den ersten Blick nicht an. Das liegt auch daran, dass die Steuersoftware, obwohl einer der komplexesten und aufwendigsten Bausteine des Produkts, im Verborgenen agiert. Es erfordert erheblichen Aufwand, Licht-Management und Stromfluss präzise zu regulieren. Und bevor die Scheinwerfer auf öffentlichen Straßen leuchten dürfen, benötigen sie Brief und Siegel von offizieller Stelle, in diesem Fall dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) in Flensburg; nur von dort gibt es die modellspezifische K-Prüfnummer und damit die Zulassung nach der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung, kurz StVZO.
Sehen kann man hingegen die perfekte Verarbeitung beider Scheinwerfer, die auch ein haptisches Erlebnis vermitteln. Beide haben ein schwarz eloxiertes Gehäuse aus gefrästem, hochfestem Aluminium. Das sieht edel aus und dient gleichzeitig der effektiven Kühlung, die entsprechend besser funktioniert als bei preisgünstigen Scheinwerfern mit Plastikgehäuse. Faszinierend sind die einzelnen Facetten in den Reflektoren. Bei Lupine sind es 59, verteilt auf zwei bühnengleichen Ebenen, getrennt für Abblend- und Aufblendlicht. Bei Supernova sieht der Reflektor aus wie die Miniatur der Tribüne eines Amphitheaters mit 99 kleinen Logen, dessen 99 Facetten sich im Modellnamen widerspiegeln.
Nachdem wir eine verkehrsarme und genügend dunkle Teststrecke im Münchner Stadtwald Perlacher Forst gefunden hatten, durften die beiden Kontrahenten endlich um die Wette strahlen. Mit im Testgepäck hatten wir vier weitere, günstigere Scheinwerfer, die eher für gelegentliche Nachtfahrten ausgelegt sind und nicht viel mehr als 100 Euro kosten. Die drei Modelle GVolt 100 von Cateye, Aura 100 von Sigma und LS 760 I-GO Vision von Trelock hatten wir bereits im letzten Test von Licht-Sets in TOUR 10/2022 dabei; erstmals bewährte sich der jüngste Straßenscheinwerfer Super StVZO 600 + von Lezyne, der alle Kandidaten in der Kategorie Leuchtdauer mit Abstand überstrahlte.
Beim alles entscheidenden Licht-Wettstreit konnten die vier Economy-Strahler dann aber nicht mehr mithalten gegen die Lichtkanonen von Lupine und Supernova.
Die homogenen und kräftigen Lichtkegel, welche die Top-Strahler in die Dunkelheit feuern, wecken geradezu die Lust auf nächtliche Ausritte, egal ob auf Asphalt oder Schotterpisten. Das verdient Applaus, wobei der Supernova mit Dynamostrom zwar ein Fitzelchen weniger Licht auf die Straße wirft, dafür jedoch ewig leuchtet – leuchten könnte.
Vorsicht, Falle! Bei Dunkelheit betrachtet, ist die Antwort auf die Frage, mit welchem Scheinwerfer die Nachtfahrt mit dem Renner mehr Spaß macht und sicherer ist, eindeutig: Eifrige Night-Rider sollten bei der Auswahl der Beleuchtung nicht sparsam sein und ein paar Euro mehr investieren. Zumal der Licht-Unterschied zwischen dem aufgeblendeten Lupine (unten links) und dem Cateye bei höchster Leuchtstufe bei 30 km/h in Wirklichkeit noch beeindruckender ist, als es sich auf den Fotos erkennen lässt.
Wer – nicht nur im Winter – Spaß an Nachtfahrten hat und richtig gutes Licht am Renner oder Gravelbike montieren möchte, der findet bei Herstellern wie Lupine oder Supernova passende Modelle. Der neue und kompakte Akku-Scheinwerfer SL MiniMax AF und der erste Dynamo-Scheinwerfer mit Aufblendlicht M99 DY Pro sind Top-Produkte für ihren jeweiligen Einsatzzweck. Wer weniger investieren will, für den sind die günstigen Modelle von Lezyne, Sigma und Trelock eine Empfehlung.
