Sportliches Radfahren in Turnschuhen und mit flachen Pedalen ist keine gute Idee: Beim ersten beherzten Antritt rutscht der Schuh vom Pedal, oder es brennen nach wenigen Kilometern die Fußsohlen, weil die weiche Sneakersohle beim Treten nachgibt und der Fuß die ganze Stütz- und Haltearbeit auf dem Pedal übernehmen muss. Wer diese Erfahrung bereits gemacht hat, weiß: Die Verbindung zwischen Schuh und Pedal ist eine sensible. Damit der Weg schnell und ohne teure Fehlversuche zur passenden Bindung führt, sind einige Faktoren zu beachten. Grob gesagt, entscheiden Einsatzzweck und individuelle Bedürfnisse über die Paarbindung.
Einfacher als die Schuh- ist die Pedalwahl; wertvolle Hinweise dazu lesen Sie weiter unten. Es lohnt sich aber, das Thema mal grundsätzlich und ohne radsportideologische Scheuklappen zu betrachten: Die Pedale für Rennräder und für Mountainbikes unterscheiden sich in ihrer Funktion kaum und im Aussehen so wenig, dass auch überzeugte Straßenradler durchaus in Erwägung ziehen könnten, Mountainbikepedale ans Rennrad zu schrauben, denn: Das eröffnet die Möglichkeit, Radschuhe aus dem Regal für Mountain- oder Gravelbiker zu tragen, mit denen man deutlich besser gehen kann. Da sowohl Offroadschuhe wie -pedale in der Regel weniger schmutzempfindlich sind, kann man sie auch wetterfesten Ganzjahresradlern empfehlen.
Bei Radschuhen ist die Marken- und Modellvielfalt riesig. Gut zu wissen: Die Hersteller legen innerhalb ihres Angebots meistens die gleiche Passform beziehungsweise den gleichen Leisten an; die Rennrad-, Gravel- oder Mountainbikeschuhe eines Herstellers passen also in der Regel immer beispielsweise eher breiteren oder schmaleren Füßen. Rennradschuhe mit Schnürsenkeln findet man nur noch wenige; es sind entweder auf retro oder betont geringes Gewicht getrimmte Schuhe. Man kann Schnürschuhe zwar feinfühlig an den Fuß anpassen, aber es erfordert sorgfältiges Schnüren – was dauert – und geht nur im Stand. Zum Nachregulieren unterwegs muss man anhalten.
Stand der Technik ist nicht nur deshalb der Drehverschluss, der das bequeme An- und Ausziehen sowie die Feinanpassung im Knopfumdrehen ermöglicht. Marktführer ist Boa, dessen Drehverschlüsse unterschiedlicher Qualitätsstufen sich an den Modellen nahezu aller Schuhhersteller finden. Ausnahmen sind Sidi, Ekoi oder Northwave, die eigene oder Verschlüsse von Atop verwenden. Faustregel: Die teuren Top-Modelle haben mehrere oder ausschließlich Drehverschlüsse, günstigere Schuhe kombinieren meist einen Drehverschluss mit Klettriemen. Über die Möglichkeit, den Schuh präzise an den Fuß anzupassen, sagt das aber in der Regel wenig aus, das kann mit Klettriemen genauso gut gelingen.
Radschuhe sollten eine möglichst steife Sohle haben, damit man beim Treten nicht den Schuh verbiegt, sondern die Kraft aufs Pedal kommt. Bei Top-Wettkampfmodellen besteht die Sohle deshalb aus wenigen Lagen Carbonlaminat, das sich selbst unter Sprinterkraft nur rund einen Millimeter bewegt. Diese extreme Härte ist aber gewöhnungsbedürftig und für eher tourenorientierte Radler und lange Tage auf dem Rad gar nicht unbedingt empfehlenswert; etwas nachgiebigere Sohlen erweisen sich da als komfortabler und kaum weniger kraftsparend.
Wichtig ist außerdem, dass der Fuß im Schuh nicht rutscht; das regeln Form und Material der Zunge beziehungsweise des Oberschuhs sowie die Kontur der Fersenpartie. Schlupf an der Ferse ist auf Dauer besonders lästig. Es scheint übrigens ein Trend zu sein, dass die Hersteller vielfach nur noch eher dünne bis formlose Lappen als Innensohlen in ihre Radschuhe legen, auch in die teuren Modelle. Möglicherweise gehen sie davon aus, dass die meisten Radsportlerinnen und -sportler ohnehin individuelle Einlegesohlen nachrüsten. Das ist dann auch der wichtigste Tuning-Tipp zum Thema Radschuh: Die passende beziehungsweise individuell angepasste Einlegesohle entscheidet nach unserer Erfahrung deutlich mehr über den effizienten, kraft- und gelenkschonenden Tritt als das Schuhmodell.
