Retro-Sonnenbrillen im Test - Eignen sich Modebrillen zum Radfahren? 12 Brillen im Test

Retro-Sonnenbrillen im Test - Eignen sich Modebrillen zum Radfahren? 12 Brillen im TestFoto: Getty Images

Stil statt Leuchtfarbe, Eleganz statt Hightech: Immer mehr Radler entscheiden sich für zivile Sonnenbrillen im Sattel. Retro-Brillen im Stil der 60er- bis 80er-Jahre stehen besonders hoch im Kurs. Elf Modelle im Praxistest. Sind Sie ein Kauftipp für Radfahrer?

Es gibt gute Gründe mit handelsüblicher Sommer-Brille zu fahren. Aber können Zivilbrillen gegen die spezialisierten Radbrillen bestehen? Es ist ein Duell in mehreren Disziplinen. Wenn es um Sonnenschutz geht, spricht wenig gegen die Modebrillen. Die Abdunkelung wird in fünf Filterkategorien eingeteilt (die meist auf dem Brillenbügel vermerkt sind). Für mitteleuropäische Sommer reicht im Allgemeinen die Kategorie 2, die 57 bis 82 Prozent des Lichts absorbiert und damit auch bei bedecktem Himmel tragbar ist. Doch fast alle Sonnenbrillen auf dem Markt gehören zur Kategorie 3, die bis zu 92 Prozent der Helligkeit wegfiltert. Das ist gut für den Strand, den Schnee, das Hochgebirge. Doch für wechselhaftes Wetter, Waldpassagen oder gar Tunnel ist es sehr dunkel.

Darüber hinaus sind vor allem im gehobenen Preisbereich (in unserer Auswahl bei Oakley, Persol, Smith und Ray Ban, aber auch bei der preisgünstigen BBB) polarisierende Gläser häufig. Gelegentlich verwenden auch Radbrillen solche Polfilter, die blendende Reflexionen von horizontalen, nichtmetallischen Flächen schlucken. Wasser ist so ein Blendspiegel. Für Angler, Paddler und Segler mag der Polfilter daher sinnvoll sein, für Radler überwiegen die Nachteile: eine klitschnasse, potenziell rutschige Serpentine glänzt nicht, sie erscheint nur dunkel. Zudem erlauben nur sehr wenige Polfilter das Ablesen von Displays, wie sie an Smartphones, GPS-Geräten und Radcomputern üblich sind. Hier überlagern sich die unsichtbaren Filter-Raster von Brille und Display zu fleckigem Schwarz.

Nach dem annähernden Gleichstand im Gläservergleich verlagert sich das Technik-Duell zwischen Rad- und Modebrille zur Fassung. Einige teurere Modebrillen (in unserer Auswahl diejenigen von Rapha, Ray Ban und Persol) kommen mit Acetat-Fassungen. Dieses wenig elastische Material ist bei Korrekturbrillen verbreitet. Anders als übliche Radbrillen-Kunststoffe lässt sich Acetat erwärmt verformen und anpassen. Für den Sitz der Bügel kann das interessant sein, doch andere Sport- und Modebrillen halten mit biegbaren Metallteilen im Bügel oder mit elastischer Materialspannung dagegen. Nur wenige Modebrillen haben Gummiauflagen an der Nase oder den Bügeln, die den Sitz der Brille bei Schweiß und auf Holperstrecken sichern. Erkenntnis unserer Testfahrer: Die Gummiauflagen sind sinnvoll. Nur wenn Brille und Schädel perfekt zusammenpassen, geht´s auch ohne.

Das Duell zwischen beiden Brillentypen spitzt sich letztlich auf das Problem des mechanischen Augenschutzes zu. Nur gut abdeckende Scheiben halten Zugluft, Schmutz und Insekten ab. Der entscheidende Trick, mit dem schon die Ur-Oakley ihre Nutzer überzeugte, ist die Kombination aus Scheibengröße und einer zum Schädel passenden Krümmung.

Strich drunter: Gibt es die "Eine-für-alles-Brille"? Können Modebrillen auch als vollwertige Radbrille funktioneren? Die Chance für perfekte Funktion ist bei einer eigens designten Sportbrille höher. Die kann sich durchaus, wie bei Adidas & Co, auch ziviler geben. Aber grundsätzlich funktioniert auch die stylische Modebrille, wenn Schädel und Brille, Einsatzgebiet und Stilempfinden passen.