Der Scheinwerfer kann dank drehbarem Reflektor auf oder unter dem Lenker montiert werden; bei Vollast wird er schnell heiß und benötigt entsprechende Kühlung; der Indikator im Druckschalter informiert grob über den Akku-Stand; lange Reserve
TOUR-BEWERTUNG:
Längste Leuchtdauer, jedoch ohne Reserve, mehr als 6 Stunden Ladezeit; Indikator mit sehr einfacher Ladestandsanzeige; der Scheinwerfer wird weniger heiß als das Vorgängermodell, sein Halter lässt sich flexibel einstellen.
TOUR-BEWERTUNG:
Die Ladestandsanzeige informiert präzise, eine Kombischaltung fürs optionale Rücklicht ist integriert; gute Reserve; das Haltegummi ist etwas kurz, der Scheinwerfer nicht schwenkbar; sehr leicht, günstig.
TOUR-BEWERTUNG:
Bestes Display, gepaart mit einfachem Bedienkonzept: Leuchtstärke, Ladestand mit Restzeitanzeige in Stunden und Minuten plus Uhrzeit; der etwas klobige Halter bietet nur einen kleinen Schwenkbereich.
TOUR-BEWERTUNG:
Homogenstes Leuchtprofil, praktische Fernbedienung, bei Aufblendlicht ist die Leuchtdauer relativ kurz; der optional doppelt so große Akku mit 70 Wattstunden hält doppelt so lange, kostet jedoch 190 Euro, kompakt und top verarbeitet.
TOUR-BEWERTUNG:
Relativ großer, aber leichter Schein-werfer, Top-Verarbeitung, sehr gutes Leuchtprofil ab 20 km/h; Aufblend- licht erzeugt tolles Leuchtprofil. Das Kabel für die Fernbedienung ist etwas kurz, ein Rücklicht kann angeschlossen werden.
TOUR-BEWERTUNG:
TOUR-NOTE: 1,3
Bewertet haben wir die Scheinwerfer nach fünf Kriterien, deren Ergebnisse gehen in unterschiedlicher Gewichtung in die Gesamtnote ein. Im Vergleich zum Licht-Test in TOUR 10/2022 haben wir die Kandidaten in allen Kategorien strenger bewertet, weshalb die baugleichen Scheinwerfer von Cateye, Sigma und Trelock etwas schlechtere Noten erhalten haben.
Leuchtprofil (30 Prozent)
Das Leuchtprofil setzt sich zusammen aus Helligkeit und Ausleuchtung der Mess-Strecke. Dabei wurden die Scheinwerfer so ausgerichtet, dass deren Hell-Dunkel-Grenze die Pylonenoberkante in 30 Metern Entfernung trifft. Bewertet wird, wie homogen der Lichtteppich den Nah- und Fernbereich sowie den Fahrbahnrand ausleuchtet. Bei Lupine und Supernova haben wir das Lichtbild bei Fernlicht fotografiert und bewertet.
Leuchtdauer (25 Prozent)
Vor der finalen Messung der Leuchtdauer wurden alle Scheinwerfer-Akkus zweimal komplett entladen. Gemessen haben wir die Akkustandzeit bei maximaler Leistung. Damit die Scheinwerfer ihre Leistung wegen Überhitzung nicht automatisch drosseln, fanden die Messungen draußen bei etwa zehn Grad Temperatur und zusätzlicher Wasser-Kühlung statt. Die Angabe der Leuchtdauer bezieht sich hier auf die Maximalstufe, Scheinwerfer mit Reservelichtfunktion erhielten einen Bonus.
Handling (15 Prozent)
Bei Akku-Scheinwerfern sollten Schalter einen definiertem Druckpunkt haben und genügend groß sein, damit sich diese auch mit Langfingerhandschuhen bedienen lassen. Zudem bewerter haben wir die Sichtbarkeit, sowie die Präzision der Ladestandsanzeige.
Verarbeitung (15 Prozent)
Beurteilt werden Materialgüte, Formteilungsspuren, die Qualität der Dichtungen sowie die Wasserdichtigkeit. Alu-Gehäuse von Scheinwerfern bewerten wir wegen der besseren Wärmeableitung besser als solche aus Plastik.
Halter (15 Prozent)
Bewertet werden die Montagemöglichkeiten sowie der feste Halt an Lenker oder Vorbau. Bisher bieten lediglich Lupine und Supernova praktische Halter für die Montage an modernen Aero-Lenkern als Zubehör an.