Bei allen Schuhtypen – Rennrad, Gravel, Mountainbike – reicht die Bandbreite vom leichten, steifsohligen (und teuren) Wettkampfprofi bis zum Komforttreter. Wir geben einen Überblick über Features und Unterschiede. Außerdem: eine sinnvolle Alternative zum Turnschuh.
Wettkampfschuhe sitzen sehr eng, sind sehr leicht und meistens sehr teuer. Die leichtesten Modelle mit einem Oberschuh aus dünnem Fallschirmmaterial wiegen in Größe 43 lediglich 400 Gramm pro Paar. Die dünnen Carbonsohlen sind so steif, dass sie sich unter einer Last von 50 Kilo knapp mehr als einen Millimeter verbiegen. In beide Richtungen drehbare Boa-Verschlüsse, mit denen sich der Schuh jederzeit präzise enger oder weiter stellen lässt, sind Standard. Um das geringe Gewicht zu erzielen, ist das Obermaterial der Wettkampfschuhe in der Regel leicht, luftig, schweißdurchlässig und als Folge davon eventuell nicht besonders robust. Ergonomisch geformte Innensohlen können, müssen aber nicht inklusive sein. Die steife Sohle erfordert Eingewöhnung.
Der Allrounder ist deutlich günstiger als die Top-Klasse, technisch aber kaum schlechter. Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten Schuhe mit Carbonsohle plus Drehverschluss, der sich während der Fahrt durch Links- bzw. Rechtsdrehen öffnen und schließen lässt. Ergonomisch angepasste Sohlen sind die Ausnahme.
Manche Hersteller leiten den Graveltreter eher von einem Rennradmodell ab, andere von einem Mountainbikeschuh; entsprechend unterschiedlich können die Schwerpunkte gesetzt sein, typisch ist aber die Ausrichtung auf ein Offroad-Pedalsystem. Sinnvoll sind der Schutz der Kanten und eine griffige, zum Gehen geeignete Sohle; wie hart sie sein sollte, hängt vom Einsatzzweck ab. Gravelracer bevorzugen eine harte, biegesteife Sohle, Tourenbiker eine weichere, die das Gehen erleichtert.
Der sportliche Mountainbikeschuh kann einem, je nach Hersteller, auch als Gravelschuh begegnen. Für gelände- und allwetteraffine Radsportler, egal auf welchem Rad, ist er der ideale Begleiter. Sein Pedalsystem ist schmutzunempfindlich und dank der in der Profilsohle versenkten Cleats hat man in jedem Gelände einen sicheren Stand und kann gut darin gehen. Wettkampfmodelle fürs Gelände bieten vergleichbare Vor- und Nachteile wie die Profi-Rennradschuhe. Auch in dieser Kategorie gilt der Drehverschluss als Standard, er ist aber, je nach Platzierung am Schuh, im Gelände deutlich stärker stoß- und sturzgefährdet.
Für leistungsorientierte Radsportler ist das natürlich kein Ersatz für die feste Verbindung aus Schuh und Pedal – aber besser als jeder Turnschuh oder Sneaker sind Freeride-Schuhe allemal zum sportiven Radeln geeignet, wenn man keine Klickpedale möchte. Die dicke Sohle ist noch ausreichend biegesteif, um Kraft aufs Pedal zu bringen, die Geh-Eigenschaften sind sehr gut und das Aussehen ist lässig.
Drehverschlüsse, Klettriemen, Sohlen aus Carbon oder Kompositmaterial und weitere Details machen den Unterschied auf der Suche nach dem passenden Schuh. Wir zeigen die wichtigsten Merkmale
Der Klettverschluss ist günstig, flexibel, leicht, unkompliziert und relativ schmutzunempfindlich. Er lässt sich auch während der Fahrt lösen oder festerziehen. Nachteile: Weiche Riemen können sich an heißen Tagen dehnen; da der Riemen nicht über den gesamten Spann wirkt, müssen je nach Schuhmodell mehrere Riemen einzeln bedient werden. Drehverschlüsse werden mehr und mehr zum Standard. Es gibt aber deutliche Unterschiede. Mit den einfachen Modellen kann man die Schnürung nur schrittweise spannen; zum Lockern muss die Schnürung (durch Zug nach oben) komplett freigegeben und neu gespannt werden. Die höherwertigen Knöpfe sind in beide Richtungen drehbar, womit sich die Schnürung straffen und lockern lässt. Ratschen-Verschlüsse sieht man immer seltener, Schnürsenkel finden sich lediglich bei Retro- oder betont leichten Modellen.
Die Sohle ist das Fundament des Schuhs und entscheidet maßgeblich über Einsatzzweck und Fahr- bzw. Tretgefühl. Wettkampfschuhe aller Kategorien fußen auf dünnen, leichten und steifen Carbonsohlen, für eine verlustfreie Kraftübertragung aufs Pedal. Steife Sohlen können die Lebenszeit des Schuhs verlängern, werden aber durch Kratzer schnell unansehnlich. Sehr steife Schuhsohlen können (besonders bei fehlender Eingewöhnung) brennende, kribbelnde Fußsohlen oder auch Schmerzen hervorrufen. Weniger steif und günstiger sind faserverstärkte Kunststoffsohlen; geschickt platzierte Gummiklötzchen können das Gehen erleichtern, Luftschlitze das Fußklima im Sommer verbessern.