Die Brillen im Test

Adidas Eyewear Evolver

Bewertung: Gut
Filter: Kat. 3, Kunststoff, rotbraun
Passform: Kopf und Nasenrücken mittel bis breit

Die satte Größe und kontraststeigernde Tönung der Scheiben, dazu die verstellbare, gummierte Nasenauflage und die rutschfesten Bügelenden sind klassische Sportbrillen-Details. Die Adidas Evolver ist eher eine zivil getarnte Sportbrille als eine sportliche Modebrille. Der schwarze Rahmen ist weit genug vom Durchblickpunkt entfernt, um nicht zu stören.

Foto: Kerstin Leicht

BBB Cycling Town

Bewertung: Mittel
Filter: Kat. 3, Kunststoff graurot, Polfilter
Passform: Kopf mittelbreit, Nase mittel bis breit

Die günstigste Brille im Vergleich kommt mit Polfilter und brauchbarer, eher dunkler Tönung daher. Trotz mäßiger Krümmung sitzt sie relativ dicht am Schädel und ist damit brauchbar. Abzüge in der Rad-Wertung für das etwas rutschige Material und den Polfilter, der Handy und Navi fast unlesbar macht.

Foto: Kerstin Leicht

Carrera 1001/S

Bewertung: Gut
Filter: Kat. 3, Grauverlauf
Passform: Breite Nase, mittlerer bis breiter Kopf

Carreras Klassiker war vor vielen Jahren eine typische "Skilehrerbrille". Das Originaldesign aus den später 70ern ist immer noch erhältlich und kann bei entsprechender Schädelform auch Radler überzeugen. Keine Gummiauflagen, aber relativ hohe Rahmenspannung. Ein Hingucker für eher breite Gesichter – schon aus kosmetischen Gründen >>z.B. bei Lensbest*.

Foto: Kerstin Leicht

Oakley Latch Beta

Bewertung: Mittel
Filter: Kat. 3, Polfilter, dunkelbraun
Passform: mittlerer Schädel, mittlere bis breite Nase

Sportbrillen-Pionier Oakley liefert mit der Latch eine Brille mit der Aura von Strand, Eisdiele und Flipflops. Die goldverspiegelten Scheiben sind sehr dunkel, doch immerhin erlaubt der Polfilter besser als andere den Blick aufs Handy-Display. Im Unterschied zu den griffig gummierten Kontaktpunkten der Radbrillen ist hier – trotz des hohen Preises – die Ausstattung einfach gehalten. Außerdem droht seitlich Zugluft.

Foto: Kerstin Leicht

Persol 3 Lenses

Bewertung: Schlecht
Filter: Kat. 2-3, Glas, Rosé-Tönung photochromatisch
Passform: für kräftige Nasenrücken, eher breite Köpfe

Die italienische Marke Persol steht für hochwertige, eher klassische Sonnenbrillen. Der Rahmen der exzentrischen "3 lenses" besteht aus gut anpassbarem Acetat, die angenehm braunrosé getönten Gläser sind selbsttönend und halten aufgrund ihrer Größe die Zugluft passabel ab. Den "Daumen runter" für dynamische Sportarten kassiert sie aufgrund ihrer Scheiben aus Glas. Die sind optisch überzeugend, aber unter Sicherheitsaspekten kritisch und machen die Brille schwer, was ihren Sitz verschlechtert.

Foto: Kerstin Leicht

POC Aspire AVIP

Bewertung: Gut
Filter: Kat. 2, Kunststoff, graurot
Passform: Gesicht und Nase mittel bis breit

Das auffällige POC-Modell fällt in die gleiche Kategorie wie die Adidas-Brille: es ist eine modisch getarnte Sportbrille. Einstellbare Gummi-Nasenauflage und leicht gummierte Bügelinnenseiten sowie der gute Windschutz sprechen für sie. Der Filter ist nicht übertrieben dunkel und angenehm getönt, die Oberfläche lässt Wasser gut abperlen. Nur der Preis ist vergleichsweise heftig.