Polsterungen, Zunge und Einlegesohle entscheiden über Halt und Komfort im Schuh.
Die Schuhgröße passt eigentlich, aber die Ferse schlüpft? Polster an dieser Stelle sind wirkungsvolle Stopper, um schmale Fersen zu fixieren. Menschen mit breiten Fersen achten entsprechend auf ausreichend Platz. Die Zunge sollte groß und gepolstert sein, um Druckstellen zu vermeiden; der Zungenrand am Fuß flexibel und ohne harte Kante, die immer auf dieselbe Stelle drückt.
Ergonomisch geformte Einlegesohlen, beispielsweise zur Fußgewölbeunterstützung, bieten Hersteller wie Giro, Scott oder Specialized für ihre Top-Schuhe an. Zubehörfirmen wie beispielsweise Ergon haben standardisierte Sohlen im Programm, die Beschwerden lindern oder die Performance verbessern können. Spezialist Solestar offeriert maßgefertigte Einlegesohlen. Individuelle Einlegesohlen sind der Tuning-Tipp Nummer eins für mehr Komfort und Leistung im Radschuh!
Die feste Verbindung der Schuhe mit dem Rad ist Teil des Rennrad-Fahrgefühls. Explosives Beschleunigen, Ziehen am Pedal und kein Körnchen Energie verpuffen lassen – das alles gelingt besser, wenn der Schuh sicher auf dem Pedal gehalten wird.
Pedalsystem und zugehörige Schuhplatten (Cleats) sind feste Paarungen der Hersteller und untereinander meist nicht kompatibel. Ein Prinzip aber eint alle: Mit einem kräftigen Tritt geht’s rein ins Pedal, mit einem Dreh der Ferse kommt man frei. Im Falle eines Sturzes lösen die Pedale automatisch aus.
Klickpedale halten den Fuß sicher und ermöglichen ergonomisches Treten. Die Funktionalität der Pedale ist herstellerübergreifend recht ähnlich, auch preiswerte Modelle ab 50 Euro sind gut. Preisunterschiede sind bei Schuhen deutlicher spürbar als beim Pedal.
Nicht jedes Pedal passt zu jedem Schuh, es existieren drei Sohlentypen:
Klassiker vom Erfinder des Automatikpedals aus Frankreich. Der Aufbau der Pedale ist über alle Preisklassen ähnlich, die teuren Modelle sind vor allem leichter. Bei den Spitzenmodellen kommt eine Carbonfederplatte zum Einsatz. Auch eine Titanachse steht zur Wahl (Preisbereich 50 bis 300 Euro) >> z.B. hier erhältlich.
Eine Vielzahl von Anbietern fertigt Varianten des Drei-Loch-Standardsystems, darunter auch bekannte Anbieter wie Time, der gerade ein neues Pedal vorgestellt hat.
Minimalistisches System mit großer, einstellbarer Drehfreiheit. Die Platten drehen wirklich frei; der Federmechanismus sitzt in der Pedalplatte und ist störanfällig durch Schmutz. Zum Gehen ist das System ungeeignet – jedenfalls ohne die optionalen Gummischoner. Bikefitter lieben Speedplay wegen des breiten Angebots an Achslängen und der Möglichkeit, die Stellung des Fußes auf dem Pedal mittels Unterlagen zu korrigieren. Die Montage auf Drei-Loch-Sohlen mittels Adapter ist fummelig (Preisbereich 150 bis 450 Euro >> z.B. hier erhältlich).
Im Prinzip eine Kopie des Look-Systems, wobei die Schuhplatte verbessert wurde, besonders im Hinblick aufs Gehen. Die unterschiedlichen Qualitäten drücken sich im Gewicht aus und in der Lagerqualität; im TOUR-Test schnitten auch günstige Modelle gut ab. Beim Ultegra-Modell ist das Hauptlager ein Gleitlager, das Dura-Ace-Modell ist aufwendiger gelagert. Die Dichtungsqualität ist bei Shimano durchgängig gut, eine breitere Achse ist optional erhältlich (Preisbereich 50 bis 250 Euro >> hier erhältlich).
Gelände-Klassiker aus Japan, für Einsätze abseits der Straße und für Rennradfahrer, die gehfähige Schuhe nutzen möchten. Die Pedalplatte aus gehärtetem Stahl ist extrem verschleißfest und funktioniert auch im Dreck. Weiterer Vorteil gegenüber Straßenpedalen: Mit dem System kann man richtig gehen. Auch kilometerweit. Größter Nachteil: Der Fuß kippt seitlich, wenn die Stollen der Sohle zu niedrig oder verschlissen sind und nicht satt auf dem Pedalkörper aufliegen, worunter das Tretgefühl leidet.