Foto: Kerstin Leicht

Rapha City-Round-Glasses

Bewertung: Schlecht
Filter: Kat. 3, Kunststoff, gelblichbraun
Passform: schmales bis mittelbreites Gesicht und Nase.

Als schicke und hochwertige Sonnenbrille überzeugt die Rapha "City Round", als Radbrille weniger. Feine Verarbeitung und klassischer Acetat-Rahmen sowie relativ dunkle, angenehm getönte Scheiben lassen sie an der Eisdiele glänzen, doch für die allermeisten Radler dürften Scheibengröße und Rahmenform zu wenig Schutz bieten. Es zieht rundum. Daher keine Rad-Empfehlung.

Foto: Kerstin Leicht

Ray Ban Wayfarer Classic II

Bewertung: Gut
Filter: Kat. 3, Kunststoff, graugrün
Passform: Gesicht und Nase schmal bis mittelbreit

Der Sonnenbrillen-Klassiker macht sich auf dem Rad besser als erwartet. Glas- und Gestellform schützen relativ gut vor Zugluft, die graugrüne Tönung wirkt angenehm farbneutral. Außerdem lässt sich die Fassung aufgrund des Acetat-Rahmens vom Optiker an Ohren und Schädel anpassen. Für Retro-Freunde einen Versuch wert.

Foto: Kerstin Leicht

Rudy Project Spinair 58

Bewertung: Mittel
Filter: Kat. 3, Kunststoff, graubraun
Passform: Eher breites Gesicht, Nasenauflage variabel

Mit der Spinair zielt Rudy Project genau in die Nische der sporttauglichen Zivilbrillen. Mäßig gekrümmter Rahmen und eckige Gläser mit Grauverlaufstönung sind fast anzugtauglich, die gummierten, anpassbaren Kontaktpunkte sprechen für den Sporteinsatz. Der Windschutz ist aufgrund der geringen Rahmenkrümmung und des Abstandes zur Stirn jedoch nicht ganz so wirksam wie bei Adidas und anderen. Nur deshalb keine klare Empfehlung.

Foto: Kerstin Leicht

Scott Sports Tune

Bewertung: Gut
Filter: Kat. 1, Kunststoff, Farbe orangebraun
Passform: Gesicht und Nase mittel bis breit

Scotts kantige "Tune" deckt mit ihren großen Scheiben auch breitere Gesichter gut ab. Der dunkle Rahmen beengt dabei nicht das Blickfeld. Ihre verhältnismäßig helle, kontraststeigernde Tönung macht sie vielseitig. An schmaleren Köpfen sitzt sie trotz griffiger Bügelenden nur mäßig fest. Gute Radfunktion, kombiniert mit einem markanten Look.

Foto: Kerstin Leicht

Smith Rebound

Bewertung: Mittel
Filter: Kat. 3, Kunststoff, braun, polarisierend
Passform: Gesicht schmal bis mittel, Nase mittel bis breit

Die Smith verkörpert mit ihrer starken Krümmung und ihren kräftigen Bügeln geradezu idealtypisch das Prinzip "vielseitige Outdoorbrille". Sie sitzt fest und sicher. Weil sie eng anliegt, bieten auch ihre nur mittelgroßen Gläser guten Schutz. Die sehr dunkle Tönung und der Polfilter der Scheiben verweisen jedoch auf den Wassersport als ihr ideales Einsatzgebiet. Rennrad bei wechselndem Licht können andere besser.

Foto: Kerstin Leicht

Uvex IgI 36 CV daily

Bewertung: Gut
Filter: Kat. 3, Kunststoff, Farbe bräunlich
Passform: für mittlere bis breite Köpfe & Nasen

In Form und Größe ähnelt die Uvex den Modellen von Scott und Adidas. Damit ist auch sie in Sachen Windschutz prinzipiell radtauglich. Irritierend ist nur die Filtertönung. Auch nach längerer Gewöhnungszeit wirken die Farben noch seltsam grell und ins Gelbgrünliche verschoben. Bei bedecktem Himmel ist die Wirkung angenehmer. Die Bügel dürften griffiger sein, um sie sicher am Kopf zu halten.

Foto: Kerstin Leicht

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